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Warum hat das Tesla-Auto versagt?

Judith Hartl2. Juli 2016

Der tragische Unfall eines selbstfahrenden Tesla Wagens, bei dem ein Fahrer starb, zeigt die Schwächen voll- und teilautonomer Autos. Und das bedeutet: Fahrer dürfen sich noch längst nicht auf die Technik verlassen.

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Tesla Motors Logo Felge
Bild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Erst kürzlich wurde bekannt, dass vor einigen Wochen ein schwerer Unfall eines autonom fahrenden Tesla-Fahrzeugs in Florida ein Menschenleben gekostet hat. Die genaue Rekonstruktion des Unfallhergangs durch die Behörden und damit auch die Klärung der Schuldfrage wird sicher noch einige Monate in Anspruch nehmen. Dennoch ist klar, dass kein Sensorsystem komplexe Verkehrssituationen so gut erfassen kann wie ein gesunder Mensch mit all seinen Sinnen. Einige Fragen und Antworten zum Unfall und zum autonomen Fahren.

Welche Sensoren hatte der verunglückte Tesla-S?

Das Fahrzeug verfügte sowohl über einen Radar als auch über optische Sensoren. Der Radar erkennt reflektierende Gegenstände wie etwa Metall, Gestein oder auch Asphalt. Die optischen Kameras nehmen die Umgebung als Pixelwolke wahr. Aus der Bewegung der Punkte errechnen sie, ob Personen in den vorausberechneten Weg des Autos laufen oder ob Fahrzeuge hineinfahren.

Was ist über den Unfallhergang bekannt?

Bekannt ist, dass der Autopilot aktiviert war und ein großer LKW seitlich in die Straße eingefahren ist. Der Tesla S ist wahrscheinlich ungebremst von der Seite unter den Anhänger des LKW gefahren. Die untere Kante des Anhängers schlug in die Windschutzscheibe des Tesla ein. Tesla erklärte in einem Blogpost dass die Lichtverhältnisse ungewöhnlich gewesen seien: Der LKW habe eine weiße Seitenwand gehabt, die sich vor dem hellen Himmel nur wenig abhob.

Warum haben die Sensoren den LKW nicht erkannt?

Darüber läßt sich zum jetzigen Zeitpunkt nur spekulieren. Auf jeden Fall muss man die beiden Sensorsysteme separat betrachten. Es ist möglich, dass die Optik den LKW als solchen nicht erkannt hat, weil er sich nicht vom hellen Hintergrund abgehoben hat. Warum der Radar nichts gesehen hat ist schwieriger zu beantworten: Möglicherweise war die Mitte des LKW-Anhängers zu hoch, um von den Radarsensoren, die in der Stoßstange angebracht sind, erfasst zu werden.

Warum hat der Fahrer nicht gebremst?

Das weiß mit Sicherheit keiner. Tesla erklärt seinen Fahrern, dass sie auch bei aktiviertem Autopiloten, dem Verkehr immer volle Aufmerksamkeit widmen müssen. Nimmt der Fahrer die Hände vom Steuer, gibt es eine Warnmeldung und der Wagen reduziert die Geschwindigkeit immer weiter, bis der Fahrer wieder zupackt.

Die Software des Autopiloten war eine Beta-Version. Bei Computersoftware werden solche Versionen Kunden gerne angeboten, um Erfahrungen zu sammeln bevor die endgültige Version auf den Markt kommt. Kritiker haben angemerkt, dass dies im Falle so sensibler Technik vielleicht nicht gerechtfertigt sei.

Ein Laserscanner auf dem Dach des autonomen Fahrzeuges der Universität der Bundeswehr/ München erkennt die Umgebung und stellt daraus eine dreidimensionale Karte her. Der Computer stellt diese Karte so dar, dass man den Wagen von oben verfolgen kann. Aufgenommen bei einer Übung im Rahmen des Eurathlon 2013 in Berchtesgaden (Foto: Universität der Bundeswehr/TAS)
Die Universität der Bundeswehr experimentiert mit autonomen Fahrzeugen, die ihre Umgebung mit Laserscanner abtasten.Bild: Universität der Bundeswehr/TAS

Welche Schwächen haben optische Sensoren?

Optische Sensoren haben bei selbstfahrenden Autos viele Aufgaben: Sie sollen Verkehrszeichen und Ampeln erkennen, Fußgänger, Kinder, Tiere und Fahrradfahrer. Aber sie können bei schlechten Sichtverhältnissen versagen. Wie Menschen können auch sie durch Gegenlicht geblendet werden.

Darüber hinaus können Nebel, Schnee, Starkregen und Dunkelheit dazu führen, dass die Sensoren nicht mehr alles richtig erkennen. Auch heftiger Wind bei stark belaubten Bäumen im Herbst kann Probleme aufwerfen

Es gibt neben Kamerasensoren auch noch die Möglichkeit, die Umgebung durch einen rotierenden Laserscanner abzutasten. Diese werden aber in Fahrzeugen auf dem Markt kaum verbaut.

Welche Schwächen haben Radarsensoren?

Radarsensoren erkennen vor allem andere Autos und harte Oberflächen. Auch sie können durch Regen, Nebel und Schnee verwirrt werden, aber nicht durch Gegenlicht. Dafür können kurvige oder hügelige Straßenverläufe einen Radar zu Fehlanalysen verleiten. Fährt das Auto zum Beispiel in eine Senke oder die Straße hebt sich vor dem Auto, kann es passieren, dass der Asphalt das Radarsignal reflektiert. Dann denkt sich das Auto: 'Ein Fahrzeug fährt voraus' und reduziert die Geschwindigkeit - auch wenn die Straße frei ist. Auch schwierig für den Radar einzuschätzen ist entgegenkommender LKW-Verkehr auf einer engen Landstraße. Der reicht unter Umständen schon aus, um eine Bremsung einzuleiten.


Welche Schwächen hat das Auto-Gehirn?

Am schwierigsten beim autonomen Fahren ist die intelligente Programmierung des Auto-Gehirns. Wann soll es die Entscheidung treffen zu bremsen oder auszuweichen? Auf der Autobahn, wo praktisch nur Auto- und Motorradfahrer als Verkehrsteilnehmer auftreten, die Straßen sehr breit sind und alle in eine Richtung verlaufen, ist das noch relativ einfach. Im Stadtverkehr oder auf bewaldeten Landstraßen wird es hingegen sehr unübersichtlich.

Typische Fehlentscheidungen treten zum Beispiel auf, wenn es Gegenverkehr gibt: Fährt ein entgegenkommendes Auto auf eine Linksabbiegerspur und das auch noch auf einer ungünstig verlaufenden kurvigen Straße, kann das bereits dazu führen, dass das autonome Auto eine Bremsung einleitet. Ähnliches tritt auf, wenn ein anderer Wagen an der Straße parkt, aber daneben noch genug Platz wäre, um vorbeizufahren. Vielleicht hält das autonome Auto dann einfach an.