1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

VW-Chef Winterkorn tritt zurück

23. September 2015

Nach dem Abgas-Skandal gibt der Vorstandschef von Europas größtem Autobauer seinen Posten auf. Das gab der Konzern nach einer Krisensitzung der obersten Aufseher in Wolfsburg bekannt.

https://p.dw.com/p/1Gbue
Deutschland - Volkswagen Martin Winterkorn
Bild: Getty Images/S. Gallup

Viele Beobachter hatten bereits damit gerechnet, nun zog Martin Winterkorn die Notbremse: "Ich bin bestürzt über das, was in den vergangenen Tagen geschehen ist", sagte der VW-Chef im Anschluss an eine Sitzung des Aufsichtsratspräsidiums am Konzernsitz in Wolfsburg. "Vor allem bin ich fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen-Konzern möglich waren." Als Vorstandschef übernehme er jetzt die Verantwortung für die bekanntgewordenen Unregelmäßigkeiten bei Dieselmotoren. "Ich tue dies im Interesse des Unternehmens, obwohl ich mir keines Fehlverhaltens bewusst bin", so Winterkorn.

Das fünfköpfige Präsidium des VW-Aufsichtsrats hatte zuvor nach einem Weg aus der tiefen Vertrauenskrise gesucht. Im Mittelpunkt standen dabei personelle Konsequenzen aus der Affäre um manipulierte Messungen beim Schadstoffausstoß von Dieselmotoren in den USA. Winterkorn stand infolge des Skandals, der nach Konzernangaben rund elf Millionen Fahrzeuge betrifft, massiv unter Druck. Ursprünglich hatte an diesem Freitag der Vertrag des Managers bis Ende 2018 verlängert werden sollen.

Weitere Entlassungen stehen bevor

Winterkorn war 2007 von der VW-Tochter Audi an die Konzernspitze in Wolfsburg gewechselt. Unter seiner Führung ist Europas größter Autobauer in den vergangenen Jahren rasant gewachsen. Der Konzern will in den nächsten Tagen einen Nachfolger präsentieren. Vorschläge zur personellen Neubesetzung sollten bis zur Sitzung des Aufsichtsrats am kommenden Freitag vorliegen, teilte das Präsidium mit.

Die Mitglieder des engeren Führungszirkels um Betriebsratschef Bernd Osterloh, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und Wolfgang Porsche als Sprecher der Familien Porsche und Piech erklärten zudem, es sei in den nächsten Tagen mit weiteren personellen Konsequenzen zu rechnen. Die internen Untersuchungen liefen auf Hochtouren. "Alle Beteiligten an diesen Vorgängen, die einen unermesslichen Schaden für Volkswagen angerichtet haben, werden mit aller Konsequenz belangt", hieß es in der Erklärung.

Weil kündigt strafrechtliche Schritte an

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil würdigte die Verdienste Winterkorns. Er habe dessen Entscheidung mit größter Betroffenheit zur Kenntnis genommen. Die Tragweite des Schadens sei groß. Weil kündigte gegen die Verantwortlichen strafrechtliche Schritte an. "Wir werden durch das Unternehmen auch Strafanzeige erstatten", sagte der SPD-Politiker. Ein Sonderausschuss werde die Aufklärung vorantreiben und sich dabei auf externe Berater stützen.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig gab nur Stunden vor dem Rücktritt Winterkorns den Beginn von Vorermittlungen gegen VW bekannt. Mögliche rechtliche Schritte gegen verantwortliche Mitarbeiter der Volkswagen AG stünden dabei im Mittelpunkt, hieß es. Die Behörde prüfe den Vorfall sowohl von Amts wegen als auch aufgrund von Strafanzeigen, die von Bürgern eingegangen seien, teilten die Ermittler mit. Eine von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt eingesetzte Kommission hat mittlerweile in Wolfsburg mit der Prüfung begonnen, ob elf Millionen Dieselautos deutschen und europäischen Regeln entsprochen haben.

In den USA drohen Milliardenzahlungen

In den USA drohen VW wegen des Diesel-Skandals Strafzahlungen von bis zu 18 Milliarden Dollar. Die Umweltabteilung des US-Justizministeriums und die Generalstaatsanwaltschaft des Bundesstaates New York haben strafrechtliche Ermittlungen gegen VW eingeleitet.

Bei internen Untersuchungen war zudem herausgekommen, dass weltweit bis zu elf Millionen Diesel-Fahrzeuge von manipulierten Abgaswerten betroffen sein könnten. Allein für Rückrufe und weitere Schritte, um Vertrauen in die VW-Technik zurückzugewinnen, legt der Konzern rund 6,5 Milliarden Euro zur Seite und kappt seine Gewinnziele für 2015. Seit Bekanntwerden des Abgas-Skandals hat VW zeitweise bis zu 30 Milliarden Euro seines Börsenwerts eingebüßt.

hmf/uh (dpa, rtr)