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Barberini-Ausstellung: Von Hopper bis Rothko

Sarah Hucal fs/jk
17. Juni 2017

Das Potsdamer Museum Barberini zeigt Klassiker der amerikanischen Moderne. Die Ausstellung mit Werken aus der bekannten Phillips Collection in Washington will Brücken schlagen. Sie kommt zur rechten Zeit.

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Gemälde von Edward Hopper: Sunday, Bild mit einsamen Mann, sitzend vor Geschäft (Foto: The Phillips Collection)
Bild: The Phillips Collection

Während Donald Trump im Januar 2017 in Washington D.C. als neuer US-Präsident vereidigt wird, schaut sich Bundeskanzlerin Angela Merkel im neu eröffneten Museum Barberini in Potsdam impressionistische Kunstwerke an. Das Pressefoto zeigt die Kanzlerin vor einem bunten Monet-Gemälde. Viele Beobachter bewerten es als ein vorsätzlich zur Schau gestelltes Desinteresse für die Ereignisse in Washington.

Die aktuelle Ausstellung im Barberini rückt seit diesem Samstag die US-Hauptstadt in den Fokus - allerdings geht es nicht um Politik. Bis zum 3. Oktober präsentiert das Museum unter dem Titel "Von Hopper bis Rothko. Amerikas Weg in die Moderne" 68 Arbeiten US-amerikanischer Künstler. Die Kunstwerke sind eine Leihgabe der privaten Phillips Collection in Washington D.C.

Europäische Besucher können neue Künstler entdecken

Die Bandbreite der Ausstellungsstücke reicht von impressionistischen bis zu abstrakten expressionistischen Werken. Sie zeigen, wie sich Amerikas frühe Modern-Art-Szene in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte, bevor sie in der expressionistischen Bewegung aufging, die New York in den 1950er Jahren zum Epizentrum der westlichen Kunstwelt machte.

Das amerikanische Publikum würde die meisten Künstler kennen, aber für den europäischen Museumsbesucher seien einige Neuentdeckungen dabei, sagt Museumsdirektorin Ortrud Westheider.

"Die Europäer kennen Georgia O'Keeffe, Edward Hopper und Mark Rothko. Andere Klassiker der amerikanischen Moderne wie Arthur Dove, Milton Avery oder Richard Diebenkorn sind hier ausgestellt, um entdeckt zu werden." Das mache ein Teil der Attraktivität dieser Ausstellung aus, meint Westheider.

Erstes amerikanisches Museum für moderne Kunst: Phillips Collection

Die Ausstellungsstücke stammen aus der Privatsammlung des Washingtoner Kunstsammlers Duncan Phillips. Dieser unterstützte Künstler wie Georgia O'Keeffe und Arthur Dove schon in den Anfangsjahren ihrer Karrieren. Damals ahnten nur Wenige, dass ihre Werke einmal zu den Klassikern der amerikanischen Kunst zählen würden.

Der 1886 geborene Duncan Phillips nutzte sein Familienvermögen, um 1921 ein kleines Museum im Nordwesten von Washington D.C. zu eröffnen. Die Phillips Collection war das erste amerikanische Museum mit moderner Kunst. Besonders in der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg baute Duncan Phillips die Sammlung weiter aus. Sie umfasst heute mehr als 4000 Werke - von den französischen Impressionisten über Maler der amerikanischen Moderne bis hin zu zeitgenössischen Künstlern. 

Duncan Phillips: Sammler der ersten Stunde

Laut Westheider ebnete Phillips damit den Weg für die Eröffnung weiterer Museen, wie beispielsweise des 1929 gegründeten und heute weltberühmten Museen Museum of Modern Art in New York und des Whitney Museum of American Art, das 1931 ebenfalls in New York seine Pforten öffnete.

Phillips engagierte sich für eine ganz bestimmte Gruppe von Künstlern wie Georgia O'Keeffe, Marsden Hartley, John Marin und Arthur Dove, die dann in der New Yorker Galerie von Alfred Stieglitz zusammenkamen. "Phillips unterstützte sie, kaufte ihre Kunst, brachte sie nach Washington und zeigte sie zum ersten Mal in einem Museum", so die Kuratorin.

Der Pionier des abstrakten Expressionismus, Mark Rothko, bekam im Museum von Duncan Phillips schon damals einen eigenen Raum für seine Werke. Noch heute als "Rothko Raum" bekannt, konnte der Künstler dort seine ganz eigenen Vorstellungen verwirklichen. Als der Raum ab dem Jahr 1960 zugänglich gemacht wurde, ahnte noch niemand, dass zwei der dort ausgestellten Werke 2014 bei einer Auktion in New York für 36,5 Millionen Dollar verkauft werden würden.

Edward Hopper im Fokus

Im Mittelpunkt der Potsdamer Ausstellung steht das Werk des amerikanischen Malers Edward Hopper. Hopper, der in Paris studierte, bevor er nach New York ging, malte viele Stadtansichten - zumeist menschenleer. Er beschäftigte sich mit den Themen der Einsamkeit und Isolation und setzte dramatische Lichteffekte ein. 

 "Hopper war ein Künstler, der die Gefühlswelt des modernen Menschen ausdrückte - unabhängig davon, welcher Nationalität diese angehörten", sagt Westheider. Hoppers Bild "Sunday" zeigt einen Mann, allein auf den Stufen vor einem Geschäft sitzend. Viele Fragen bleiben dabei zunächst einmal unbeantwortet: Kommt der Mann gerade nur von seiner Arbeit? Oder sitzt er vor seinem Geschäft? Warum sind die Schaufenster so leergeräumt? Diese Fragen stellte auch Museumsdirektorin Ortrud Westheider: "Die Offenheit des Bildes ist ein Grund für die Modernität des Werks. Es lenkt den Blick des Betrachters nicht in eine bestimmte Richtung, lässt einen gewissen Spielraum für Interpretationen offen."

Edward Hoppers Approaching the City - Gemälde mit Industrie und Stadtansicht (Foto: The Phillips Collection)
Edward Hoppers "Anfahrt in eine Stadt" (1946)Bild: The Phillips Collection

Hopper sei Teil einer Künstlergruppe gewesen, die sich unter dem Namen "Ashcan School" damals zum ersten Mal mit der Anonymität der Großstadt beschäftigt hat, schreibt Westheider im Ausstellungskatalog.

"Kunst überschreitet Zeit und Grenzen"

In der Sammlung Phillips werden Werke amerikanischer und europäischer Künstler Seite an Seite gezeigt. Das europäische Publikum kann sich durch den Besuch der Ausstellung in Potsdam jetzt mit dieser amerikanischen Kunstepoche beschäftigen - so wie die Sammlung Phillips in Washington damals zur "Pilgerstätte" für US-Künstler wurde, die ihre europäischen Malerkollegen kennenlernen wollten.

"Während des Zweiten Weltkriegs, als viele US-Künstler isoliert waren, studierten Maler wie Richard Diebenkorn die europäische Kunst anhand der bei Phillips ausgestellten Werke", erklärt Westheider. In einer Zeit, in der die transatlantischen Beziehungen gefährdeter erscheinen als je zuvor, stellt die Ausstellung im Museum Barberini eine Möglichkeit dar, sich anzunähern: "Phillips war davon überzeugt, dass Kunst Zeit und Grenzen überschreiten könne, um Menschen zu beeindrucken. Das sollte auch heute noch anregen und ist aktueller denn je", meint die Museumsdirektorin.