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Nachhaltige Alternativen zu Fleisch

12. Mai 2020

Die Corona-Ausbrüche in mehreren Schlachthöfen rücken unseren Hunger nach Fleisch in den Fokus. Der führt neben schlechten Arbeitsbedingungen auch zu vielen Umweltschäden. Aber: Wie werde ich ohne Fleisch satt?

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Gericht mit Reis Broccoli und Tofu
Bild: Imago Images/Panthermedia

Nach den Corona-Ausbrüchen in verschiedenen Schlachtfirmen in Deutschland und den USA stellt sich manch einer vielleicht die Frage: Wie kann ich Fleisch ersetzen?

Der eine möglicherweise aus Sorge, die Fleischproduktion könnte einbrechen, der andere vielleicht aus ethischen Gründen. Der Blick auf den "Corona-Hotspot Schlachthof" macht die zumeist katastrophalen Arbeitsbedingungen in der industriellen Fleischproduktion deutlich.

Dass diese nicht nur Menschen sondern auch der Umwelt und dem Klima schadet, vom Tierleid ganz zu schweigen, ist nicht neu. Bereits 14,5 Prozent der global durch den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen entstammen dem Sektor der Tierproduktion.

Rinderhälften in einem Schlachthof
Viele Arbeitskräfte in Schlachthöfen sind bei Subunternehmern angestellt - oft zu extrem schlechten BedingungenBild: picture-alliance/dpa/O. Krato

Auch unsere Nutztiere und ihre Hinterlassenschaften verursachen Umweltschäden: Rinder produzieren klimaschädliches Methangas, die enormen Güllemengen gefährden das Grundwasser.

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Doch weltweit steigt der Fleischkonsum - auch in den Entwicklungsländern. Fatal, schaut man auf die hohen Verluste von Nährstoffen: Aus elf Kilogramm pflanzlichem Protein wird durchschnittlich nur ein Kilogramm Tier-Protein in Form von Fleisch.

Dabei gibt es viele Alternativen zum Steak und zu Würsten aus Tierfleisch. Und die meisten sind sogar kalorienärmer, enthalten kein Cholesterin und machen lange satt.

Zwei Hälften eines vegetarischen Burgers
Fleischersatz gibt es in vielen Varianten - hier ein vegetarischer Burger-BratlingBild: picture-alliance/AP Photo/R. Drew

1. Soja-Produkte: Schnitzel, Tofu, Tempeh

Der typische Fleischersatz in den Supermärkten Europas, Nordamerikas und Australiens besteht aus Soja. Von Burgern über Gulasch, Geschnetzeltem, Würstchen oder Aufschnitt ist vieles so gewürzt und geformt, dass es den tierischen Produkten ähneln sollte. In der Heimatregion Asien wird Soja vielfach entweder als ursprüngliche frische Bohne, Edamame oder aber als Tofu und Tempeh verwendet.

Der Eiweißanteil in den trocknen Sojabohnen ist mit 35 bis 40 Prozent sehr hoch. Zusätzlich enthält die Bohne viele essentielle Aminosäuren, die der menschliche Körper für die Proteinaufnahme braucht.

Wichtig zu wissen: Nach dem Garen sinkt der Proteingehalt der Bohnen auf etwa zwölf Prozent. Bei Tofu liegt er zwischen sieben und 15 Gramm, Tempeh und Soja-Geschnetzeltes weisen 18 bis 20 Prozent Proteine auf.

Eine Hand hält eine trockene Sojaschote
Sojabohnen enthalten viel pflanzliches EiweißBild: picture-alliance/dpa

Zusätzlich zum Eiweiß enthalten Sojabohnen viele ungesättigte Fettsäuren und fettlösliche Vitamine. Zum Vergleich: 100 Gramm rohes Schweinefleisch weisen laut GU-Nährwert-Kalorien-Tabelle rund 18 Prozent Eiweiß auf.

80 Prozent der weltweiten Sojaerntestammt aus den USA, Brasilien und Argentinien , doch dieses Soja, das zu einem hohen Anteil gentechnisch verändert ist, wird vor allem als Tierfutter in die ganze Welt verschickt. Für Tofu-Schnitzel wird also kein Regenwald abgeholzt.

Auch in Europa wird mittlerweile Soja angebaut, allerdings sind die Anbaubedingungen nicht ideal, da die Bohnen aus den Subtropen stammen und es feucht und warm brauchen. Im Wasserverbrauch schneidet die Sojabohne zwar im Vergleich zu Fleisch gut ab, andere Hülsenfrüchte brauchen aber noch weniger Wasser.

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2. Lupine

In Deutschland finden sich immer häufiger auch Fleischersatz-Produkte aus Süßlupinen in den Regalen - Lupinen-Geschnetzeltes oder Lupinen-Steak sind längst keine Seltenheit mehr. Geläufiger ist der Einsatz der Lupine als Milch-, Joghurt- oder Ei-Ersatz. Auch in glutenfreien Backprodukten wird sie verwendet, da sie kein Gluten enthält.

Lupinen als Fleischersatz

Der Eiweißgehalt der Lupine kann sich sehen lassen: Er liegt bei mindestens 40 Prozent in den trockenen Früchten. Dazu kommen Vitamine und Mineralstoffe. Im Gegensatz zur Sojabohne bieten Lupinen den Vorteil, dass sie auch mit Trockenheit klarkommen und gut auf Kalk- und Sandböden wachsen. Dadurch sind etwa in Europa die Bedingungen für ihren Anbau besser als für Sojabohnen.

3. Weitere Hülsenfrüchte

Auch Bohnen, Linsen und Erbsen haben recht viel Eiweiß. Grüne Erbsen enthalten im trockenen Zustand rund 23 Prozent und im gegarten acht Prozent Eiweiß, die meisten Bohnensorten liegen im Garzustand zwischen acht und zehn Prozent - mehr als die Hälfte von Schweinefleisch.

Zwar gibt es diese Hülsenfrüchte (noch?) nicht als Würstchen oder Schnitzel, aber ein Chili sin Carne kann sich in Hinsicht auf die enthaltenen Proteine durchaus sehen lassen und ein Aufstrich aus braunen Tellerlinsen die Leberwurst ersetzen. Fügt man diesem noch Grünkern, Dinkel oder proteinhaltige Haferflocken (17 Prozent Eiweiß) zu, ist das nicht nur lecker sondern auch gesund. Denn die Kombination von Eiweiß mit Getreide aber auch mit Nüssen und Samen ist für die Aufnahme der Proteine ideal.

Sojafeld in Österreich
Hülsenfrüchte (Leguminosen), wie hier Sojabohnen, holen durch Bakterien an ihren Wurzeln Stickstoff aus der Luft Bild: picture-alliance/B.Baldrian

Alle Hülsenfrüchte, also auch Sojabohnen und Lupinen, wirken sich günstig auf den Boden aus. Da sie mit Hilfe von Knöllchenbakterien Stickstoff aus der Luft beziehen, brauchen sie kaum Dünger. Außerdem reichern sie den Boden mit Humus an.

4. Seitan – Fleischersatz aus Weizenprotein

Dieser Fleischersatz besteht aus Weizeneiweiß (Gluten). In der Konsistenz ist Seitan leicht faserig und wird deshalb vor allem für fertige Fleischalternativen verwendet. Bei der Herstellung werden Mehl und Wasser zu einem Teig verarbeitet, dem wird durch mehrfaches Auswaschen die Stärke entzogen, bis die Eiweißmasse übrig bleibt.

Getreideähren in der Sonne
Auch aus Getreide lässt sich Fleischersatz herstellenBild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst

Durch den Prozess geht allerdings, wie beim Tofu, ein großer Teil der Vita­mine und Mineralstoffe verloren. Außerdem sind den Produkten meist viele Geschmacksstoffe und Verdickungsmittel beigefügt. Allerdings punktet Saitan gegenüber Soja durch den vielfach regional möglichen Anbau von Weizen oder Dinkel

5. Sonnenblumenhack

Für diese Art "Hackfleisch" aus Sonnenblumenkernen wird der Pressrückstand verwendet, der nach der Ölgewinnung übrig bleibt. Dieser enthält viel Eiweiß, alle essentiellen Aminosäuren und viele B-Vitamine.

Eine Sonnenblume vor blauem Himmel
Sonnenblumen sind schön, wachsen in vielen Ländern und haben sehr nährreiche Kerne Bild: Imago/Hanke

Generell haben alle Nüsse und Samen einen sehr hohen Eiweißgehalt. Hanfsamen liegen mit mehr als 31 Prozent an der Spitze, fast ebenso viel haben Kürbiskerne, es folgen Erdnüsse (26 Prozent), Mandeln (21 Prozent) und eben Sonnenblumenkerne (19 Prozent). Außerdem enthalten Nüsse und Samen wertvolle ungesättigte Fettsäuren. Das macht sie - ungepresst - allerdings auch zu ordentlichen Energieträgern.

6. Schimmelpilz statt Hühnchen

Dieser Fleischersatz nennt sich "Quorn" und wird aus fermentierten Schimmelpilzen hergestellt. Zusätzlich werden ihm noch Vitamine, Mineralstoffe und Hühnereiweiß beigefügt. Vegetarier können ihn angebraten genießen, für Veganer ist dieses stark verarbeitete Produkt keine Alternative. Seine Klimabilanz dürfte dennoch besser sein als die eines Steaks - und sei es nur, weil die Herstellung von Eiern nicht ganz so viele Ressourcen verbraucht, wie die von Fleisch.

Ein Camembert liegt neben Trauben auf einem Holzbrett
Schimmelpilze werden auch bei der Käseproduktion - etwa für Camembert - eingesetztBild: picture-alliance/dpa/L.Halbauer

Das B-12-Problem

Bei allen Vorteilen, die pflanzlicher Fleischersatz bietet - ein essentieller Nährstoff fehlt dabei: Vitamin B12. Dieses enthalten in ausreichender Bioverfügbarkeit nur Tierprodukte. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt eine Zufuhr von drei Mikrogramm pro Tag. Das entspricht rund 100 Gramm Rindfleisch oder Lachs, 150 Gramm Käse oder einem halben Liter Vollmilch. Wer gar keine tierischen Produkte zu sich nimmt, muss daher auf Nahrungsergänzungsmittel zurückgreifen.

DW-Redakteurin Jeannette Cwienk
Jeannette Cwienk Autorin und Redakteurin mit Fokus auf Klima- und Umweltthemen