1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Niedringhaus-Preis für Andrea Bruce

14. April 2018

Ein syrisches Dorf in Trauer, eine Mutter in Bagdad. Intime Augenblicke voller Schmerz und Schönheit – festgehalten von Andrea Bruce. Die Fotojournalistin wird mit dem diesjährigen Anja Niedringhaus-Preis ausgezeichnet.

https://p.dw.com/p/2w0mG
Foto-Arbeit Andrea Bruce Irak Baghdad 2003
Ein Foto, das Andrea Bruce am Herzen liegt: Eine irakische Witwe, die sich prostituieren muss, um ihre Kinder zu ernährenBild: The Washington Post/Andrea Bruce

Die Jury lobt ihr Einfühlungsvermögen und die Würde, die ihre Fotos ausstrahlen. Andrea Bruce gehe mit den Menschen, die sie fotografiert, eine emotionale Verbindung ein, heißt es in der Begründung. Damit sei sie eine Inspiration für andere Fotografinnen. Andrea Bruce selbst sagt: "Ich möchte, dass die Betrachter meiner Fotos mitfühlen, wie es den Menschen in Irak geht. Ich möchte, dass es ihnen nicht egal ist." Seit fünfzehn Jahren reist sie um die Welt, um die Folgen von Kriegen und Krisen zu dokumentieren.

Alles, was sie dazu braucht, habe sie als lokale Fotojournalistin in New Hampshire gelernt, sagt Andrea Bruce, die in ihrem ersten Kriseneinsatz für die Washington Post unterwegs war. "In New Hampshire habe ich Studenten fotografiert, die eine Prüfung ablegen. Oder Pendler am Montagmorgen." Auch in Afghanistan oder Irak versuche sie, den Alltag der Menschen zu zeigen, auch wenn es natürlich etwas anders ist, in einem Krisengebiet zur Arbeit zu pendeln. Aber es sind die kleinen und intimen Momente, die in ihren Augen die wahre Geschichte des Krieges erzählen.

Foto-Reporterin Andrea Bruce in Afghanistan 2011
Zeigt den Alltag von Kriegsopfern abseits der Schlagzeilen: Preisträgerin Andrea BruceBild: Jonathan Levinson

Auszeichnung als bittersüße Ehre

"Den Preis zu bekommen, ist eine riesige, aber auch eine bittersüße Ehre", sagt Andrea Bruce. Sie war mit Anja Niedringhaus befreundet. "Ich habe sie als Frau und als Fotografin bewundert." Gemeinsam haben sie in Afghanistan und Irak gearbeitet. Mit dem Anja-Niedringhaus-Preis werden der Mut und der journalistische Einsatz von Fotografinnen gewürdigt. Benannt ist er nach der deutschen Kriegsfotografin, die 2014 in Afghanistan erschossen wurde.

Fotografin Anja Niedringhaus
Erschossen beim Einsatz in Afghanistan: die deutsche Fotografin Anja NiedringhausBild: IWMF

Verliehen wird der mit 20 000 Dollar dotierte Preis von der "International Women's Media Foundation" (IWMF), die sich seit 1990 für Pressefreiheit und die Stärkung mutiger Journalistinnen einsetzt. Die Deutsche Welle ist Medienpartner. In diesem Jahr würdigt die Jury auch die Kanadierin Amber Bracken für ihre Berichterstattung über den Protest der Sioux gegen eine umstrittene Öl-Pipeline in North Dakota und Rebecca Conway, eine britische Fotojournalisten, die mit ihren Arbeiten den Konflikt um Kaschmir und seine Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung dokumentiert.

Foto-Arbeit Andrea Bruce in Syrien 2013
Fotoarbeit von Andrea Bruce: Eine syrische Familie betrauert den gefallenen SohnBild: Andrea Bruce/NOOR Images

Unermüdlich und unbeirrbar

Die Journalistinnen berichten über Schicksale von Menschen in krisengeschüttelten Regionen der Welt, die längst aus den Schlagzeilen verschwunden sind. "Dieser Preis ehrt die Frauen, die unter dem Einsatz ihres Lebens unermüdlich und unbeirrbar Geschichten von Menschen nachgehen, die in ihren Augen die eigentlichen Helden sind", sagt Elisa Lees Muñoz, Direktorin der IWMF.

Für Andrea Bruce sind es Begegnungen, die sie nicht mehr loslassen. So wie die Geschichte der Irakerin Halla Hameed, die die Fotojournalistin ein Jahr lang begleitet hat. Die zweifache Mutter schlug sich nach dem Tod ihres Mannes in Bagdad als Prostituierte durch, um ihre beiden kleinen Söhne zu ernähren. Ein Foto, das für Andrea Bruce besonders wichtig ist, zeigt einen intimen Moment: Die Mutter bekommt ein Küsschen von ihrem vierjährigen Sohn, während der zweijährige Bruder an seiner Milchflasche nuckelt. "Man kann auf dem Foto sehen, wie sich die Mutter für ihre Söhne aufgibt."

Foto-Arbeit Andrea Bruce in Bahrian February 14, 2011
Eine Zwiebel als Schutz vor Tränengas - Andrea Bruce portraitierte eine Demonstrantin in BahrainBild: Andrea Bruce

Alles hängt miteinander zusammen

Das Schlimmste an dem Job? Zurückzukehren und zu sehen, "wie wenig die Menschen zu Hause wissen, was in der Welt passiert", sagt die Amerikanerin. "Wie wenig es sie interessiert! Du hast das Gefühl, Du hast versagt." Und dennoch motiviere sie sich immer wieder. "Wenn Du die Welt bereist, merkst Du erst, wie alles zusammenhängt", sagt Andrea Bruce. Wie die Lage im Irak oder in Syrien davon abhängt, wer Präsident in den USA ist. Und wie Wahlergebnisse in den USA davon abhängen, wie viel Amerikaner darüber wissen, was in der Welt passiert.