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Vorgetäuschte Prüfungen auch in Biblis

15. April 2016

Gerade erst wurde bekannt, dass im baden-württembergischen Atomkraftwerk Philippsburg Sicherheitsprüfungen dokumentiert wurden, die nie stattgefunden haben. Jetzt kommt heraus, dass es in Hessen einen ähnlichen Fall gab.

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Atomkraftwerk Biblis (Foto: dapd)
Bild: dapd

Ein für den Strahlenschutz zuständiger Mitarbeiter des Atomkraftwerks Biblis (Artikelbild) soll in den Jahren 2014 und 2015 Sicherheitsprüfungen an Messgeräten vorgetäuscht haben. Weil die Dokumentation der vermeintlichen Prüfergebnisse auffällig war, konnten der Kraftwerkbetreiber RWE und das hessische Umweltministerium als Aufsichtsbehörde den Fall nach weiteren Recherchen aufdecken.

Der Fall habe sich nach der Stilllegung des AKWs zugetragen, teilte das Ministerium in Wiesbaden mit. Eine sicherheits- und strahlenschutztechnische Gefährdung habe man ausschließen können.

Das Kernkraftwerk Biblis ist seit 2011 nicht mehr am Netz. Einer der beiden Reaktorblöcke war nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima heruntergefahren worden, der andere befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer planmäßigen Revision, sodass er nicht mehr vom Netz genommen werden musste.

Mitarbeiter wurde entlassen

Dem betroffenen Mitarbeiter wurde nach der Aufdeckung der Angelegenheit mit sofortiger Wirkung der Zutritt zu dem Kraftwerk verwehrt, so das Ministerium. Er sei zudem entlassen worden. Die Sicherheitsprüfungen seien nachgeholt und als Konsequenz aus dem Fall zusätzliche Standards eingeführt worden.

Im baden-württembergischen Atomkraftwerk Philippsburg 2 waren jüngst ebenfalls Sicherheitskontrollen von einem Mitarbeiter vorgetäuscht worden. Er hatte eine regelmäßige Prüfung an einem Störfallmonitor zwar dokumentiert, tatsächlich aber nicht durchgeführt.

Minister spricht von inakzeptablem Verhalten

Nach Auffassung von Politikern und Umweltverbänden muss es Konsequenzen geben. Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller von den Grünen kündigte an, jetzt auch Neckarwestheim II, das zweite Atomkraftwerk, das in dem Bundesland noch betrieben wird, unter die Lupe zu nehmen.

Das Umweltministerium in Stuttgart als Aufsichtsbehörde kündigte eine Anordnung an, die das Wiederanfahren der Anlage untersagt. Seit dem 8. April ist das AKW Philippsburg wegen einer Revision nicht am Netz. Unter anderem werden Brennstäbe gewechselt und Instandhaltungsarbeiten ausgeführt.

Baden-württembergischer Umweltminister Franz Untersteller (Foto: picture-alliance/dpa/M. Murat)
Baden-Württembergs Umweltminister Untersteller fordert KonsequenzenBild: picture-alliance/dpa/M. Murat

Dass eine vorgeschriebene Prüfung in einem Kernkraftwerk vorgetäuscht wurde, sei hochgradig beunruhigend und nicht akzeptabel, sagte Untersteller. Der Betreiber EnBW habe "jetzt zunächst für Aufklärung zu sorgen - schnell und umfassend", forderte er.

Greenpeace: Schwerer Sicherheitsmangel

Die Grünen-Atomexpertin Sylvia Kotting-Uhl forderte die Bundesatomaufsicht auf, sich des Falls anzunehmen. Vor allem müsse analysiert werden, ob es Lücken im Regelwerk gebe, die eine Vortäuschung von Prüfungen ermöglichten, teilte die Bundestagsabgeordnete mit.

Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital sprach nach dem Vorfall in Philippsburg von einem schweren Mangel in der Sicherheit. Das Atomkraftwerk sei schon früher wegen ähnlicher Pannen negativ aufgefallen. Jetzt müsse man über eine endgültige Abschaltung früher als geplant nachdenken.

gri/stu (dpa, rtr)