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Was ist "Geschichte"?

Ivica Petrovic / (pt)25. November 2002

Der Balkankrieg und sein Davor und Danach haben tiefe Wunden gerissen - bis hin zum offenen Hass. Von daher ist es nicht leicht, dem Nachwuchs ein objektives Geschichtsbild zu vermitteln. Ein neues Lehrbuch soll helfen.

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Die Augen nicht verschließen: Erinnerung an das Massaker von SrebrenicaBild: AP

Historiker wie der Grieche Costa Carras haben bei der Durchsicht der "alten" Geschichtsbücher festgestellt, dass sie zwar den nationalen Geist förderten, dafür aber manchmal an der geschichtlichen Wahrheit vorbei gingen. Höchste Zeit für neue Einblicke, meint auch Dusan Reljic, Vorstandsmitglied des "Zentrums für Demokratie und Versöhnung". Denn: "Die Konflikte, die bei uns in den letzten zehn Jahren passiert sind, werden oft durch die Geschichte gedeutet oder gerechtfertigt", so Reljic.

Neue Einsichten

Ein neues Lehrbuch soll entwickelt werden - gedruckt in zehn Sprachen und einheitlich gültig in elf Ländern der Region: Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Zypern, Griechenland, Mazedonien, Rumänien, Slowenien, Türkei und Jugoslawien. Es soll die verschiedenen Sichtweisen der Geschichte Südosteuropas beinhalten. Kürzlich traf sich in Belgrad eine Gruppe Historiker aus den südosteuropäischen Ländern, um die Grundlagen dafür zu diskutieren.

Es sei besonders wichtig, dass in dem neuen Lehrbuch mehr Informationen über die (geografischen) Nachbarn stehen. Denn viele Vorurteile entstehen aus Unkenntnis. Besonders die Vermittlung der jüngsten Geschichte ist häufig einseitig. Nationale oder gar nationalistische Interessen stehen im Vordergrund. Sogar internationale Organisationen haben mehrfach darauf hingewiesen und davor gewarnt.

Recherche mit internationaler Hilfe

Das neue Lehrwerk soll allerdings nicht die bestehenden ersetzen, so die Initiatoren - in diesem Fall das "Zentrum für Demokratie und Versöhnung" und die Finanzierungsgeber, die amerikanische Organisation USAID und das deutsche Außenministerium. Man hoffe darauf, dass die Lehrbücher als Ergänzungs-Literatur genutzt werden.

Die Historiker wollen dazu Original-Quellen aus elf Ländern zu vier historischen Themen verwenden: zum Ottomanischen Imperium, zu den Balkan-Kriegen Anfang des 20. Jahrhunderts, zum Zweiten Weltkrieg und zur Gründung der Nationalstaaten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Zielgruppe des Lehrbuchs sind Schüler der Grund- und Mittelschulen.

An dem Geschichtsbuch-Projekt sollen sowohl Regierungs- als auch Nichtregierungs-Organisationen sowie Medien beteiligt werden. Wichtig sei, so betonen die Förderer, dass diese Idee aus der Region stamme, also nicht aufgezwungen sei. Ziel ist es, das Projekt in den nächsten 18 Monaten abzuschließen und die Lehrbücher in allen elf Ländern der Region zu verteilen.