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"Der große Solarmarkt beginnt gerade"

Gero Rueter17. Juni 2013

Prof. Eicke Weber, Europas führender Solarforscher, fordert eine EU-Industriepolitik für die Photovoltaik. Mit modernen Solarfabriken wäre die Produktion wieder profitabel und Module würden langfristig noch günstiger.

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Professor Eicke R. Weber, Leiter des Fraunhofer-Instituts für solare Energiesysteme in Freiburg (ISE). Quelle: ISE
Bild: ISE

Deutsche Welle: Herr Weber, welche Probleme hat die Solarindustrie?

Eicke Weber: Das Hauptproblem ist, dass wir global eine Produktionsüberkapazität von Solarmodulen haben. Sie ist ungefähr doppelt so groß wie der weltweite Absatz. Dadurch verfielen die Preise und jetzt sind alle produzierenden Solarfirmen in Deutschland wie auch im Ausland in großen Schwierigkeiten. Die Preise sind so tief gefallen, dass kaum noch jemand kostendeckend produzieren kann, ja die Module werden sogar unter Wert verkauft. Und Hersteller, die keine staatliche Unterstützung oder größere Mutterfirmen haben, sind nicht in der Lage, eine solche Durstperiode durchzustehen.

Welchen Ausweg gibt es für die deutschen Unternehmen?

Wir müssen eine neue Generation von Photovoltaik-Fabriken entwickeln. Diese Fabriken müssen sehr großvolumig sein, sie müssen eine Produktionskapazität von mehreren Gigawatt haben, wir brauchen die neuesten Technologien und auch die neuesten Generationen von Solarzellen. Wir haben ausgerechnet, dass man so Solarmodule zu Preisen zwischen 30 und 40 Cent pro Watt herstellen könnte, die durchaus konkurrenzfähig wären. Die Technologie dafür haben wir, Deutschland ist absolut weltführend.

Sie fordern außerdem eine solare Industriepolitik. Was genau meinen Sie damit?

Das beste Beispiel ist der Airbus. Um die Luftfahrtindustrie in Europa zu erhalten und auszubauen, wurden Kreditgarantien bereitgestellt. Selbst der A380 wäre nicht entwickelt worden, wenn es nicht politische Kreditgarantien in Milliardenhöhe gegeben hätte. Genauso könnte es bei der Photovoltaik laufen. Aber dafür müssen wir uns die Frage stellen: Wohin wollen wir mit dieser Schlüsseltechnologie? Wollen wir in Europa nur die Forschung und lassen die Produktion nach Asien abwandern? Oder wollen wir auch produzieren? Meine Meinung ist, wir brauchen für die Zukunft des Kontinents eine global wettbewerbsfähige Produktion in Europa.

Sie haben eine Initiative für eine solare Industrie gestartet - wie weit sind Sie damit?

Wir bauen gerade ein deutsch-französisches Konsortium auf, das am Schluss ein europäisches Konsortium sein soll. Wir entwickeln Konzepte und wollen damit nach Brüssel gehen. Die Frage ist nur, ob wir das jetzt mit der augenblicklichen Bundesregierung versuchen oder das erst nach der Bundestagswahl machen.

Sollten Sie die Unterstützung der Bundesregierung bekommen, könnte es 2014, 2015 ein Konsortium geben?

Richtig, das halte ich für realistisch. Es ist äußerst wichtig, dass wir die deutsche und europäische Technologieführerschaft in der Photovoltaik für die schnell wachsenden Märkte der Zukunft ausnutzen. Sonnenstrom kostet heute in sonnenreichen Ländern irgendwo zwischen fünf und zehn Cent pro Kilowattstunde. Es ist eine der billigsten Methoden, um Strom an Ort und Stelle zu erzeugen. Strom aus Diesel kostet allein in der Erzeugung mehr als doppelt so viel. Wir sind gerade dabei, den Beginn eines wirklich großen, weltweiten Solarmarktes zu erleben.

Professor Eicke Weber ist Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesystem in Freiburg. Das 1981 gegründete Institut hat über 1000 Mitarbeiter und gilt als führend in der europäischen Solarenergieforschung.

Die Fragen stellte Gero Rueter