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Von Pfarrer Max Koranyi, Königswinter

26. November 2011

Warten im Advent. „Wir aber warten auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt.“ (2.Petr. 3,13).

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Der evangelische Pfarrer Max Koranyi, Königswinter
Bild: Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP)

Nicht nur Kindern fällt es schwer: Das Warten. Wenn’s geht auch noch mit Geduld. Geduldiges Warten? Nein, sie rutschen auf den Stühlen hin und her. Können dies und das gar nicht mehr erwarten. Und wir Großen sind nicht besser dran. Warten auf die Deutsche Bahn: Schon bei der kleinsten Verspätung lange Gesichter auf Bahnsteig 6. Warten in der Schlange bei der sogenannten Agentur für Arbeit. Mit Nümmerchen in der Hand. Ist im Nachhinein oftmals ein ziemlich sinnloses Herumstehen. Und dann erst das Warten beim Arzt. Nun hat man schon einen Termin – und kommt immer noch nicht dran. Warten lähmt. Weil man selbst lahmgelegt ist und im Moment nichts tun kann. Höchstens Zeitschriften durchblättern. Aber das lenkt nur kurzfristig ab.

Nun gibt es ja noch ganz andere Wartezimmer des Lebens. Warten auf den Traumpartner. Warten auf die Beförderung. Warten auf den Superurlaub. Und dabei verrinnt die Zeit. Nicht nur Kindern fällt es besonders schwer, im Advent zu warten. Am liebsten hätten sie alles gleich auf einmal: den Adventskranz – und den Christbaum gleich schon dazu. Und doch bringt erst die morgen beginnende, wochenlange Geduld die Schönheit der nächsten Zeit ans Licht. Man hat eben nicht immer alles gleich und sofort. Vieles muss sich erst langsam entfalten können. „Alles hat seine Zeit“ (Pred 3,1) heißt die Überschrift eines Gedichts von Georg Schwikart: „Selbst Zeiten/ haben ihre Zeit./ Wofür Erdbeeren im Winter / Und Ostereier im Herbst?/ Warum Lebkuchen ab August / Und Karneval an Sankt Martin? / Nur eines ist wirklich immer: Advent.“

Advent nämlich bedeutet Ankunft. Und die findet tatsächlich immer statt, weil es die ständige Ankunft des Herrn über alle Zeit ist. Übrigens mitten in den Wartezimmern der Welt. Er sitzt dabei – beim Warten auf den schnellen Arzttermin. Oder einem geglückten Rendezvous. Und lädt uns dabei zum Träumen ein. Die Adventszeit selber aber ist nun doch eine ganz herausgehobene Traumzeit von etwas ganz, ganz Großem. Träumereien am Kamin von einer ganz neuen Welt. Der Ankunft eines großen Lichts mitten in meinem Leben.

Natürlich ist es schön, wenn sich vorher schon einmal die Warterei auf den Zug und die neue Stelle dann doch positiv ausgezahlt hat. Das ist doch auch schon etwas. Meine Geduld wurde belohnt. Das sind dann so Momente wie die erste Kerze morgen auf dem Adventskranz im noch recht dunklen Wartewohnzimmer. Nämlich ein klitzekleiner Vorschein auf die in vier Wochen ganz geöffnete Weihnachtstür. Aber mit zu wenig sollten wir uns auch nicht zufrieden geben. Auch die schönsten erfüllten Träume halten immer nur vorläufig unserem großen Warten stand. „Wir aber warten auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt.“, sagt die Bibel. (2.Petr. 3,13).

So viel Erwartung darf schon sein. Ein Traum von einer Welt, in der es keine Arbeitsagenturen mehr zu geben braucht. Weil alle längst Arbeit haben. In der die Wartezimmer leer bleiben. Weil man an der Seite der Geliebten gar keine Zeit mehr für Krankheiten hat. Stimmt: Wir sind noch längst nicht da. Aber wir können im nun beginnenden Advent einen Vorgeschmack und einen ersten zarten Genuss für all diese Traumbilder entwickeln. Vorkosten sozusagen. Bis er selbst, der Herr der Zeit, einmal kommen wird und anklopft (Offb 3,20) und so - wie es in einem Kirchenlied heißt- „die Tür zum schönen Paradeis aufschließt“ EG 27,6) – ganz weit schon zu Weihnachten, ja; aber auch einmal endgültig und ewig im Himmel bei der Ankündigung des Endes allen Wartens und allen Advents.