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Warum Afrikas Esel für Hautcreme sterben

Silja Fröhlich
26. September 2019

China hat es auf die Haut von Eseln abgesehen, denn die wird für die Schönheitsindustrie benötigt. Die Eselpreise in Afrika explodieren, die Tiere könnten sogar mancherorts aussterben. Das hätte schlimme Folgen.

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Äthiopische Volksgruppe der Oromos
Bild: picture alliance/WILDLIFE

Gutmütig ist er, klug und ein furchtloser Beschützer: der Esel. In Afrika waren diese Tiere noch nie wertvoller als heute. In Kenia kostet ein Esel derzeit bis zu 20.000 Kenia-Schillinge (175 Euro), vor zwei Jahren waren es noch 8.000 (70 Euro). Der Grund ist die steigende Nachfrage. Dahinter steckt das chinesische Heilmittel Ejiao. Es wird aus Gelatine hergestellt, die durch das Auskochen von Eselhaut gewonnen wird.

Ejiao soll Hautalterung, Unfruchtbarkeit und Impotenz heilen. Die Nachfrage aus China ist hoch. Der Preis liegt nach Angaben chinesischer Medien bei 780 US-Dollar (708 Euro) pro Kilo. Die Tierschutzorganisation The Donkey Sanctuary schätzt, dass die Ejiao-Industrie jedes Jahr fünf Millionen Eselhäute benötigt. Chinas eigener Eselbestand ist nach UN-Angaben aber von 11 Millionen Tieren 1992 auf 4,6 Millionen Tiere im Jahr 2018 geschrumpft. Daher müssen nun afrikanische Esel herhalten.

Esel könnten bis 2023 aussterben

Mehr als 1000 Euro bezahlen chinesische Händler für die Haut eines Esels. Vor allem Kenia ist seit drei Jahren ein Epizentrum des Eselhandels. Vier lizenzierte Schlachthöfe existieren derzeit im Land. Nach offiziellen Angaben werden dort täglich 1000 Esel geschlachtet. "Doch die Zahlen der kenianischen Regierung decken sich nicht mit den Daten, die wir aus den Schlachthäusern haben. Es werden viel mehr Felle aus den Schlachthäusern transportiert. Wie das Eselfleisch genau entsorgt wird, wissen wir immer noch nicht. Es wird in Kenia nicht konsumiert", sagt Daniela Schrudde, Programmdirektorin der Welttierschutzgesellschaft im DW-Interview.

China hungert nach Eselshaut
China importiert jedes Jahr tausende Eselhäute aus AfrikaBild: picture-alliance/dpa/S. Sobgo

Mehr als 300.000 kenianische Esel sollen wegen ihrer Haut bisher geschlachtet worden sein. Das geht aus einer Studie der Kenya Agriculture and Livestock Research Organization (KALRO) hervor. "Wenn die Regierung die Schlachtungen nicht reguliert, sind Kenias Esel in Gefahr", warnt KALRO-Expertin Monica Maichomo im DW-Interview. Sie fürchtet, dass Kenias Esel bis 2023 aussterben könnten.

Diebstähle nehmen zu

Allein in Kenia sollen zwischen April 2016 und Dezember 2018 4000 Esel gestohlen worden sein. "Eselbesitzer beschweren sich und müssen Wege finden, ihre Esel zu schützen", sagt Maichomo. Dafür würden sie nachts Wachmänner einsetzen und die Esel in Kammern neben ihren Schlafzimmern einschließen.

Lesen Sie mehr: China in Afrika: Guter Kreditgeber, schlechter Kreditgeber

Auch in Ländern wie Uganda, Botswana, Niger, Burkina Faso, Mali und Senegal, wo der Handel mit den Nutztieren bereits verboten ist, fallen Esel Dieben zum Opfer. "Die Menschen sind morgens aufgewacht und fanden ihre gehäuteten toten Tiere vor. Das Fleisch war noch an den Kadavern. Das fanden wir sehr seltsam. Warum sollten Diebe nur die Haut stehlen?", sagt Alex Mayers von The Donkey Sanctuary. Seit drei Jahren verzeichnet die Tierschutzorganisation immer wieder solche Fälle in verschiedenen afrikanischen Ländern.

Simbabwe Esel sucht Wasser
Bis 2023 könnten die Vierbeiner in Kenia ausgestorben seinBild: Reuters/P. Bulawayo

Fehlende Lebensgrundlagen

Der Verlust der Esel sei für die lokale Bevölkerung fatal, sagt die kenianische Expertin Monica Maichomo. "Menschen nutzen Esel für den Transport von Waren und Menschen, auf den Farmen und um Wasser zu holen. Manche finanzieren mit dem Esel die Ausbildung der Kinder."

Zuchtprogramme können das Problem nicht lösen. Esel pflanzten sich sehr langsam fort und seien anfällig für Krankheiten, sagt Daniela Schrudde von der Welttierschutzgesellschaft. "Außerdem müsste viel Futter und Wasser für die Haltung produziert werden, das kann kein Staat leisten."

Resolutionen zur Eselrettung

Afrikas Esel waren auch Thema der dritten Africa Animal Welfare Konferenz in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba Anfang September. 200 Teilnehmer aus 27 Ländern hatten das Thema kurzfristig auf die Agenda gesetzt. Kritik gab es vor allem an Kenia für die massenhafte Schlachtung von Eseln. Er wolle Beweise dafür sehen, forderte dagegen der kenianische Regierungsvertreter Michael Cheruiyot.

Schrudde hofft auf ein Einsehen der kenianischen Regierung. "Nur mit ihrer Hilfe lässt sich diese Esel-Dramatik unterbinden." Bis November wollen die Teilnehmer der Konferenz Resolutionen zur Rettung der Esel verabschieden.

China hungert nach Eselshaut
In Burkina Faso ist der Handel mit Eselshaut mittlerweile illegalBild: picture-alliance/dpa/S. Sobgo

"Wir wollen keine toten Esel"

Tierschutzorganisationen fordern, den Handel von Eselhaut zu verbieten, bis nachgewiesen werden kann, dass er sowohl für Esel als auch für die von ihnen abhängigen Gemeinschaften nachhaltig ist. "Ein Verbot des Esel-Handels wird Druck auf den chinesischen Markt ausüben," glaubt Experte Mayers von The Donkey Sanctuary. Das könnte dazu führen, dass nach Ersatzstoffen gesucht werde. Ein Beispiel seien pflanzliche oder in Laboren hergestellte Ersatzmittel.

Am Besten sei es, wenn sich die betroffenen Gemeinden gegen den Esel-Handel auflehnten, sagt Daniela Schrudde. "In Ländern, wo der Handel verboten wurde, haben die Menschen gesagt: 'Unser Alltag ist durch den Verlust der Esel so stark eingeschränkt, bitte macht etwas. Wir wollen unsere Tiere schützen'."

Auch für die kenianische Forscherin Maichomo ist die Sache klar. China, das die Eselhäute aus Kenia kaufe, würde durch den Verkauf von Ejiao den Löwenanteil bei dem Geschäft verdienen. Den meisten Kenianern bringe ein lebendiger Esel aber mehr Geld ein als ein toter, sagt Maichomo. Die Forderung ihrer Landsleute sei daher: "Wir wollen lebendige und keine toten Esel."