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Schlupflöcher für Firmen im US-Steuerrecht stehen erneut unter Beschuss

Paul-Christian Britz (New York)29. August 2014

Die Fastfood-Kette Burger King will ihren Firmensitz in den USA aufgeben und nach Kanada ziehen, um Steuern zu sparen. Das hat die hitzige Debatte um das amerikanische Steuerrecht neu entfacht.

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Kanada USA Wirtschaft Logo von Burger King und Tim Hortons
Bild: picture-alliance/AP Images

"Wenn Firmen versuchen, ihren Steuern zu entgehen, schadet das den Finanzen unseres Landes, es erhöht unser Defizit und schwächt die USA als Investitionsstandort." US-Präsident Barack Obama scheint verärgert. In einer Rede vor nicht einmal einem Monat nannte er das Verhalten von Firmen, die den Steuerbehörden zu entkommen versuchen, "unpatriotisch".

Ein verbaler Angriff auf die amerikanische Unternehmensmoral und ein Versuch, mehr Solidarität zu erreichen, um "gemeinsam aufzusteigen oder zu scheitern, als eine Nation und ein Volk." Hehre Worte - gebracht haben sie wenig.

Der Trick mit der Umkehrung

Burger King hat nun die Debatte um US-Unternehmenssteuern wieder angeheizt. Das Unternehmen will die kanadische Kaffee-und-Donut-Kette Tim Hortons übernehmen. Auch will man den Hauptsitz nach Kanada verlagern. Diese Übernahme, da sind sich die meisten Experten an der Wall Street einig, soll Steuern sparen.

Der Trick wird im Amerikanischen "tax inversion" genannt - zu deutsch: Steuerumkehrung. "Wenn ein Amerikaner kein US-Staatsbürger mehr sein will, ist das ganz schön schwierig. Für eine Firma aber ist es viel einfacher", sagt Daniel Shaviro, Professor für Steuerrecht an der New York University. "Man muss sich nur von einer ausländischen Firma kaufen lassen und ihr Tochterunternehmen werden."

Offiziell wird es also nicht die größere 'Mutter' Burger King sein, die Tim Hortons kauft, sondern umgekehrt. Die Firmen tauschen ihre Rollen, daher der Begriff Umkehrung. "Wenn zwei Firmen fusionieren oder eine die andere kauft, ist es nur eine Formsache, wer der Käufer ist", sagt Shaviro. Alle Aktieninhaber erhalten anschließend Anteile am Gesamtunternehmen, "völlig egal, wer wen geschluckt hat", erklärt er. "Die Aktionäre von Burger King hätten noch immer die Mehrheit am Unternehmen."

Kein Alleingang

Und Burger King ist in guter Gesellschaft: Allein in diesem Jahr haben Pfizer, Abbvie und Medtronic aus dem Gesundheitsbereich sowie Chiquita und Walgreens erklärt, sie wollten ihren Hauptsitz durch Fusionen ins Ausland verlagern, meist nach Europa. Einige haben es sich anders überlegt, so wie Walgreens, aber die meisten Übernahmen sind noch in der Schwebe.

Die Steuerquoten für Unternehmen in den USA gehören zu den höchsten weltweit, räumt Shaviro ein, "aber es gibt genug Schlupflöcher und Möglichkeiten, das Geld in Steueroasen zu verschieben, wo der Steuersatz niedriger ist oder sogar bei Null liegt".

Besonders pikant: Wenn US-Firmen ihr Geld im Ausland geparkt haben, werden ihre Steuern so lange ausgesetzt, wie das Geld im Ausland bleibt. "Das ist eine Regel, die es derzeit nur in den USA gibt", sagt Shaviro. Einige dieser Firmen haben kein Interesse, ihr Geld jemals wieder zurück zu bringen.

Buffet mischt mit

Sogar der Multi-Milliardär und Großinvestor Warren Buffet, Chef des Investmentfonds Berkshire Hathaway, hat sich in die Burger-King-Übernahme eingemischt. Er will einen Teil der Fusion finanzieren.

Buffet hat sich bisher öffentlich für ein gerechteres und einfacheres Steuersystem stark gemacht. Allerdings sieht er keinen Grund, mehr Steuer zu bezahlen, als von ihm gefordert wird. "Ich arbeite für andere Menschen", sagte Buffet in einem Interview im Frühjahr gegenüber dem Nachrichtensender CNN, "man hat mich nicht eingestellt, um die Regierung finanziell zu unterstützen."

Die Steuerflucht großer US-Konzerne ist keine neue Entwicklung. Vor mehr als zehn Jahren eröffneten eine Reihe von US-Firmen Niederlassungen in Steueroasen wie den Bermudas oder den Cayman-Inseln, und erklärten diese dann zu ihrem Hauptsitz.

"Diese Umkehrungen waren eigentlich komplette Scheingeschäfte", sagt Steuerrechtsprofessor Daniel Shaviro. Um sie zu unterbinden, verabschiedete der Kongress ein "Anti-Inversion-Gesetz" und verbot damit den schlichten "Umzug" aus Gründen der Steuerersparnis.

Warnsignal für Washington

Heute müsse ein tatsächliches Geschäft stattfinden, das auch abgesehen von Steuervorteilen ökonomischen Sinn ergibt. Trotzdem sorgt die aktuelle Welle von Steuerflüchtlingen für Aufregung und macht auch Shaviro nervös.

"Diese Geschäfte wirken sich negativ auf die USA aus", sagt er. "Wenn Firmen Vorteile von etwas haben, das dem Rest von uns schadet, dann sollten wir das stoppen." Eine der Lösungen, die er vorschlägt: "Vielleicht sollten die aufgeschobenen Steuern auf ausländische Gewinne automatisch fällig werden, wenn eine US-Firma durch Fusion ihren Sitz ins Ausland verlagert."

Die Regierung in Washington hat sich noch nicht zu Wort gemeldet, seit Burger King seine Pläne bekannt gegeben hat. Kongressabgeordnete der Republikaner und der Demokraten aus den Bundesstaaten Indiana und Nevada erklärten jedoch gegenüber dem Fernsehsender CNBC, sie würden über die Parteigrenzen hinweg am Problem arbeiten. Die gehäuften Fälle versuchter Steuerflucht seien ein Warnsignal, dass die Steuergesetze für Unternehmen dringend reformiert werden müssten.