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Corona-Infektionsrisiko in der EU steigt

2. März 2020

Die Ausbreitung des Coronavirus schreitet voran, am stärksten betroffen ist Asien. Doch auch in Europa steigt die Zahl der Fälle deutlich. Entsprechend häufen sich die Versuche, der Bedrohung Herr zu werden.

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China Coronavirus
Bild: Getty Images/AFP

Kein Kontinent ohne Coronavirus - der neuartige Erreger ist überall angekommen. Insgesamt starben laut Weltgesundheitsorganisation WHO bisher mehr als 3000 Menschen. Weltweit liegt die Zahl der bestätigten Infektionen bei knapp 90.000. Allein in China sind es rund 80.000. Ein Überblick:

EUROPA

Die EU-Gesundheitsagentur ECDC hat das Risiko durch das neue Coronavirus in der Europäischen Union auf "moderat bis hoch" heraufgestuft. Dies teilte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Brüssel mit. Das bedeute, dass das Virus sich weiter ausbreite. Insgesamt wurden nach Angaben der EU-Kommission bisher rund 2100 Fälle in 18 EU-Staaten nachgewiesen. 38 Menschen in der EU seien an der neuen Krankheit COVID-19 gestorben, sagte Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. Die Situation verändere sich sehr schnell. Doch es gebe keinen Grund zur Panik.

Für ganz Deutschland zählte das Robert Koch-Institut (RKI) bisher 150 nachgewiesene Infektionen mit dem Erreger Sars-CoV-2. Allein in Nordrhein-Westfalen wurden 86 Infizierte registriert. Am Sonntagabend gab die Berliner Senatsverwaltung dann bekannt, dass sich nun auch in der Bundeshauptstadt ein Mensch nachweislich mit dem Sars-CoV-2-Virus angesteckt hat. Mit Berlin sind es nun zehn Bundesländer, aus denen Infektionen gemeldet wurden.

Vor der hauptstädtischen Presse: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (M.), RKI-Präsident Lothar H. Wieler (r.) und Christian Drosten, der Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité (Foto: picture-alliance/dpa/M. Kappeler)
Vor der hauptstädtischen Presse: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (M.), RKI-Präsident Lothar Wieler (r.) und Christian Drosten, der Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner CharitéBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Das Robert-Koch-Institut setzte die Bewertung des Virus für die Gesundheit der Bevölkerung leicht herauf. Die Risikoeinschätzung sei auf "mäßig" erhöht worden, teilte RKI-Präsident Lothar Wieler in Berlin mit. Bisher wurde sie als "gering bis mäßig" eingestuft. Wieler bekräftigte, die Lage sei weiterhin sehr "dynamisch" und müsse wirklich jeden Tag neu bewertet werden. Insgesamt gebe es zu der Erkrankung nach wie vor nicht genügend Daten, um die Schwere einzuschätzen.Weltweit liegt Deutschland mit den jüngsten Fallzahlen auf Platz zehn der am stärksten vom Coronavirus betroffenen Staaten. 

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn betonte, dass nach derzeitiger Erkenntnis vier von fünf Coronavirus-Infektionen milde oder sogar ganz symptomfrei verliefen. Eine Schließung der deutschen Grenzen hält er weiter nicht für nötig. Grenzschließungen hätten massive Auswirkungen, sagte Spahn zur Begründung. Er wandte sich auch gegen eine Einstellung von Direktflügen zwischen China und Deutschland. Ein solcher Schritt könne dazu führen, dass bis zu rund 30.000 Deutsche aus der Volksrepublik ausgeflogen werden müssten.Die Absage von Großveranstaltungen oder die Schließung von Unternehmen seien ebenso nicht generell ratsam. Bei Firmen und Veranstaltungen zähle immer der Einzelfall, resümierte der CDU-Politiker. 

Italien auf Platz drei weltweit

Die mit Abstand meisten nachgewiesenen Coronavirus-Infektionen in Europa gibt es in Italien: insgesamt knapp 1700 Infektionen, vor allem in der Lombardei und in der Gemeinde Vo in der Region Venezien. 34 Menschen starben an der Lungenkrankheit COVID-19, die vom Sars-CoV-2-Erreger verursacht wird. Damit ist Italien nach China und Südkorea das weltweit am drittstärksten betroffene Land.

Italien Mailand Man mit Schutzmaske füttert Tauben
Taubenfüttern mit Schutzmaske in MailandBild: Reuters/Y. Nardi

In Frankreich ist die Zahl der mit dem neuartigen Coronavirus infizierten Menschen auf 130 angestiegen. Zwei Menschen starben bisher. Dort wurde inzwischen der Salon du livre, die Pariser Buchmesse, abgesagt. Das größte französische Branchenereignis sollte vom 20. bis zum 23. März stattfinden.

In dem seit Dienstag auf der spanischen Insel Teneriffa unter Quarantäne gestellten Hotel wurde ein weiterer Fall von Coronavirus bestätigt. Damit stieg die Zahl der Infizierten auf der Urlaubsinsel auf fünf. Auch bei dem Patienten handele es sich um einen Angehörigen aus einer italienischen Reisegruppe. Der Mann sei aber die ganze Zeit in seinem Hotelzimmer isoliert gewesen. Andere Urlauber - darunter viele Deutsche - dürfen sich seit einigen Tagen wieder frei auf dem Gelände des Hotels bewegen. 

In Großbritannien steigt die Zahl der Infektionen um zwölf auf 35, wie die Gesundheitsbehörden mitteilen.

In den Niederlanden bleibt die Europa-Zentrale des US-Sportartikelherstellers Nike bis einschließlich Dienstag geschlossen, nachdem sich ein Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert hat. In dem Gebäude in der Stadt Hilversum arbeiten etwa 2000 Menschen aus 80 Ländern.  

In Tschechien wird der Biathlon-Weltcup von 5. bis 8. März in Nove Mesto na Morave vor leeren Zuschauer-Rängen stattfinden. Das entschied der nationale Sicherheitsrat in Prag. Die Organisatoren hatten mit bis zu 100 000 Besuchern gerechnet. In Tschechien wurden am Sonntag die ersten drei COVID-19-Erkrankungsfälle bestätigt. 

Insgesamt sind fast alle Staaten des europäischen Kontinents betroffen, zuletzt wurden Ersterkrankungen aus Portugal und Andorra gemeldet. 

ASIEN

China meldete für Sonntag 202 Neuinfektionen, tags zuvor waren es 573. Damit klettert die Gesamtzahl der Infizierten auf 80.026, wie die Nationale Gesundheitskommission mitteilte. Die Zahl der Toten steigt um 42 auf insgesamt 2912. Die meisten Fälle wurden erneut in der besonders schwer getroffenen Provinz Hubei registriert, wo das Virus Ende Dezember erstmals auftauchte. Bei den Zahlen für China sind auch alle Fälle aus Hongkong, Taiwan und Macau mitinbegriffen.

Coronavirus in China Changchun Autoproduktion VW FAW Werk
Fiebermessen vor Arbeitsbeginn im VW-Werk im chinesischen Changchun Bild: picture-alliance/Xinhua/Zhang Nan

Immerhin: Seit einigen Tagen ist die Zahl der Neuinfektionen relativ gering, sie liegt deutlich unter den Zahlen von Januar bis Mitte Februar. 

Gleichwohl sorgte der Coronavirus-Ausbruch in der Industrie der Volksrepublik für die schlechteste Stimmung seit vielen Jahren. Ein vom Wirtschaftsmagazin "Caixin" veröffentlichter Einkaufsmanagerindex fiel im Februar auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Berechnung im Jahr 2004.

Am zweitstärksten betroffen ist Südkorea. An diesem Montag kamen 599 neue Fälle hinzu, wie die Gesundheitsbehörden mitteilten. Damit wurden bisher 4335 Menschen positiv auf das Virus Sars-CoV-2 getestet. Die Zahl der Todesfälle kletterte um vier auf 22. Die Regierung in Seoul rief im Kampf gegen die Coronavirus-Epidemie die höchste Krisenalarm-Stufe aus, die Schulen des Landes sollen frühestens am 23. März wieder öffnen. 

Der Anführer einer südkoreanischen Sekte, die mit mehr als der Hälfte der Corona-Fälle des Landes in Verbindung steht, entschuldigte sich derweil für die Verbreitung der Krankheit. Die Stadtverwaltung von Seoul hatte die Staatsanwaltschaft zuvor gebeten, Anklage gegen den 88 Jahre alten Lee Man-hee und elf weitere Anführer der Sekte Shincheonji zu erheben. Sie hätten nicht an der Eindämmung der Virus-Ausbreitung mitgewirkt, hieß es zur Begründung.

Auch in Indonesien gibt es jetzt zwei Menschen, die sich angesteckt haben.

Japan zählt mehr als 900 Infektionsfälle und 12 Tote. Die meisten davon - mehr als 700 - sind Passagiere und Crewmitglieder des Kreuzfahrtschiffes Diamond Princess. Im Kampf gegen das Virus werden bis mindestens Ende März alle Schulen in Japan geschlossen bleiben. Der japanische Kreuzfahrtanbieter Luminous Cruise meldete Konkurs an. "Seit dem 1. Februar haben wir viele Absagen in Verbindung mit dem Coronavirus. Einfach weitermachen hätte zu hohen Verlusten für unsere Gläubiger geführt", heißt es auf der Webseite.

Im Iran gibt es - nach China - die bislang meisten Toten. In der islamischen Republik starben bislang 66 Menschen. Das Land vermeldet eine Todesrate von derzeit 5,5 Prozent. Insgesamt sind 1501 Menschen mit dem Coronavirus infiziert.

Coronavirus im Iran Teheran
Im Iran hoffen viele Menschen auf Schutz durch Atemmasken, so wie dieser Verkäufer auf dem Tajrish-Bazar in TeheranBild: AFP/A. Kenare

MITTLERER OSTEN

Das hier am stärksten betroffene Land ist Bahrain mit 47 Coronavirus-Fällen. Kuwait zählt 56 Infektionen. Es folgen die Vereinigten Arabischen Emirate mit 19 und der Irak ebenfalls mit 19 Fällen. Israel meldete sieben, der Oman sechs Coronavirus-Infektionen. Katar registrierte insgesamt drei Corona-Erkrankte.

AFRIKA

Vom afrikanischen Kontinent wurden bislang nur fünf Infektionsfälle mit dem Sars-CoV-2-Erreger bekannt: drei in Algerien, zwei in Ägypten und einer in Nigeria.

AUSTRALIEN

Mittlerweile beklagt auch Australien einen ersten Todesfall: der 78 Jahre alte Mann habe sich an Bord des japanischen Kreuzfahrtschiffes Diamond Princess angesteckt, heiß es. Die Regierung in Canberra untersagt Ausländern, die direkt aus dem Iran kommen, die Einreise. Ab diesem Sonntag müssten sich diese zuvor 14 Tage in einem anderen Land aufgehalten haben, erst dann dürften sie einreisen, sagte Australiens Gesundheitsminister Greg Hunt. Australier und Menschen mit einem ständigen Wohnsitz in dem Land sollten zwei Wochen zu Hause in Quarantäne bleiben.

Infografik Verlauf der COVID-19-Epedemie DE 27.02.2020

AMERIKA

Zwei Todesfälle gibt es bislang auch in den USA. Insgesamt sind hier 62 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Auch Washington verschärfte die Reisebeschränkungen: Ausländer, die in den vergangenen 14 Tagen in China oder dem Iran waren, dürfen nicht einreisen. Das teilte US-Präsident Donald Trump über Twitter mit.

Nachbar Kanada zählt mittlerweile 19 Coronavirus-Fälle, Mexiko meldete fünf, Brasilien zwei und Ecuador einen Infizierten.

In einer früheren Version des Artikels hieß es im zweiten Absatz: "von moderat auf hoch". Die EU-Kommission hat diese ursprüngliche Formulierung von der Leyens laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) korrigiert.

Weitergehende Informationen zum Coronavirus:

Robert-Koch-Institut

WHO

Science Media Center

 

sti/cw//ml (ape, afp, dpa, rtr, rki.de, who.int)