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Öffnung in Turkmenistan?

Mathias Bölinger 10. Mai 2007

Turkmenistan war bis Anfang 2007 fast völlig abgeschottet. Vom Nachfolger des Diktators erwarten viele eine Öffnung. Ob es die gibt, wollte eine Delegation des Menschenrechtsausschusses des deutschen Bundestags wissen.

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Höchste offizielle Vertreter in Turkmenistan, Quelle: AP
Höchste offizielle Vertreter in TurkmenistanBild: AP

Es war die erste Reise einer Delegation des Menschenrechtsausschusses nach Turkmenistan, und für den Grünen-Politiker Volker Beck war das Fazit eindeutig: "Beim Thema Rechtsstaat, Menschenrechte und Demokratie kann man feststellen, dass es davon in Turkmenistan Null Komma gar nichts gibt."

Bitteres Erbe

Bis Dezember 2006 regierte in Turkmenistan der Diktator Saparmurat Nijasow - Turkmenbaschi nannte er sich, Oberhaupt aller Turkmenen. Vornehmste Aufgabe der Regierung war die Pflege seines Personenkultes. Gigantische Bauwerke und Denkmäler wurden zu seinen Ehren errichtet, sein Buch "Ruchnama" ("Buch des Geistes") stand auf allen Lehrplänen, Reisen ins Ausland waren verboten, sogar Fremdsprachen zu lernen, stand unter Strafe.

Das letzte, was der Diktator seinem Volk hinterließ, waren massive Kürzungen in der Bildung, im Sozialsystem und im Gesundheitswesen. Den Alten wurden die Renten gestrichen, Krankenhäuser wurden geschlossen, ausländische Universitätsabschlüsse für ungültig erklärt.

Die neue turkmenische Regierung hat nun eine vorsichtige Korrektur angekündigt. Im Gesundheitswesen, in der Bildung und in der Sozialversorgung will Turkmenistan wieder mehr investieren, versicherte man der deutschen Abordnung unter dem Vorsitz des CDU-Politikers Holger Haibach. "Das hätten wir gerne mit eigenen Augen gesehen, aber leider ist keinem dieser Wünsche entsprochen worden", erzählt Haibach. "Mir ist es in all den Jahren noch nicht passiert, dass man überhaupt nirgends hineinkommt- nicht mal in eine Schule."

"Das ist unturkmenisch"

Die Parlamentarier waren vor allem darauf angewiesen, was ihre Gesprächspartner erzählten. Das waren Vertreter von Religionsgemeinschaften, von Minderheiten, aber auch Beamte des Regierungsapparats. Die hatten manchmal überraschende Antworten parat. Zum Beispiel als Angelika Graf von der SPD nach Gewalt gegen Frauen fragte. "Man hat uns im Brustton der Überzeugung versichert, dass es völlig unturkmenisch sei, Gewalt gegen Frauen auszuüben und folglich gäbe es das auch nicht." Und so sei die Logik bei allen Fragen gewesen, die sensible Bereiche berührten.

Der neue Präsident Berdymuhamedow, Quelle: AP
Der neue Präsident BerdymuhamedowBild: AP

Ob von der neuen Regierung wirklich Reformen zu erwarten sind, bleibt das große Rätsel des neuen Präsidenten Gurbanguli Berdymuhamedow. Das ermutigendstes Zeichen ist: Seit einiger Zeit gibt es in der Hauptstadt Aschgabad Internetcafes. Zwar kann man davon ausgehen, dass kritische Seiten zensiert werden, dennoch eröffnet das Internet neue Verbindungen zur Außenwelt für die abgeschottete Bevölkerung.

Mit Sprachkursen und Austauschprogrammen müsse nun der Kontakt der Bevölkerung zur Außenwelt gestärkt werden, fordert Beck. Die Bildungsfrage sei der einzige Ansatzpunkt. In anderen Bereichen, dort wo es kaum Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gäbe, "da gibt es keinen Grund, das Regime auch noch für diesen Nullstandard zu belohnen".

Dialog braucht Forderungen

Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einer neuen europäischen Strategie für die Zusammenarbeit mit Zentralasien. Dass der Menschenrechtsdialog Teil dieser Strategie sein soll, ist für den CDU-Politiker Haibach aber noch kein Grund zum Optimismus. "Dialoge sind eine sehr gute Veranstaltung, wenn sie wirklich dazu führen, dass Dinge besprochen werden, und nicht nur eine Feigenblattfunktion haben." Von der Bundesregierung würde er sich wünschen, klar zu sagen, "unter den Bedingungen können wir mit euch in den Dialog eintreten, und davon hängen auch andere Leistungen oder Wünsche nach Zusammenarbeit ab".

Eine neue Regierung in Aschgabad und eine neue Strategie in Europa - ob sich dadurch wirklich etwas ändert, davon wollen sich die Parlamentarier in ein oder zwei Jahren auf einer zweiten Reise überzeugen.