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Was machen eigentlich Heilpraktiker?

Gabriel Borrud14. September 2015

Heilpraktiker im Drogenrausch. So geschehen kürzlich in Norddeutschland. Die Polizei ermittelt. Andreas Brieschke erklärt im Interview, warum Heilpraktiker die strengen Regeln für Ärzte nicht immer befolgen müssen.

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Massenvergiftung mit Drogen in Handeloh (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/AP Photo/C. Butt

DW: Nach dem Drogenexperiment in Norddeutschland schmunzelt die Welt über Deutschlands Heilpraktiker. Wir fragen deshalb den Heilpraktiker Andreas Brieschke, was seinen Berufsstand vom Schulmediziner unterscheidet. Herr Brieschke, dürfen Sie zum Beispiel Medikamente verschreiben?

Andreas Brieschke: Ja, aber nur Medikamente, die man auch frei in einer Apotheke erwerben kann. Ich kann zum Beispiel Heilkräuter, homöopathische Mittel oder Mineralien verschreiben, aber ich darf keine stärkeren Medikamente verordnen - keine Antibiotika oder ähnliches.

Was ging Ihnen durch den Kopf, als sie erfuhren, dass Ihre Kollegen die psychoaktive Droge 2c-e auf einem Seminar genommen haben?

Ich habe keine Ahnung, was die da gemacht haben. Absolut keine Ahnung. Wir sind noch nicht einmal sicher, ob das wirklich Heilpraktiker waren. Vielleicht hat ihnen auch einfach jemand einen bösen Streich gespielt.

Es ist also nicht normal für Heilpraktiker in Deutschland, dass sie die medizinische Ethik verletzen und zum Beispiel verbotene Drogen verschreiben?

Nein! Auf keinen Fall. Die Antwort ist klar und deutlich: nein!

Haben Sie schon einmal von Kollegen gehört, die illegale Drogen verschreiben?

Ihren Patienten? Nein. Es gibt in jedem Beruf verrückte Leute. Und wir waren alle einmal jung und haben alle einmal experimentiert. Aber warum sollte man so gefährliche Drogen nehmen oder verschreiben? Das widerspricht den Grundlagen unserer Arbeit mit dem Patienten. Das Allerwichtigste ist doch, dass ich ihre Gesundheit nicht gefährde. Jeder Heilpraktiker ist gesetzlich nur dem Wohle des Patienten verpflichtet.

Symbolbild Pillen (Foto: Colourbox)
Nichts für seriöse Heilpraktiker: Illegale DrogenBild: Colourbox

Haben Heilpraktiker nicht trotzdem größere Freiheiten als Ärzte?

Absolut. Wir haben sehr große Freiheiten. Wenn man zynisch wäre, könnte man vielleicht sagen, wir haben die Lizenz zum Töten. Ich kann - rein theoretisch - machen was ich will.

Und Medikamente verschreiben wie Sie möchten?

So kann man das sagen. Natürlich nur mit den oben erwähnten Einschränkungen. Ein normaler Arzt kann unter etwa zehn verschiedenen Medikamenten auswählen, wenn er kleine Beschwerden behandelt. Also zum Beispiel Antibiotika, Cortison, Fiebermittel… . Viel ist das nicht.

Ein Heilpraktiker hat die Auswahl unter 100 verschiedenen Heilkräutern. Wenn ich nur fünf davon in einen Tee gebe, habe ich schon unglaublich viele Kombinationsmöglichkeiten. Ich kann ein speziell zugeschnittenes Mittel herstellen. Ich konzentriere mich auf den Patienten, auf das menschliche Wesen vor mir, und nicht auf die Krankheit. Das ist schon ein großer Unterschied.

Tee mit Zitronenverbene und Marokko-Minze
Kann heilende Wirkung haben: KräuterteeBild: Fotolia/Heike Rau

Natürlich helfen wir den Patienten, ihre Krankheit zu besiegen, aber wir wollen vor allen Dingen ihre inneren Abwehrkräfte aktivieren, darunter auch Dinge, die Schulmediziner völlig außer acht lassen. Ich liebe diese Arbeit.

Was war das verrückteste Mittel, das sie bis jetzt verschrieben haben?

Das verrückteste? [Er lacht] Manchmal empfehle ich Urin.

Urin?

Ja, Urin. Er hilft gegen Hautreizungen. Manchmal benutze ich auch Blutegel. Sie reinigen das Blut. Dazu eine Anekdote: Eine Patientin fragte für eine Freundin, was die gegen Eiterpickel auf dem Hintern machen könnte. Ich gab ihr eine Empfehlung, und darauf machte sie einen Termin und stand später in meinem Büro; eine sehr hübsche Frau. Und ich platzierte die Blutegel auf ihrem Hintern. Das war eine sehr skurrile Situation.

Blutegel-Therapie (Foto: dpa)
Soll auch gegen Pickel helfen: Blutegel-TherapieBild: picture-alliance/dpa/S. Jansen

Erzählen Sie noch eine Geschichte!

Als Heilpraktiker ist man immer sehr nah bei den Leuten. So wie die Landärzte, die die ganze Familie vom Kind bis zur Urgroßmutter behandeln. Und außerdem Kühe und Katzen, also quasi jeden, der ihnen über den Weg läuft. Der Heilpraktiker ist eine Art medizinische Autorität. Kein Spezialist für zum Beispiel Diabetes - da braucht man wirklich einen Experten - aber bei 99 Prozent der Beschwerden kann er helfen. Mit sehr einfachen Mitteln.

Aber dabei wird er nie zum Drogendealer?

Nein. [Pause] Auf keinen Fall.