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Wahl-Reise 2002: Tourismus in Rerik

12. September 2002

Sanft plätschern die Wellen des Salzhaff an die neue Uferpromenade. Im flachen Wasser dümpeln Fischerboote. Möwen vollführen kreischend ihre Luftakrobatik.

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Stefan DegeBild: DW

O-Ton Daniela Lahr

"Bis jetzt gefällt‘s mir recht gut hier. Das Wasser ist schön, das Wetter ist toll, die Umgebung ist – vor allem kinderfreundlich. Das ist wichtig.....weil ich alleinerziehende Mutter bin und ich ständig darauf achten muß, daß mein Kind in sicherer Umgebung ist."

Daniela Lahr ist vor zwei Tagen aus Halle/Saale angekommen. Zum ersten mal und ganz überrascht, wie zielsicher ihr Söhnchen Julien den Kinderspielplatz ansteuert. Familien haben gute Karten in Rerik. Es geht beschaulich zu, die Preise sind moderat. Und das ist so gewollt, sagt Kurdirektorin Anne Kathrin Freund:

O-Ton Kurdirektorin Freund

"Von jeher ist Rerik als traditionelles Familienbad genannt worden. Und wir haben in den ganzen Jahren versucht, das auszubauen. Wir sind jetzt dabei, die Spielplatzsituation zu verbessern, haben viele Angebote bei Ferienwohnungen und Häusern, sodaß auch eine Familie mit zwei/drei Kindern sich so eine Unterkunft leisten kann. Haben verschiedene Kategorien in unseren Preisen. Das geht von 40 Euro bis 100 Euro in der Hauptsaison, in der Nebensaison weit darunter." (Stimme oben – bitte abblenden!)

Ein Erfolgsrezept: Jahr für Jahr kamen mehr Gäste, zweistellig der Zuwachs, zuletzt waren es rund 94.000 bei fast einer halben Million Übernachtungen. Doch Rerik hatte Glück: Nach der Wende gab es kaum Grundstücke, weil sie vorher dem Staat gehört hatten. Und so blieben die Investoren erst mal fern und Rerik von Bausünden, die anderswo passierten, verschont.

Und Rerik wächst: Niedrige Häuschen säumen den frischgepflasterten Haffplatz genau da, wo Ostsee und Salzhaff aufeinander treffen würden, gäb es nicht die trennende Düne. Am Haffplatz hat Bernd Steusloff, dem schon das Ausflugsschiff gehört, "Käpt’ns Reisebistro" aufgemacht. Die halbe Million Euro hat er sich von der Bank geliehen. Mutig, wie er selbst findet:

O-Ton Bernd Steusloff

"Man braucht Mut. Man darf nicht zuviel darüber nachdenken, was passieren könnte, sondern einfach versuchen, daß es gutgeht und immer daran arbeiten."

Wie ein schmaler Grat zieht sich die Düne vom alten Ortskern hinüber zur Insel "Wustrow". Die Nazis hatten dort eine Flugschule, der sogar Hitler und Mussolini Besuche abstatteten. Nach dem Krieg kamen die Sowjets und blieben bis Anfang der 90ger. Heute droht ganz andere Gefahr von der Insel. Eine Kölner Investorengruppe hat das Areal gekauft, will im großen Stil bauen:
2.300 Betten in Ferienwohnungen, Hotels, mit Golfplatz. Urlaub für Betuchte. Das Vorhaben spaltet die Reriker. Bürgermeister Wolfgang Gulbig skeptisch:

O-Ton Bürgermeister Gulbig

"Ein Vorhaben dieser Größenordnung, wenn es darum geht, 1000 Hektar zu entwickeln, das ist keine kleine Größenordnung wenn man sich vor Augen hält, daß die jetzig bebaute Fläche, inklusive aller Parks Reriks 170 Hektar beträgt – das ist ja ein Vielfaches von dem – dann doch sehr bewußt darüber nachdenken muß, wie wird mit dem Verkehr umgegangen, welche Bettenkapazitäten, welche Baumaßnahmen wollen wir zulassen, wie sollen die aussehen. Weil alles, was jetzt übers Knie gebrochen wird, kann die Entwicklung für die nächsten 20/30 Jahre im Positiven wie im Negativen sehr stark beeinflussen."

Doppelt so viele Autos würden durch Rerik brausen. Es gibt nur die eine Zufahrt. So brüten sie über Fährverbindungen oder Shuttle-Zubringer. Und eins ist allen klar: Rerik steht am Scheidepunkt. Thomas Köhler, der Stadtarchivar und Leiter des Heimatmuseums:

O-Ton Köhler

"Rerik ist immer noch ein kleiner beschaulicher Urlaubsort, der großen Zuspruch hat. Und ich denke, gerade die reizvolle Gegend zwischen Ostsee und Salzhaff, das ist das, was den Ort ausmacht. Rerik muß Rerik bleiben!"