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Kunst

Iranische Moderne in Berlin

31. Januar 2017

"Trumpland" schließt seine Grenzen für Kulturschaffende aus dem Iran. In Deutschland sind sie umso gefragter. Das Goethe-Institut hat in Berlin eine viermonatige Veranstaltungsreihe gestartet: Die iranische Moderne.

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Shiva Ahmadi, Lotus, 2014, Videoinstallation zu A Heritage Transposed
Bild: Shiva Ahmadi/Leila Heller Gallery/New York/Dubai

Nur wenige Stunden lagen zwischen dem Künstlergespräch, zu dem das Goethe-Institut in die Berliner Akademie der Künste eingeladen hatte, und US-Präsident Trumps Einreiserverbot für Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen
Staaten. "Art as a social mirror" (Kunst als sozialer Spiegel) lautete das Thema. Die Kunsthistorikerin Hannah Jacobi sprach mit dem iranischen Künstlerpaar Ramin Etemadi-Bozorg und Esha Sadr und der in Berlin lebenden Kulturwissenschaftlerin und Schauspielerin Narges Hashempour. Vorrangiges Thema blieb die Kunst. Trump folgenreicher Federstrich habe "keine Rolle gespielt", konstatierte Jacobi.

Künstlergespräch "Art as a social mirror" II in Berlin.Foto: Bernhard Ludewig
Künstlergespräch mit iranischen Kulturschaffenden.Bild: Bernhard Ludewig

Große Ausstellungen und Publikationen, steigende Preise auf Auktionen - iranische Kunst erfreut sich derzeit großer Popularität. Doch worauf gründet der Boom? "Irans Künstler - ob im Land selbst oder in der Diaspora - stecken 'in-between', in einer Art Zwischen-Rolle", so Hashempour jetzt im DW-Gespräch. Die permanenten Veränderungen der iranischen Gesellschaft seien Antrieb für die Künstler. Das mache iranische Kunst so dynamisch: "Alle suchen nach Alternativen." Ein US-Präsident, der sein Land von der muslimischen Welt abschotte, bremse diese Dynamik, ergänzte die Kulturwissenschaftlerin. "Trumps Radikalismus ist gefährlich."

Sensationsschau in Berlin abgesagt

Nach dem Atomabkommen des Westens mit dem Iran wollte zuletzt Deutschland die Kulturbeziehungen zu Teheran ankurbeln. Im Dezember sollte in der Berliner Nationalgalerie eine große Ausstellung mit Werken aus dem Teheraner Museum eröffnen. Ein Prestigeprojekt, denn viele der millionenschweren Arbeiten wurden einst zusammengekauft von Farah Diba, der Frau des iranischen Schahs Mohammed Reza Pahlevi. Dann aber kam die Sensationsschau nicht zustande.

Ex-Bundesaußenminister Steinmeier 2015 beim Besuch des Teheraner Kunstmuseums, hier vor einem iranischen Schlachtengemälde. Foto: picture alliance /dpa/B. Von Jutrczenka)
Ex-Bundesaußenminister Steinmeier 2015 beim Besuch des Teheraner Kunstmuseums. Die geplante Gastschau in Berlin fiel allerdings ins WasserBild: picture alliance /dpa/B. Von Jutrczenka

Warum die Kunswerke nicht ausreisen durften, ist von iranischer Seite bisher nicht zu erfahren. Führten Machtkämpfe hinter den Kulissen zu der Absage? Oder ließen Proteste der iranischen Kulturszene die Mullahs zögern? Die in Deutschland lebende Künstlerin Parastou Forouhar hatte das Projekt früh wegen "mangelnder Transparenz" kritisiert. Jetzt vermutet sie: "Deutschland und Iran wollten sich eine schöne Kunst- und Kulturkulisse schaffen. Aber der Deal war zu umstritten, als dass der Effekt noch hätte erzielt werden können."

Umso mehr rückt jetzt das Begleitprogramm des Goethe-Instituts in den Vordergrund. Der Titel: Die iranische Moderne. Unter diesem Stichwort präsentieren die Organisatoren Nikolai Blaumer und Florian Bigge noch bis April Beiträge von 27 iranischen und 15 exiliranischen Künstlern, darunter Musiker, Filmemacher und Literaten. "Die lange Isolation ihres Landes hat in der iranischen Gesellschaft viel Schaden angerichtet", sagte Bigge der Deutschen Welle, "jetzt sind viele Künstler hungrig nach Dialog mit der Welt".

Bunt und vielfältig sei das kulturelle Leben im Iran heute, viel komplexer als der alte Widerstreit von Islam und Säkularismus, reaktionären und revolutionären, regressiven und progressiven Kräften, schreiben die Programmmacher. "Fraglich ist, was die Moderne ist." Zur Klärung dieser Frage hat das Goethe-Institut die iranischen Philosophen Meysam Sefidkhosh und Hossein Mesbahian zu einem Gesprächsabend eingeladen.

Literatur der Ferne und der Heimat

Wie bleibt man sich im Schreiben treu? Wie schreibt man in der Fremde? Dazu sollen die iranischen Schriftsteller Nahid Tabatabai, Belgheis Soleimani und Nasim Marashi Auskunft geben. Mahmud Doulatabadi gilt als Vertreter der modernen iranischen Literatur. Zugleich stehen viele seiner Bücher auf dem Index. In Berlin spricht er mit der Literaturjournalistin Iris Radisch über seinen neuen Erzählband, der von Flucht und Migration handelt.

Konzert der südiranischen Gruppe Kamakan in Berlin. Foto: Bernhard Ludewig
Die südiranische Gruppe Kamakan trat im Rahmen des Goethe-Projektes "Die iranische Moderne" in Berlin auf.Bild: Bernhard Ludewig

Eingeladen hat das Goethe-Institut auch den Autor Shahryar Mandanipur, der vor Jahren aus Iran in die USA ausgewandert ist und an der amerikanischen Ostküste lebt. Nach Informationen von Johannes Ebert, dem Generalsekretär des Goethe-Instituts kann Mandanipur jetzt nicht nach Deutschland kommen, weil er Angst hat, anschließend nicht in die USA zurückkehren zu können. "Für uns sind viele Doppelstaatler unterwegs", so Ebert gegenüber der Süddeutschen Zeitung, "weil sie die deutsche Gesellschaft repräsentieren. Man weiß nicht, ob das so noch möglich sein wird."

Mandanipur und Amir Hassan Cheheltan sollten sich nach Jahren auf einer Goethe-Bühne wiedersehen, um über die iranische Literatur der Ferne und der Heimat zu sprechen. Cheheltan lebt in Iran. In Berlin wird wohl auch die in Deutschland geborene Autorin Shida Bazyar über ihren Debütroman "Nachts ist es leise in Teheran" sprechen, der einen literarischen Bogen über zwei Generationen zurück bis zum Vorabend der Islamischen Revolution spannt.

Auch iranische Musikkünstler rückt die Veranstaltungsreihe des Goethe-Instituts ins Rampenlicht. So tritt - im Rahmen des CTM-Festivals - unter anderen Ata 'Sote' Ebtekar mit dem audiovisuellen Komponisten Tarik Barri und den Instrumentalisten Arash Bolouri und Behrouz Pashaei auf. Ihre Verschmelzung von elektronischen Klängen mit traditionellen akustischen Instrumenten verspricht eine echt "persische Techno-Apokalypse".