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Eine Wahl als Demokratietest

23. Juni 2013

In Albanien ist ein neues Parlament gewählt worden. Die EU verfolgte die Abstimmung genau. Doch die Wahl wurde von Gewalt und Manipulationsvorwürfen überschattet.

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Ein Wahlplakat bildet Sali Berisha ab (Foto: DW/A. Muka)
Wahlen in AlbanienBild: DW/A. Muka

In Albanien leben rund drei Millionen Menschen. Die Bürger sollten darüber entscheiden, ob der seit 2005 regierende rechtskonservative Sali Berisha (Artikelbild) ein weiteres Mandat erhält. Umfragen hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem 60-Jährigen und seinem Herausforderer Edi Rama von den Sozialisten vorausgesagt.

Wählerbefragungen kurz nach der Stimmabgabe kamen zu widersprüchlichen Prognosen. Der Fernsehsender Ora News berichtete, die linke Koalition werde auf 52 bis 56 Prozent der Stimmen kommen. Demgegenüber schrieb die Organisation Civitas dem rechtskonservativen Regierungsbündnis den Sieg zu.

Oppositionsaktivist erschossen

Die Abstimmung geriet teilweise außer Kontrolle. In Lac - 35 Kilometer nördlich der Hauptstadt Tirana gelegen - wurde bei einer Schießerei ein Aktivist der oppositionellen Sozialisten erschossen, ein Kandidat von Berishas Demokratischer Partei erlitt Verletzungen. Im südalbanischen Hafenstadt Vlora zerstörte eine Explosion das Auto des örtlichen sozialistischen Parteisekretärs.

Schießerei bei Parlamentswahl in Albanien

"Bewaffnete Kriminelle und Banditen" bedrohten "im Auftrag der Regierung" die Wähler vor einigen Wahllokalen im Norden, behauptete der oppositionelle sozialistische Spitzenpolitiker Ilir Meta. Die überregionale und örtliche Polizei lasse sie gewähren, ohne einzuschreiten. Aus zahlreichen Landesteilen wurde von Schlägereien vor Wahllokalen berichtet.

Beobachter: Massive Unregelmäßigkeiten

Unabhängige Wahlbeobachter sprechen von massiven Unregelmäßigkeiten: Wähler hätten ohne Personalausweise abstimmen dürfen. Einige Wahllokale öffneten mit stundenlanger Verspätung. Einzelne Wähler gaben für ganze Familien die Stimmen ab. In einem Fall wurde die Abstimmung unterbrochen, weil es viel mehr Wähler als Stimmzettel gab.

Bei der letzten Abstimmung 2009 hatte es schweren Streit um das Ergebnis gegeben. Aus Protest boykottierten die Sozialisten damals monatelang das Parlament und legten die Gesetzgebung lahm. Später gab es bei Demonstrationen der Opposition gegen die Regierung blutige Zusammenstöße mit vier Toten. Auch dieses Mal warf die Opposition den Demokraten vor, Stimmen zu kaufen.

Albanien seit vier Jahren NATO-Mitglied

Seit dem Fall des kommunistischen Regimes von Enver Hoxha 1990 hat es keine Wahl gegeben, die unumstritten war. Die USA und die Europäische Union betrachten die Abstimmung deshalb als einen Test für die demokratische Reife des Balkanlandes, das seit vier Jahren in der NATO ist.

Freie und faire Wahlen mit einem allseits akzeptablen Wahlergebnis sind für Brüssel die Voraussetzung für einen Kandidatenstatus bei der EU. Die Außenbeauftragte Catherine Ashton und Erweiterungskommissar Stefan Füle sprachen von einer "gemeinsamen Verantwortung aller politischen Führer in Albanien, die Bedingungen für allseits akzeptable Wahlergebnisse zu schaffen." Rund 3000 Beobachter sollen den Ablauf überwachen. Mit ersten Ergebnissen wird am Montag gerechnet.

sti/haz (dpa, afp, rtr)