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Von der Schokoladenseite

Frank Sieren9. November 2014

China will die Gäste des APEC-Gipfels in der Hauptstadt perfekt empfangen. Das kommt nicht bei allen Pekingern gut an, meint Frank Sieren.

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Skyline von Peking (Foto: Imago)
Bild: Imago

Peking hat sich rausgeputzt für den großen APEC-Gipfel. Für Barack Obama, Wladimir Putin und mehr als ein Dutzend anderer Regierungschefs, die ab Montag erwartet werden, hat die Regierung einen Aufwand betrieben wie zuletzt bei den Olympischen Spielen vor sechs Jahren. Staats- und Parteichef Xi Jinping möchte seinen Gästen eine weniger überfüllte und vor allem smogfreie Hauptstadt präsentieren. Angestellte in Staatsunternehmen, Schüler und Studenten dürfen sich deshalb schon seit Donnerstag über einen fünftägigen Sonderurlaub freuen, was den Straßenverkehr in der Hauptstadt halbieren soll.

Verschärfte Fahrverbote

Jenen, die es sich leisten können, hat Peking ans Herz gelegt, zu verreisen. Und viele sind diesem Wunsch auch nachgekommen: Die Zahl der beantragten Reisedokumente ist in den Tagen vor dem Gipfel um 40 Prozent gestiegen, auch, weil viele Reisebüros Kurzreisen zu Schnäppchenpreisen angeboten hatten. Ein weiterer Grund, warum viele Pekinger weggefahren sind: Man kann während der APEC-Tage nicht mehr viel in der Stadt machen. Zumindest nicht, wenn man in der Regel mit dem Auto unterwegs ist. Schon, wenn Peking im Normalbetrieb läuft, dürfen Autofahrer alternativ nur an für geraden oder ungeraden Kennzeichennummern erlaubten Tagen fahren. Seit Mittwoch ist es nun auch damit vorbei und die Fahrverbote wurden noch einmal verschärft.

Die Planung ist so akribisch, dass nicht einmal mehr mitgebrachte Räucherstäbchen in den vielen Tempeln Pekings angezündet werden dürfen, Hochzeitsgesellschaften nicht mehr, wie es die Tradition verlangt, mit Chinakrachern knallen und in den Garküchen an den Straßen vorerst nicht mehr am offenen Feuer gekocht werden soll. Auch für die Toten dürfen seit Wochen schon keine Papierblumen von den Angehörigen verbrannt werden.

Frank Sieren (Foto: privat)
DW-Kolumnist Frank SierenBild: Frank Sieren

Produktion vorverlegt

Besonders betroffen ist aber die Industrie rund um Peking. Tausende Fabriken müssen dort während des APEC-Gipfels ihre Produktion einstellen oder zumindest herunterfahren, damit ihre Abluft nicht wie sonst in die Hauptstadt geweht wird. Den Preis dafür mussten die Pekinger schon in den vergangenen Wochen zahlen: Denn normalerweise ist die Luft in Peking im Oktober die beste des Jahres, weil starke Herbstwinde den Smog aus der Stadt blasen. Dieses Jahr aber war die Luft besonders schlecht, weil jene Fabriken, die während des Gipfels stillgelegt sind, ihre Arbeit vorverlegt hatten und auf Anschlag produzierten.

"Alles nur wegen APEC"

Dass Peking rund 2,5 Milliarden Dollar für sämtliche Vorbereitungen ausgegeben hat, zeigt zwar, wie wichtig der Regierung dieser Gipfel ist. Es kommt ja schließlich auch nicht irgendwer, sondern Spitzenpolitiker von 21 Pazifikstaaten, die immerhin 40 Prozent der Weltbevölkerung und 44 Prozent des Welthandels ausmachen.

Zumindest die Menschen in Peking stehen dem APEC-Treffen aber mit gemischten Gefühlen gegenüber. Spott macht sich vor allem bei denen breit, die während der APEC-Tage keinen Urlaub haben. Wenn immer in diesen Tagen etwas nicht gut läuft, man zu spät zum Meeting kommt, das Essen im Restaurant nicht schmeckt oder man einfach Kopfschmerzen hat, ist klar, woran das liegt: "Dou yinwei APEC“"heißt es dann – alles nur wegen APEC.

Getrübte Freude am "Singles Day"

Einer, der sich Sorgen ums Geschäft macht, ist Jack Ma. Der reichste Mann Chinas und Chef des Onlinehändlers Alibaba fürchtet, dass er wegen des APEC-Gipfels seine Kunden verärgern wird. Denn kommenden Dienstag ist nicht nur der letzte Tag des Wirtschaftstreffens, sondern in China auch "Singles Day". An diesem Tag bieten Chinas Online-Händler schon seit Jahren besonders günstige Rabatte und Aktionen an und erzielen ein Vielfaches ihres üblichen Tagesumsatzes. Doch wegen des APEC-Gipfels dürfen auch die Paketdienste nur noch beschränkt ausliefern. Statt sich wie sonst üblich noch am selben Abend über die Lieferung freuen zu können, müssen sich die Kunden der großen Shopping-Webseiten dieses Mal in Peking wohl einige Tage gedulden. Aber angesichts der Rekordgewinne von Alibaba wird Ma das durchstehen und es als Dienst an China verbuchen, getreu dem Motto: Frage nicht, was Dein Land für Dich tun kann, sondern frage, was Du für Dein Land tun kannst.

DW-Kolumnist Frank Sieren lebt seit 20 Jahren in Peking.