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Wachstumsallianz

7. Januar 2011

An der Industrialisierung Chinas hat Deutschland kräftig verdient. Beide Länder sind Gewinner der Krise. Nun setzen die deutschen Manager auf den Chinaboom 2.0, denn das Riesenreich will seine Wirtschaft umkrempeln.

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Chinesische und deutsche Flagge (Foto: dpa)
China und Deutschland - eine gute wirtschaftliche KombinationBild: picture-alliance/dpa

Deutschland hat das Jahr nach der Krise mit Bravour absolviert. Die Wirtschaft ist um fast vier Prozent gestiegen, so stark wie in keinem anderen Industrieland. Daran hat auch das größte Schwellenland China seinen Anteil.

Achim Haug, Germany Trade and Invest (Foto: GTAI)
Achim Haug von Germany Trade and InvestBild: GTAI

"Das Team Deutschland und China wird auf jeden Fall gut zusammenarbeiten. Die gigantischen Wachstumszahlen werden etwas kleiner werden, aber das Wachstum bleibt bestehen", prognostiziert Achim Haug, Referent für den Bereich Asien/Pazifik bei Germany Trade and Invest. Er ist nicht der einzige, der die Aussicht beider Länder optimistisch einschätzt. Auch Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, schwärmt seit Längerem von der "neuen Wachstumsachse zwischen Berlin und Peking".

Aufträge aus dem Fernost

VW-Zeichen mit chinesischem "Untertitel" (Foto: dpa)
Für VW ist China bereits der größte Markt der WeltBild: picture-alliance/ dpa

Vor allem für Deutschland erwies sich China als ein Glücksfall. Dank eines beherzten Stützungsprogramms kehrte die Volksrepublik schnell auf den Wachstumspfad zurück und konnte 2010 wieder eine Steigerung der Wirtschaftsleistung von rund zehn Prozent vorweisen. Davon profitierten sämtliche Schlüsselindustrien hierzulande. Die Elektronikbranche verdankt sein Umsatzplus von rund zwölf Prozent vor allem den vielen Orders aus China. In der Automobilbranche haben VW, Daimler und BMW ihre Verkäufe im Reich der Mitte verdoppelt. In der Chemiebranche freuen sich Bayer, BASF und Lanxess darüber, dass China zum wichtigen Abnehmer von Kunststoffen und anderen Chemieprodukten geworden ist.

Insgesamt sind die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern durch die Krise enger geworden. Zum ersten Mal ist China das größte Herkunftsland für den deutschen Import und sein größter Handelspartner außerhalb der EU. Für China ist Deutschland der größte Investor aus Europa.

Umbau der chinesischen Wirtschaft

Volkskongress in China 2010 (Foto: AP)
Der Volkskongress wird den Fünfjahresplan absegnenBild: AP

Das deutsch-chinesische Erfolgsmodell soll so schnell noch kein Ende nehmen, denn im März wird in China der 12. Fünfjahresplan verabschiedet. Demnach will die Pekinger Regierung auf eine nachhaltige Entwicklung setzen. Es soll Energie und Ressourcen schonender gewirtschaftet werden. Umwelttechnik wird also stärker nachgefragt. Achim Haug: "China ist ein Riesenmarkt für Umwelttechnik, und die deutschen Hersteller sind da weltweit führend." Zum anderen solle die Transportinfrastruktur in Städten verbessert werden, die Hochgeschwindigkeitsbahnstrecken und Flughäfen sollten ausgebaut werden. "Überall da bestehen Chancen für Zulieferer", so Haug weiter.

Die chinesische Regierung will das Land zu einem innovativen Standort umwandeln, weg von Billiglohn, mehr zu Hochtechnologie. "Bei diesem Umbau der Wirtschaft muss natürlich in eine bessere Ausrüstung investiert werden. Die können deutsche Unternehmen liefern", sagt Haug von Germany Trade and Invest. Die staatliche Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing versorgt Unternehmen mit Informationen und bietet Hilfestellung für deren Gang nach Übersee. Im Falle Chinas sieht Haug auch noch nach knapp 20 Jahren immer noch Potenzial für deutsche Investoren: "Man muss sich nur überlegen, eine Nische zu besetzen, wo in China noch nicht so viele aktiv sind oder noch Bedarf besteht, oder gerade erst entsteht." Als Beispiel nennt er höherwertige Konsumgüter. Da war China bisher nicht so der große Markt.

Konsumgüter "Made in Germany" gefragt

Ein riesiger Adidasschuh wird von zwei Chinesen gehalten (Foto: AP)
Auch Adidas wird von der neuen Konsumlust in China profitierenBild: AP

Doch das ändert sich. Nach dem neuen Fünfjahresplan soll sich die bisher export- und investitionsgetriebene Wirtschaft mehr auf die Binnennachfrage, auf den Konsum stützen. Immer mehr Chinesen interessieren sich für hochwertige Konsumgüter "Made in Germany". Bereits heute stammen vier von fünf verkauften Luxuswagen in China aus deutscher Fabrikation. Experten rechnen damit, dass sich der Absatz der Premium-Autos bis 2015 auf 600.000 Einheiten verdoppeln wird. Kein Wunder, dass BMW, Daimler und Audi planen, ihre Kapazitäten im Reich der Mitte kräftig auszubauen.

Die Investitionsvorhaben haben auch Kritiker auf den Plan gerufen. Die Autohersteller machten sich zu sehr von China abhängig, lautet der Vorwurf. So reichte am Jahresende eine Meldung aus Peking, um die deutschen Autoaktien in den Keller zu schicken. Es hieß, die chinesische Hauptstadt wolle die Zahl der Neuzulassungen in 2011 halbieren, um das Verkehrschaos zu entschärfen. China-Experte Haug hält die Reaktion der Märkte für übertrieben: "Weil in China zunehmend der Absatz in den Städten der zweiten und dritten Reihe, also Städten mit niedrigerem Durchschnittseinkommen, ansteigen wird. Da sind neue Märkte, die große Aufnahmemöglichkeiten bieten."

Deutscher Exoport zu china-lastig?

Christof Römer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln (Foto: IW)
Christof Römer vom Institut der deutschen WirtschaftBild: IW Köln

Auch Christof Römer von Institut der deutschen Wirtschaft in Köln kann an der "China-Lastigkeit" des deutschen Exports nichts Schlimmes finden: "Weil die Unternehmen immer gewillt sind, nach neuen Absatzmärkten Ausschau zu halten. Und wenn es diese Absatzmärkte gibt, dann ist das für die deutschen Unternehmen von Vorteil." Eine stärkere internationale Verflechtung führe immer zwangsläufig zu gegenseitigen Abhängigkeiten.

Römer geht davon aus, dass China als Produktionsstandort und Absatzmarkt für die deutschen Unternehmen noch an Bedeutung zunehmen werde. Inzwischen ist China auch längst zu einem Forschungsstandort geworden. Allein Siemens unterhält dort 13 Forschungszentren. China bekommt so Zugang zu Hochtechnologie, aber auch die deutschen Unternehmen können davon profitieren, findet China-Experte Haug: "Die Anpassung an den lokalen Markt ist immens wichtig. Das war auch bis jetzt das Hauptbetätigungsfeld solcher Forschungs- und Entwicklungszentren." Sie hätten deutsche Produkte genommen und geschaut, wie sie angepasst werden, einfacher und billiger gemacht werden. Nun sieht Haug eine neue Tendenz: "Zunehmend ist aber so, dass Entwicklungsleistungen, die in China gemacht werden, auch in den Westen zurückkommen. Davon können auch die deutschen Unternehmen profitieren." Denn wenn sie dort Produkte entwickeln, die flexibler und einfacher sind, dann werden sie auch auf anderen Märkten Erfolg haben.

Autorin: Zhang Danhong

Redaktion: Rolf Wenkel