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Der teure Weg ins Weiße Haus

Carla Bleiker Washington, D.C.
30. Oktober 2020

Zur Präsidentschaftswahl anzutreten, ist in den USA nicht gerade billig. Kandidaten müssen hunderte Millionen Dollar aufbringen, um Werbung und Reisen zu finanzieren. Unterstützung erhalten sie nicht nur von Personen.

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Donald Trump auf einer Bühne vor einer großen Menschenmenge, hinter ihm das Weiße Haus
Möchte gerne im Weißen Haus bleiben: Donald Trump beim Nominierungsparteitag der Republikaner im AugustBild: picture-alliance/Consolidated News Photos/E. Scott

"Es gibt zwei Dinge, die in der Politik wichtig sind: Das Erste ist Geld und an das Zweite kann ich mich nicht erinnern." Dieses Bonmot von 1895 wird Mark Hanna, Senator für Ohio, zugeschrieben. 125 Jahre später gilt es in der US-Politik immer noch.

Als politischer Bewerber schafft man es in den USA nirgendwo hin, besonders nicht ins Weiße Haus, ohne Millionen und Abermillionen Dollar in der Schatulle zu haben. Während des aktuellen Wahlkampfs um die Präsidentschaft haben Kandidaten aller Seiten eine Rekordsumme von 3,7 Milliarden US-Dollar (umgerechnet 3,17 Milliarden Euro) eingesammelt und 3,5 Milliarden davon bereits ausgegeben, wie aus Daten der Bundeswahlkommission (FEC) hervorgeht. Die FEC ist eine unabhängige Bundesbehörde, die die Wahlkampffinanzierung reguliert.

Infografik Parteispenden US-Wahl alle Kandidaten

Die 3,7 Milliarden wurden aber nicht nur von den Kampagnen von US-Präsident Donald Trump und dem ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden gesammelt. "Die Summe umfasst jeden, der im Rennen um die Präsidentschaft war", erklärte FEC-Kommissarin Ellen Weintraub in einer Online-Pressekonferenz. "Es gab einen harten Vorwahlkampf, zumindest auf demokratischer Seite."

Viele der demokratischen Kandidaten wie Bernie Sanders, Elizabeth Warren und Bidens jetzige Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala Harris blieben recht lange im Rennen um die Nominierung ihrer Partei und hatten entsprechend lange ihre Unterstützer motiviert. Kein Wunder, dass das Spendenvolumen in den Himmel geschossen ist.

Viel Enthusiasmus für kleine Spenden

Infografik Parteispenden US-Wahl Präsidentschaftskandidaten

Bisher hat Biden 952 Millionen US-Dollar gesammelt, Trump 601 Millionen (Stand: 29. Oktober). Vor vier Jahren hatte Hillary Clinton am Ende ihrer Kampagne 586 Millionen US-Dollar erhalten und ausgegeben.

Die Zahlen sind vor allem erstaunlich, wenn man bedenkt, welche Fülle an Spendern es geben muss. Die größte Summe, die eine Einzelperson oder eine Organisation einem Präsidentschaftskandidaten direkt geben kann, beträgt 2800 US-Dollar. Nur US-Amerikaner können das tun, Geld von ausländischen Quellen dürfen die Kandidaten nicht annehmen.

Bei dieser Wahl spielen die kleinen Spenden für alle Kandidaten eine besondere Rolle. "Es war wirklich phänomenal", sagte Weintraub. "So viele Menschen, die kleine Geldmengen geben, oft wiederholt, weil sie so begeistert sind von ihrem Kandidaten - oder in anderen Fällen, weil sie überhaupt nicht erbaut sind von den anderen Kandidaten."

Ihren Angaben zufolge kamen zum Zeitpunkt der Pressekonferenz mehr als 1,3 Milliarden US-Dollar, also mehr als ein Drittel der Gesamtsumme, durch Einzelspenden von nicht mehr als 200 US-Dollar zusammen.

Mehr Zeit für Politik

Spenden in Rekordhöhe während eines schweren wirtschaftlichen Abschwungs erscheinen auf den ersten Blick widersprüchlich. Viele Amerikaner haben in der Coronavirus-Pandemie ihren Job verloren, ihnen droht Zwangsräumung oder sie kämpfen mit gestiegenen Ausgaben für die Gesundheit. All das führte aber nicht dazu, ihre Geldbörsen geschlossen zu halten.

FEC-Kommissionsmitglied Weintraub glaubt, die Menschen hätten mehr Zeit, sich auf die Politik zu konzentrieren. "Ich frage mich, ob die Tatsache eine Rolle spielt, dass viele Leute den ganzen Tag zu Hause auf ihre Bildschirme starren, sich wegen der vielen Informationen über Politik aufregen und schließlich auf den Gedanken kommen: 'Ich möchte in diesem Rennen etwas bewirken, ich werde meinem Lieblingskandidaten 25 Dollar schicken'", sagte Weintraub.

Election Game - Amerikas Wahlsystem in der Krise

Doch noch aus einem anderen Grund ist die Zahl der Kleinstspender gewachsen: Es ist so einfach wie nie, eine politische Kampagne zu unterstützen. Inzwischen müssen die Menschen nicht mehr einen Scheck ausstellen, eine Briefmarke finden und ihn abschicken, es passiert alles online. "Früher haben viele Leute bestimmt gedacht: 'Es ist den Aufwand nicht wert, einen Scheck über drei Dollar auszustellen'", erklärte Weintraub während der Onlineveranstaltung. "Jetzt senden die Kampagnen ständig E-Mails, SMS und Links, um relativ kleine Geldbeträge einzuwerben. Die dann auch zu geben, ist ganz einfach."

Langer Wahlkampf, riesiges Land

Aber warum ist es so teuer, an der Präsidentschaftswahl teilzunehmen? Erst einmal ist es ein langer Weg bis ins Weiße Haus. Es gibt in den Vereinigten Staaten keine Regeln, wann mögliche Kandidaten anfangen können, um Wähler zu werben - im Gegensatz zu anderen Staaten wie Deutschland, in denen Teile des Wahlkampf auf eine kurze Zeit vor der Wahl beschränkt sind.

Das heißt, ein Bewerber, der durch den Vorwahlkampf muss, beginnt seine Kampagne mindestens eineinhalb Jahre vor dem Wahltag - und es kostet eine Menge, einen 18-monatigen oder längeren Wahlkampf zu finanzieren.

Und dann ist da noch die schiere Größe der USA. Normalerweise touren die Kandidaten durch die 50 Bundesstaaten, von Bürgerversammlungen in Maine bis zu Fabrikbesuchen in Texas. Die Hauptkandidaten haben in jedem Bundesstaat ein Büro und müssen die Mitarbeiter dort bezahlen.

Plakat mit Donald Trump und einer Papierrolle, die er wirft
Wahlwerbung auf Spanisch: Mit der Werbetafel in Florida riefen die Demokraten Trumps herablassenden Umgang mit Betroffenen des Hurrikans Maria in Puerto Rico in ErinnerungBild: Getty Images/AFP/G. Newton

Während der Pandemie spielten Reisen zwar eine untergeordnete Rolle, aber Fernsehspots waren umso wichtiger. Zusätzlich zur landesweiten Werbung geben die Kandidaten viel Geld für maßgeschneiderte Anzeigen aus, um spezifische Wählergruppen in bestimmten Bundesstaaten zu erreichen.

Keine Einschränkung für Super PACs

Das Wahlvolk sieht nicht nur TV-Spots, die von den Kampagnen der Kandidaten bezahlt wurden. Unabhängige politische Aktionskomitees, sogenannte Super PACs, sind Gruppen, die einen Kandidaten oder eine politische Initiative unterstützen, indem sie quasi Wahlkampf für sie betreiben. Und sei es, indem sie Fernsehwerbung produzieren.

Dabei gibt es einen entscheidenden Unterschied zur direkten Finanzierung eines Kandidaten: Super PACs unterliegen keinerlei Beschränkungen, wie viel Geld sie von einem einzelnen Spender erhalten dürfen.

Das ist bei den Kampagnen eines Kandidaten anders, um zu verhindern, dass ein Großspender einen Kandidaten für sich "kaufen" kann und künftig begünstigt wird. Wie das Oberste Bundesgericht in den USA entschieden hat, gibt es dieses Korruptionsrisiko bei Super PACs nicht - egal wie hoch die Spenden auch sind.

Große Werbetafel mit der Aufschrift "Total korrupter Politiker" und einem Foto von Joe Biden
Den Gegner schlecht machen können auch Unterstützer der Republikaner, hier in PennsylvaniaBild: Shannon Stapleton/Reuters

Zudem hat der Supreme Court kein Limit gesetzt, wie viel so ein Aktionskomittee insgesamt für den bevorzugten Kandidaten ausgeben darf. Denn das würde die Meinungsfreiheit einschränken, die im ersten Zusatzartikel der Verfassung festgeschrieben ist. Dieses Recht auf Ausgaben für die Politik als Form der freien Meinungsäußerung gilt außerdem nicht nur für Personen, wie das höchste Gericht vor zehn Jahren in einem umstrittenen Fall entschied.

"Super PACs können Geld von Unternehmen und Arbeitsorganisationen annehmen, was Kandidaten und Parteigremien nicht dürfen", sagt Weintraub von der Bundeswahlbehörde. "Es gibt keine Beschränkungen für Spenden an Super PACS oder deren Ausgaben. Ich sage damit nur, dass ich der Linie des Supreme Courts nicht wirklich zustimme. Aber ich bin keine Richterin am Obersten Bundesgericht. Ich bin nur eine einfache Wahlkommissarin."

Adaption: Uta Steinwehr

Carla Bleiker
Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker