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Warten auf den Aufschwung

Thomas Kirschning 14. April 2002

Am Montag (15.4.2002) beginnt in Hannover die größte Industriemesse der Welt. Trotz schwacher Wirtschaftslage hoffen die Aussteller auf positive Signale aus der niedersächsischen Landeshauptstadt.

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Neue Robotertechnik in HannoverBild: AP

"In der Wirtschaft greift eine Frühlings- und Aufbruchstimmung um sich", sagte Messe-Chef Klaus E. Goehrmann. Dies gelte insbesondere für den Maschinenbau und die Elektrotechnik. Die Messe sei genau richtig platziert, um den "Aufschwung zu beschleunigen und in die Zukunft zu tragen." Wie stets zu dieser Jahreszeit wird bei der Hannover-Messe Optimismus zur Schau getragen.

Hannover Messe BMW C1 Cabinenroller
Martin Lüking, Mitarbeiter der Blomberger Elektrofirma Phoenix Contact, putzt am Sonntag, 14. April 2002, bei den Vorbereitungen zur Hannover Messe an der Wand hängende BMW C1 Cabinenroller.Bild: AP

Bei der internationalen Leitmesse für industrielle Schlüsseltechnologien sind vom 15. bis 20. April mit 6925 Ausstellern auf 250.000 Quadratmetern Messe-Fläche etwa so viele Anbieter vertreten wie 2001. "Damit trotzen wir der Konjunktur", sagte Goehrmann. Auch die Zahl der ausländischen Aussteller sei mit gut 3000 so hoch wie vor einem Jahr.

Schwerpunkt Automatisierungstechnik

Zu den Schwerpunkten der Messe gehört regelmäßig die Automatisierungstechnik. Hier präsentierten 1750 Unternehmen aus dem Maschinenbau und der Elektrotechnik Lösungen für intelligente Fabrikationsprozesse. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Mikrosystemtechnik: Hier werden Innovation der Haus- und Gebäudetechnik, in Automobilen oder in medizinischen Geräten vorgestellt.

Zahnrad Hannover Messe
Alexander Essig, Mitarbeiter der Firma Edelstahl Rosswag aus Pfinztal, poliert am Sonntag, 14. April 2002, auf der Hannover Messe ein Zahnrad.Bild: AP

Eine immer größere Rolle kommt auf der Messe auch dem Thema Umwelt zu: Unter anderem präsentiert die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) umweltentlastende Modellprojekte aus Deutschland. "Surface Technology" lautet der geheimnisvolle Begriff, hinter dem sich am Stand der DBU unter anderem umweltfreundliche Lacke, innovative Oberflächenreinigung und Kühlschmierstoffe aus tierischen Fetten verbergen.

Schwerpunkt Gesundheit

Ein weiterer Schwerpunkt ist das Thema Gesundheit: Durch eine neue Technologie können beispielsweise künstliche Knochen in nur wenigen Stunden hergestellt werden. Bislang wurden sie aus Titan hergestellt. Doch das ist aufwändig und dauert meist mehrere Wochen. Mit dem Fertigungsverfahren "Selective Laser Melting" (SLM) des Fraunhofer-Instituts können Implantate aus Computer-Daten aufgebaut werden, die direkt vom Patienten stammen. Das Implantat wird dann Schicht für Schicht aus Metallpulver hergestellt.

Einer der ersten Besucher wird traditionell Bundeskanzler Gerhard Schröder sein. Wegen der bislang noch schwächelnden deutschen Konjunktur soll seine Eröffnungsrede und der anschließende Rundgang gute Stimmung unter den Ausstellern verbreiten. Denn die Leitmesse gilt als 'Stimmungsbarometer' für die Wirtschaft.

Hannover Messe Elektrohauptschalter
Volker Braun putzt während der Vorbereitungen zur Hannover Messe am Stand der Tailfinger Firma Elektra am Sonntag, 14. April 2002, eine Glasscheibe, an der Elektrohauptschalter befestigt sind.Bild: AP

Doch Schröder wird einige Überzeugungskraft aufwenden müssen. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) zum Beispiel spricht von lahmender Weltwirtschaft und "hartnäckiger Investitionsschwäche" in Deutschland. Zudem komme die Erholung der US-Konjunktur als Antriebskraft der deutschen Wirtschaft für dieses Jahr zu spät.

Der Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) sieht die Entwicklung positiver und hofft auf eine konjunkturelle Wende in der zweiten Jahreshälfte. Allerdings sei der Weg "mit Stolpersteinen" versehen, wie ZVEI-Geschäftsführer Gotthard Graß erklärte. Dennoch betrachte er die Messe als Motor für die Wirtschaft.

Vor allem auf Interesse aus dem Ausland setzt der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski: "Da die deutsche Industrie mangels verstärkter Inlandsnachfrage besonders von Exporterfolgen abhängig ist, kommt der internationalen Besetzung der Hannover Messe eine große Bedeutung zu".

Weniger Besucher als im Vorjahr

Messegelände in Hannover
Messegelände in Hannover

Bei der Prognose für die Besucherzahlen ist die Führung der Messe-Leitung nach dem deutlichen Minus bei der CeBIT vor rund vier Wochen vorsichtig geworden: Die Veranstalter rechnen wegen der derzeitigen Sparwelle zahlreicher Unternehmen mit geringeren Besucherzahlen als im Vorjahr.

Negative Einflüsse fürchten die Wirtschaftsverbände auch durch den aktuellen Tarifkonflikt in der Metallindustrie. Im Februar äußerte ZVEI-Chef Graß die Hoffnung, Gewerkschaft und Arbeitgeber könnten sich noch vor der Hannover Messe auf einen "moderaten Tarifabschluss" einigen. Dies ist inzwischen überholt, eine Einigung ist weiter offen. "Der sich zuspitzende Tarifkonflikt hängt wie eine Gewitterwolke über der deutschen Konjunktur", klagte denn auch BDI-Präsident Rogowski. Keine guten Vorzeichen für die Hannover-Messe.