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Von der Leyen: Sind bereit zur Führung

Nina Werkhäuser/Sven Pöhle6. Februar 2015

Deutschland müsse international mehr Verantwortung übernehmen, hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf Münchner Sicherheitskonferenz im vergangenen Jahr gefordert. Nun wird sie konkreter.

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Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen spricht auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2015 (Foto: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen spricht auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2015 (Foto: REUTERS/Michaela Rehle)
Bild: picture-alliance/dpa/A. Gebert

Es galt als außenpolitischer Kurswechsel Deutschlands, den die Verteidigungsministerin im vergangenen Jahr gemeinsam mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Bundespräsident Joachim Gauck auf der Münchner Sicherheitskonferenz eingeläutet hatte: Das Trio hatte eine engagiertere deutsche Außenpolitik - in der Diplomatie, bei der Entwicklungshilfe, aber auch bei Militäreinsätzen - gefordert und damit eine Debatte um die deutsche Rolle in der Weltpolitik ausgelöst.

Ein Jahr danach wird die Verteidigungsministerin konkreter: Deutschland sei bereit, zu führen, betonte von der Leyen zu Beginn der 51. Münchner Sicherheitskonferenz. Voranstürmen werde man aber nicht. Die Bundesrepublik werde nicht mit der Pickelhaube führen oder in Europa das Lenkrad an sich reißen. Von der Leyens neuer Slogan, um dies zusammenzufassen: Führung aus der Mitte.

"Führen aus der Mitte bedeutet, selbst das Beste an Ressourcen und Fähigkeiten in die Bündnisse und Partnerschaften einzubringen", erklärte die Ministerin. Dies beinhalte aber, dass "Handlungswille und Handlungsfähigkeit" zusammenkommen müssen, sagte von der Leyen. In der deutschen Bevölkerung gebe es aber immer noch Skepsis, sagte von der Leyen und verwies auf Umfragen, denen zufolge die Bevölkerung ein stärkeres Engagement Deutschlands bei internationalen Krisen mehrheitlich ablehnt. Aus der Perspektive des Auslands sehe dies schnell nach "künstlicher Selbstverzwergung" aus. Gerade vor dem Hintergrund unserer Geschichte kann Gleichgültigkeit keine Option sein", betonte von der Leyen. Moralische Verpflichtung Deutschlands sei es, mit aller Kraft für die Verteidigung der universellen Menschenrechte einzustehen.

Positiver Rückblick, besorgter Ausblick

Deutschlands internationalem Engagement der vergangenen Monate stellte von der Leyen ein positives Zeugnis aus: In der Ukraine-Krise, im Kampf gegen die Terror-Miliz IS und bei der Ebola-Epidemie sei Deutschland schnell zur Stelle gewesen und habe seine diplomatischen und militärischen Fähigkeiten gemeinsam mit alten und neuen Partnern eingebracht.

Man habe mit dem Irak-Mandat gezeigt, dass es im deutschen Recht den Raum gibt zu handeln, wenn dies humanitär und sicherheitspolitisch geboten sei, sagte von der Leyen. "Und deshalb arbeiten wir mit Hochdruck daran, die Rüstung und das Material der Bundeswehr in einen Zustand zu bringen, der uns nachhaltig partner- und bündnisfähig erhält", so von der Leyen, die damit auch Bezug auf wiederkehrende Berichte zu Pannen bei der deutschen Rüstungsbeschaffung und Materialproblemen bei der Bundeswehr nahm.

Damit rannte von der Leyen bei NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg offene Türen ein, der sich angesichts sinkender Budgets Sorgen um die Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses macht. In seiner Rede auf der Sicherheitskonferenz lobte er Deutschland für seinen Beitrag zur schnellen Eingreiftruppe, die die NATO aufstocken und mit einer "Speerspitze" für sehr kurzfristige Einsätze versehen will. Daran ist die Bundeswehr maßgeblich beteiligt. Anlass für diese Planungen sind die aktuellen Spannungen der NATO mit Russland, die besonders in den baltischen Staaten Unruhe auslösen. "Die NATO sucht keine Konfrontation mit Russland", sagte Stoltenberg, sondern sei nach wie vor an einer Zusammenarbeit interessiert. "Die Basis dafür ist aber Respekt für einander und für bestehende geographische Grenzen", betonte der NATO-Generalsekretär.

Was tun gegen "hybride Kriegsführung"?

Gerade hier sieht Ursula von der Leyen ein Problem: die "hybride Kriegsführung und ihre digitale Dimension". Gemeint ist damit das verdeckte Einschleusen von Geheimdienst, Militär und Waffen, Propaganda sowie politische wie wirtschaftliche Stabilisierung, auf deren Kombination beispielsweise in der Ukraine-Krise noch keine Antwort gefunden wurde. "Führen aus der Mitte" bedeute auch, so von der Leyen, sich dieser wesentlichen Zukunftsfrage der Sicherheitspolitik anzunehmen. Ob in der Ukraine oder im Kampf gegen den Islamischen Staat, so die Ministerin, "es sind die unkonventionellen und vielfältigen Mittel des hybriden Krieges, die unkonventionell und vielfältig bekämpft werden müssen." Die Lieferungen von Waffen an die ukrainische Regierung lehnte von der Leyen der Linie von Bundeskanzlerin Merkel folgend ab. Dies könne "ein Brandbeschleuniger sein", der Moskau zudem einen Vorwand liefern könnte, auch noch offen in den Konflikt einzugreifen.

Deutschland sei geradezu verdammt, eine immer wichtigere Rolle zu spielen, zitierte die Ministerin den früheren US-Außenminister Henry Kissinger zum Abschluss ihrer Rede. "Ja, das stimmt. Mit dem richtigen Maß. Mit Mut zum Handeln, aber auch Demut im Handeln." Dies entspreche "unseren Sicherheitsinteressen, unserer humanitären Pflicht und unserer historischen Verantwortung", sagte von der Leyen.