1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Web Index warnt vor Ignoranz im Netz

Stephanie Höppner 24. November 2013

Die Deutschen amüsieren sich lieber im weltweiten Netz als sich dort politisch zu organisieren. Vom Web Index 2013 gibt es deshalb für die Bundesrepublik deshalb nur Platz 16. Experten sehen Nachholbedarf.

https://p.dw.com/p/1ANIC
Hände auf Tastatur (Foto: Fotolia)
Bild: Fotolia/pressmaster

Morgens der Wetterbericht, tagsüber Mails und Google, am Feierabend die Lieblingsserie: Für viele Deutsche ist das Internet ein ständiger Begleiter für Freizeit und Arbeit. Doch das Internet bietet für viele Menschen auch politisches Potential, wie der jetzt veröffentlichte Web Index 2013 herausstreicht. Denn soziale Medien, Blogs und Homepages können - wie etwa die Proteste im Arabischen Frühling gezeigt haben - Gleichgesinnte zusammen bringen und Missstände anprangern.

Der am Freitag veröffentlichte Report zeigt deshalb, wie sich das Internet in 81 erfassten Ländern auch auf die Menschenrechte auswirkt. Deutschland landete mit Platz 16 lediglich im oberen Mittelfeld. Schweden erreichte den Spitzenplatz. Herausgegeben wurde der Web-Index von der "World Wide Web Foundation", die 2009 von Tim Berners-Lee gegründet wurde. Berners-Lee gilt als Gründungsvater des für jeden zugänglichen weltweiten Netzes.

Deutschlands Politikmuffel

Die vom Web Index vergebenen mäßigen Noten für Deutschland erklären sich vor allem aus dem Nutzungsverhalten der Bundesbürger, sagte Jeanette Hofmann, Direktorin des Humboldt-Instituts für Internet und Gesellschaft, im DW-Interview: "Vor allem in gesellschaftliche Bereichen, wo es zum Beispiel um Umweltpolitik geht, schneidet Deutschland schlecht ab." Politische Organisationen würden ihre Möglichkeiten im Netz nicht richtig wahrnehmen.

Auch privat sind die Deutschen im Internet eher passiv. "Da sind uns interessanterweise Länder wie Indonesien weit voraus", sagt Hofmann. Laut Schätzungen nutzen weniger als zehn Prozent der Bundesbürger den Kurzmitteilungsdienst Twitter. "Daran können wir merken, dass wir doch mit neuen digitalen Anwendungen noch eher zögerlich sind", so Hofmann weiter. Twitter - auch als Möglichkeit der politischen Ausdrucksmöglichkeit - werde kaum wahrgenommen.

Diesen Eindruck teilt auch Monika Taddicken vom Journalistik-Institut der Universität Hamburg: "Es gab vor ein paar Jahren die Hoffnung, dass das Internet auch ein starkes politisches Mobilisierungspotential hat." Soziale Plattformen wie Facebook , Googleplus und Twitter böten zahlreiche Mitmachmöglichkeiten, wie zum Beispiel den direkten Kontakt zu Politikern oder Diskussions-Gruppen. "Doch diese Hoffnung hat sich nicht bestätigt", sagt sie. Statt sich aktiv mit der Politik in der eigenen Stadt zu beschäftigen, klicken viele Deutsche also lieber Tiervideos oder Urlaubsfotos an. Viele bevorzugten auch den direkten Kontakt zu ihren Mitmenschen, sagt Hofmann und kritisiert weiter: "Dabei würden sich das persönlichen Treffen im Ortsverband der Partei und die Diskussion auf Twitter keineswegs ausschließen."

Monika Taddicken - Universität Hamburg Institut für Journalistik und Kommunikationswissenschaft. (Foto: privat)
Monika Taddicken von der Universität HamburgBild: Universität Hamburg

Angst vor Zensur?

Auch im Bereich Überwachung und Zensur beobachtet der Web Index Paradoxes. So würden zwar laut der Studie vor allem Entwicklungsländer dazu neigen, Internetinhalte zu zensieren und zu filtern. Hingegen sei in den reichen Industrieländern zwar rein theoretisch fast alles erlaubt. Dennoch würden sich die Bürger aus Angst vor Überwachung selbst beschränken.

Kommunikations-Wissenschaftlerin Taddicken glaubt dagegen nicht, dass sich die Deutschen selbst zensieren. Zwar bestimmten die von Whistleblower Edward Snowden publik gemachten Überwachungsskandale über Monate die Schlagzeilen, aber die Nutzer verhielten sich im Wesentlichen gleich. "Die Sorge um die eigene Privatsphäre spielt schon eine wichtige Rolle im Internet, aber der Ausweg ist nicht so richtig klar", sagt Wissenschaftlerin Taddicken. Keiner wisse so genau, was mit den Daten eigentlich passiert - deshalb machten viele so weiter wie bisher.