1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Parteien kämpferisch bei Wahlkampfabschluss

24. September 2021

Noch einmal vor allem die unentschlossenen Wähler mobilisieren: Zwei Tage vor der Bundestagswahl bestreiten die Parteien ihre Abschlusskundgebungen. Längst geht es um mögliche Regierungsbündnisse.

https://p.dw.com/p/40p8q
Wahlkampfabschluss der Union | Armin Laschet in München
Unterstützung der Kanzlerin: Laschet und Merkel bei Abschlusskundgebung in MünchenBild: Matthias Balk/dpa/picture alliance

Traditionell ist in Deutschland am Freitag vor dem Wahlsonntag Schluss mit dem Wahlkampf. Den Samstag nutzen die Politikerinnen und Politiker zumeist, um sich zu sammeln nach einer langen Auseinandersetzung. Oder um noch in ihren Wahlkreisen um letzte Stimmen zu kämpfen, im kleinen Rahmen quasi. Dabei wäre die Versuchung, bis zuletzt überall um Wähler zu werben, diesmal so stark wie noch nie. Es gibt viele unentschlossene Wähler, und spannend wird diese Wahl wohl sowieso wie bislang kaum eine andere.

SPD momentan hauchdünn vor der Union

Nach jüngsten Umfragen liegt die SPD hauchdünn mit etwa 25 Prozent vor der Union von CDU und CSU mit etwa 22 Prozent. Zwischen diesen beiden Gruppierungen entscheidet sich vermutlich, wer Angela Merkel im Kanzleramt nachfolgt. Zwischen Armin Laschet, dem CDU-Vorsitzenden, und Olaf Scholz, dem derzeitigen Finanzminister von der SPD.

"Scholz packt das an": Die SPD und ihr Kanzlerkandidat in Köln

Bei der SPD in Köln tanzen die Menschen vor der Bühne auf dem Heumarkt zur Musik von Tina Turner, noch bevor Olaf Scholz überhaupt da ist: "You're simply the best".  Die Stimmung könnte nicht besser sein."Scholz packt das an", heißt es groß auf Videowänden. Viele Sozialdemokraten können es immer noch kaum glauben, das ist hier zu spüren:  Noch im Frühjahr lag die SPD  bei schlappen 15 Prozent in den Umfragen, jetzt sind es 25 Prozent, das Kanzleramt winkt.

BTW 2021 | Abschlussveranstaltung SPD | Scholz
Olaf Scholz gibt sich siegessicherBild: Martin Meissner/AP Photo/picture alliance

Viele mögliche Optionen für Scholz

Olaf Scholz könnte dann eventuell mit einer so genannten "Ampel-Koalition" mit den Grünen und der FDP regieren, oder gar mit einer rot-grün-roten Koalition mit den Grünen und den Linken? Scholz hat sich hier in den letzten Wochen eher bedeckt gehalten, er möchte vor allem Ruhe und Verlässlichkeit auszustrahlen. Tatsächlich hat ihn das ja in den Umfragen nach oben gebracht. Jetzt sagt er: "Wir brauchen einen Aufbruch für Deutschland, wir brauchen einen Regierungswechsel, wir brauchen eine Regierung der SPD." Und fast schon wie ein Kanzler verspricht er den Opfern der Hochwasserkatastrophe im Sommer im Westen Deutschlands: "Wir werden das wieder aufbauen, was kaputt gegangen ist. Wir werden die Schulen, die Straßen, die Brücken, die Betriebe, all das wieder errichten. Und das machen wir nicht vor Ort, das machen wir als ganzes Land."    

Warnung vor einem Links-Bündnis: Die Union in München

Noch ist bei vielen Christdemokraten der Gedanke gar nicht so richtig angekommen, dass die Union aus CDU und CSU die Wahl tatsächlich verlieren könnte. Fast drohend heißt es auf riesigen Plakaten: "Damit Deutschland stabil bleibt." Kanzlerkandidat Armin Laschet hat jetzt, zum Abschluss des Wahlkampfes in der bayrischen Landeshauptstadt, noch einmal prominente Unterstützung:  Bundeskanzlerin Angela Merkel, die nicht wieder antritt, hat sich lange zurückgehalten im Wahlkampf, jetzt warnt auch sie vor einem "Linksrutsch".

Wahlkampfabschluss der Union | Armin Laschet in München
Laschets Union liegt in Umfragen auf Platz 2Bild: Matthias Balk/dpa/picture alliance

Laschet hat zuletzt leicht zugelegt in den Umfragen, sicher auch wegen der Furcht vieler Konservativer vor einer Regierung ohne die Union. Jetzt setzt er alles auf diese Karte. Mögliche Steuererhöhungen seien vor allem nach der Corona-Pandemie Gift. Laschet: "Glaubt irgend jemand, dass jetzt eine rot-rot-grüne Regierung zum Wachstum beiträgt? Wenn man ihre Programme liest, sieht man doch genau, dass sie den falschen Schwerpunkt setzen."

Die Grünen: Das Kanzleramt ist nicht mehr erreichbar

Die Grünen, die sich in Düsseldorf noch einmal zeigen, wissen nicht so genau, ob sie sich freuen oder ob sie trauern sollen: 15 bis 17 Prozent, wie in den aktuellen Umfragen, wären das beste Ergebnis, dass die Umweltschutzpartei je bei einer Bundestagswahl einfahren könnte. Aber im Frühjahr stand die Partei bei weit über 20 Prozent. Trotz des großen Themas Klimaschutz haben die Werte aber beständig nachgelassen. Viele Menschen, die Grünen haben 4500 Menschen gezählt, sind jetzt zum Wahlkampf-Abschluss gekommen, aber euphorisch ist die Stimmung nicht.

Bündnis 90/Die Grünen | Annalena Baerbock Demonstration von "Fridays for Future" in Köln
Annalena Baerbock besuchte noch die Klima-Demonstranten von "Fridays for Future" in KölnBild: Federico Gambarini/dpa/picture alliance

Baerbock: Mut haben, um voranzugehen

Jetzt bleibt nur, wie Spitzenkandidatin Annalena Baerbock sagt, möglichst viel für die Grünen herauszuholen. Ihr Thema: der Klimawandel. Die eigenen Kinder, so Baerbock, könnten später fragen, warum die jetzige Generation so wenig tut: "Haben wir den Mut, voranzugehen, auch wenn wir noch nicht zu einhundert Prozent wissen, wie das dann in einer klima-neutralen Welt aussieht?" 

Die FDP: Der mögliche Königsmacher 

Deutschland | FDP Sonderparteitag in Berlin
Am liebsten mit der Union und den Grünen: FDP-Chef Christian LindnerBild: AFP via Getty Images

Die FDP, die in Berlin ihren Wahlkampf-Abschluss abhält, liegt laut aktuellen Umfragen bei rund 11 Prozent der Stimmen, könnte aber bei einer möglichen Regierungsbildung eine wichtige Rolle spielen.

Spitzenkandidat Christian Lindner setzt vor allem auf ein mögliches Bündnis mit der Union und den Grünen. Das sei leichter zu erreichen als andere Konstellationen, so Lindner, "deshalb setzte ich eher auf Jamaika, wenn es geht." 

Alles ist offen und so spannend wie noch nie 

Noch ein paar Stunden bis zur Wahl. Welche Regierung die Deutschen dann bekommen, das wird eine hochkomplizierte Rechnung. Bündnisse von nur zwei Parteien, wie bislang immer in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte, werden kaum noch möglich sein. Drei Parteien werden sich zusammenreißen müssen und ein Bündnis eingehen. Das kann Monate dauern. Aber erstmal entscheiden nach langem und wechselhaftem Wahlkampf die Wähler am Sonntag.