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War es ein Terrorangriff in Bengasi?

13. September 2012

Möglicherweise steckt Al-Kaida hinter dem Angriff auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi. US-Geheimdienste haben zumindest starke Indizien dafür. Präsident Obama setzte zwei Kriegsschiffe in Marsch.

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Anschlag auf die US-Botschaft in Bengasi in Libyen (Foto: AP)
Bild: dapd

Die Attacke trage "klar" die Handschrift des Terrornetzwerks Al-Kaida, sagte der Vorsitzende des Geheimdienstaussschusses im US-Repräsentantenhaus, Mike Rogers, dem Sender CNN. "Seit Monaten haben wir beobachtet, wie Al-Kaida nach westlichen Zielen Ausschau gehalten hat - überall in Nordafrika", so Rogers. Ähnlich äußerte sich der Islam-Experte Fouad Ajami von der Standford University. Er berichtete über viele , immer noch aktive Al-Kaida-Kämpfer in Libyen. In Bengasi setzten die Angreifer Brandbomben und Panzerfäuste ein. Sie hätten das Hauptgebäude und später auch die Nebengebäude mehr als vier Stunden lang beschossen. Das könne kein spontaner Gewaltausbruch gewesen sein. Der Angriff geschah am Jahrestag der Anschläge des 11.September 2001. Für islamistische Attentäter ist das ein symbolisches Datum. Ein Sprecher des Weißen Hauses hielt sich jedoch mit einem Urteil zurück. Es sei eine "komplexe Attacke" gewesen, aber ob Al-Kaida dahinter stecke, sei nicht mit Sicherheit zu sagen.

US-Botschafter Christopher Stevens starb bei dem Anschlag auf die US-Botschaft in Bengasi in Libyen (Foto: AP)
US-Botschafter Stevens starb bei dem AnschlagBild: AP

Mehrere Tote nach Angriff

Bei der Attacke wurden US-Botschafter Chris Stevens und drei Mitarbeiter getötet. Auch mehrere libysche Sicherheitskräfte starben. Wie genau der Angriff verlaufen ist, wissen die Ermittler noch nicht. Nicht sicher sei etwa, wer den Botschafter aus dem brennenden Gebäude in Bengasi rausgeholt und ins Krankenhaus gebracht hat - und ob er bei der Ankunft in der Klinik schon tot war oder dort starb. Augenzeugen berichteten, Stevens sei an einer Rauchvergiftung gestorben.

Radikale Islamisten hatten die amerikanische Botschaft in Libyen am Dienstag aus Protest gegen einen islamkritischen Film angegriffen, der den Propheten Mohammed beleidigt.

USA treffen militärische Vorsichtsmaßnahmen

Inzwischen sind 50 US-Marines in Libyen eingetroffen. Sie sollen die dort lebenden Amerikaner beschützen. Außerdem will Präsident Barack Obama Drohnen schicken, um mögliche Islamisten-Camps aufzuspüren. Zwei Kriegsschiffe hat die US-Regierung bereits an die libysche Küste verlegt. Ein Mitarbeiter des Pentagons teilte mit, die US-Bundespolizei FBI habe mit Ermittlungen begonnen. Präsident Obama hatte gestern angekündigt, die "Mörder" zur Verantwortung zu ziehen.

Republikaner kritisieren Obama

Diese drastische Formulierung hat Mitt Romney, Obamas republikanischem Herausforderer im US-Wahlkampf, nicht ausgereicht. Er warf dem Präsidenten mangelnde Führungskraft in der Außenpolitik vor. Obama hätte zunächst Verständnis für die Angreifer gezeigt anstatt die Attacken sofort zu verurteilen. Der Präsident sagte dazu, Mitt Romney verfolge eine Taktik nach dem Motto "erst schießen und dann zielen". Und genau das dürfe ein Präsident nicht tun, so Obama gegenüber dem Fernsehsender CBS News.

Proteste gegen USA weiten sich aus

Trittbrettfahrer in der arabischen Welt

Auch in anderen Ländern protestierten Menschen vor den US-Botschaften. In der tunesischen Hauptstadt Tunis mußte die Polizei Tränengas gegen rund 300 Demonstranten einsetzen. In Kairo kam es zu Zusammenstößen mit Vertretern der Sicherheitskräfte. Auch in Casablanca in Marokko gingen mehrere hundert Menschen auf die Straßen. Im Gazastreifen zündeten Moslems vor dem Sitz der Vereinten Nationen US-Fahnen an. Iranische Medien kündigten für heute eine Demonstration in Teheran an.

Wer ist der Filmemacher?

Ausgelöst hat die Gewalttaten der Regisseur des anti-islamischen Films, in dem Mohammed als Frauenheld, Kinderschänder und Mörder verunglimpft wird. In einem Interview mit dem "Wall Street Journal" hatte sich der Filmemacher als Sam Bacile ausgegeben. Er sei israelischstämmiger US-Bürger, der das Kapital für das Filmprojekt bei jüdischen Spendern aufgetrieben habe. Inzwischen gibt es jedoch Zweifel an dieser Version.

Steve Klein, der an dem Film beteiligt war, sagte, Sam Bacile sei gar nicht der richtige Name des Regisseurs. Er sei nach den Unruhen untergetaucht. Ihm drohe nun das gleiche Schicksal wie dem niederländischen Filmemacher Theo van Gogh, der 2004 wegen eines islamkritischen Films ermordet worden war.

cd/rb (dpa, dapd, afp, rtr)