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Wächter des EU-Vertragswerks

Klaus Dahmann9. Juni 2002

Darf der Parma-Schinken auch dann mit diesem Etikett verkauft werden, wenn er nicht in Parma geräuchert wurde? Eine Frage für den Europäischen Gerichtshof, der am Montag (10.06.2002) seinen Bericht für 2001 vorlegt.

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Alles was Recht ist in der EU

Hat die EU-Kommission Recht, die Fusion zweier Großkonzerne zu verbieten? Darf das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung auch gegen Abgeordnete des EU-Parlaments Ermittlungen durchführen oder verstößt das gegen die Immunität der Parlamentarier?

Wann immer es Streit gibt zwischen den Organen der Europäischen Union oder zwischen ihnen und den Mitgliedsländern, tritt der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf den Plan: Die 15 Richter in Luxemburg sind die oberste Instanz in der Union, ihr Urteil steht sogar über nationalem Recht. Das heißt, die Mitgliedsstaaten müssen sich den Urteilen beugen und im Bedarfsfall ihre Gesetze entsprechend ändern.

Auch Einzelpersonen können sich an das Gericht wenden

Neben den EU-Organen und den Mitgliedstaaten können auch andere Betroffene - beispielsweise Regionalregierungen, Unternehmen oder Einzelpersonen - Klagen gegen Entscheidungen der EU einreichen. Und ebenso können Mitgliedsstaaten wegen Verstoß gegen EU-Recht beklagt werden.

Gegründet wurde der Europäische Gerichtshof bereits im Jahre 1957 als eines der fünf Haupt-Organe der Gemeinschaft. Die Richter und Generalanwälte werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten für jeweils sechs Jahre ernannt. Über Klagen wird nach dem Mehrheitsprinzip entschieden, wobei die Richter nur ihrem eigenen Verständnis von Recht und Gerechtigkeit und keinen nationalen Interessen folgen sollen.

Rechtsgeschichte geschrieben

Der EuGH hat verschiedene Aufgaben: Als eine Art Verfassungsgericht wacht er über die Verträge der Gemeinschaft und klärt Streitfälle zwischen den Organen und Mitgliedern der EU. Daneben hat er die Aufgabe zu prüfen, ob Beschlüsse des Rates der EU und der Kommission mit dem Vertragswerk und allgemeinen Rechtsgrundsätzen vereinbar sind. Und auch die Mitgliedsstaaten unterliegen der Kontrolle, ob ihr Handeln und ihre Gesetze in Einklang mit den EU-Normen stehen.

Einige Urteile in der 45-jährigen Geschichte des Europäischen Gerichtshofs haben Rechtsgeschichte geschrieben: So gab der EuGH im Jahre 2000 der 23-jährigen Deutschen Tanja Kreil Recht mit ihrer Forderung, in der Bundeswehr auch Dienst mit der Waffe leisten zu dürfen. Eine Entscheidung, die damals im Widerspruch zur deutschen Verfassung stand. Die Luxemburger Richter urteilten jedoch, dass dieses Verbot im deutschen Grundgesetz nicht mit der EU-Richtlinie zur beruflichen Gleichstellung von Männern und Frauen vereinbar sei.