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Wahllokale in Venezuela länger geöffnet

7. Dezember 2015

Venezuela versinkt immer tiefer in einer Krise. Den regierenden Sozialisten droht bei der Parlamentswahl daher eine Abstrafung durch die Wähler. Der Andrang war so groß, dass die Wahllokale länger geöffnet blieben.

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Venezuelas Oppositionsführer Enrique Capriles (Foto: ap/Picture alliance)
Bild: picture alliance/AP Photo/A. Cubillos

Venezuela hat über die Zukunft seines umstrittenen Sozialismus-Projekts entschieden. In dem lateinamerikanischen Land zeichnete sich eine hohe Wahlbeteiligung bei der Parlamentswahl ab. Der Gouverneur des Bundesstaats Miranda und Oppositionsführer, Henrique Capriles (Artikelbild), betonte, dass er mit einer Beteiligung von über 70 Prozent rechne. Wegen des großen Andrangs verlängerte der Wahlrat die Öffnungszeit der Wahllokale um eine Stunde. Zur Begründung wurde eine "sehr hohe Beteiligung" angeführt. Viele Menschen warteten demnach noch vor den Wahllokalen. Die Opposition kritisierte den Schritt als Verletzung des Wahlrechts.

Kurz nach Schließung der Wahllokale erklärten drei führende Vertreter der Opposition, dass diese die Mehrheit im Parlament gewonnen habe. Weder der Wahlrat noch die regierende Sozialistische Partei äußerten sich dazu. Mit ersten Resultaten wird erst für Montagmorgen gerechnet.

Die im Bündnis "Tisch der demokratischen Einheit" (Mesa de Unidad Democrática) vereinte Opposition setzt darauf, erstmals seit 16 Jahren die Sozialisten als Mehrheitsführer abzulösen. Die Wahl wird auch als grundlegendes Votum über den Kurs von Präsident Nicolás Maduro angesehen. Maduro warnte vor einem Ende der sozialistisch geprägten Politik für die unteren Schichten, sollte die von ihm als elitär und korrupt beschimpfte Opposition gewinnen und seiner Politik Fesseln anlegen. Dann könne Venezuela in den "Abgrund" steuern. Die rechtsgerichtete Opposition will im Fall eines Wahlerfolgs einen Volksentscheid zur Abwahl Maduros anberaumen, dessen Amtszeit eigentlich erst 2019 endet.

Wahlberechtigt waren rund 19,5 Millionen Menschen. Bei der Wahl sollten alle 167 Abgeordneten der Nationalversammlung neu gewählt werden. Die konstituierende Sitzung ist für den 5. Januar geplant.

In die Krise gesteuert

Bis zu 200 Prozent Inflation, Mangelwirtschaft und fehlende Lebensmittel haben die Unzufriedenheit in Venezuela deutlich erhöht. Das Land mit den größten Ölreserven weltweit leidet zudem unter dem niedrigen Ölpreis, was es schwerer macht, die Sozialprogramme zu finanzieren. Der 2013 gestorbene Präsident Hugo Chávez hatte das Projekt einer "bolivarischen Revolution" ausgerufen und lange Zeit vom hohen Ölpreis profitiert. Gerade untere Schichten leiden unter den fast täglich teurer werdenden Lebenshaltungskosten.

Offizielle Wahlbeobachter waren nicht zugelassen, es gab aber eine Wahlbegleitung, unter anderem durch die Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR). Einen Eklat gab es um die Ex-Präsidenten Kolumbiens, Andrés Pastrana, Boliviens, Jorge Quiroga und Uruguays, Luis Alberto Lacalle, denen die Vorsitzende des nationalen Wahlrats, Tibisay Lucena, wieder die Akkreditierung zur Wahlbegleitung entzog. Der Grund: sie hätten sich noch während der Wahl zum Verlauf geäußert und damit Regeln verletzt.

Keine größeren Unregelmäßigkeiten

Auch der Linken-Bundestagsabgeordnete André Hahn begleitete die Wahl, er sah keine größeren Unregelmäßigkeiten. "Das lief angesichts des riesigen Andrangs sehr ruhig und geordnet ab", sagte Hahn der Deutschen Presse-Agentur in Caracas. Es habe nur vereinzelt Probleme bei der elektronischen Stimmabgabe gegeben, berichtete Hahn. Da die Stimme anschließend noch ausgedruckt und in eine Wahlurne geworfen werde, sei die Möglichkeit zur Manipulation eigentlich nicht gegeben. Gewöhnungsbedürftig sei die hohe Militärpräsenz. "Das könnte man vielleicht etwas herunterfahren", sagte er.

kle/bro (dpa, afp, rtr)