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Wehrhaftes Afghanistan

Rainer Sollich3. Dezember 2002

Die zweite Afghanistan-Konferenz auf dem Petersberg bei Bonn ist zu Ende. Das wichtigste Ergebnis der Konferenz gab der afghanische Präsident Hamid Karsai höchstpersönlich bekannt: Das Land soll eine Armee bekommen.

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Minensuche in Afghanistan - in Zukunft mit eigenen Truppen?Bild: AP

Künftig sollen rund 70.000 Soldaten am Hindukusch für Sicherheit sorgen - aufgeteilt in vier Kommandostäbe und ein Zentralkommando in Kabul. So sieht es das am Montag (2.12.2002) unterzeichnete Dekret des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai vor. Die Milizen der Warlords und Regionalfürsten will Karsai dafür binnen eines Jahres entwaffnen lassen. Sie sollen zumindest alle ihre schweren Waffen abgeben.

Der Initiator der Petersberg-Konferenz, der deutsche Außenminister Joschka Fischer, lobte Karsais Beschluss als wichtigen Schritt für den Wiederaufbau Afghanistans: "Diese afghanische nationale Armee ist wichtig zum Zusammenhalt, für die territoriale Integrität des Landes", erklärte Fischer. Allerdings gab Präsident Hamid Karsai diesen Beschluss wohl nicht ganz zufällig fernab der Heimat bekannt.

Mit Widerstand ist zu rechnen

Karsais Plan dürfte in Teilen Afghanistans und sogar innerhalb der multi-ethnisch zusammengesetzten Regierung auf Widerstände stoßen. Denn mit den Waffen würden die Provinzfürsten und Warlords auch einen beträchtlichen Teil ihrer Macht aus den Händen geben. Die USA und Großbritannien haben zwar bereits finanzielle Unterstützung für den Aufbau der afghanischen Streitkräfte zugesagt. Aber wie die Entwaffnung der Milizen auch gegen Widerstände durchgesetzt werden könnte, darüber wurde auf dem Petersberg zunächst nichts bekannt.

Fest steht nur: Die Internationale Sicherheitstruppe (ISAF) wird die Entwaffnung nicht durchsetzen können. Karsai setzt sich zwar schon länger dafür ein, die ISAF auch in anderen Teilen Afghanistans einzusetzen. Aber Joschka Fischer betonte jetzt noch einmal: Das ISAF-Mandat soll auch nach Übernahme des Oberkommandos durch Deutschland und die Niederlande auf die Hauptstadt Kabul und deren Umgebung beschränkt bleiben. Allerdings sagte der deutsche Außenminister, es gebe Überlegungen, wonach in den Provinzzentren amerikanische und britische Sondertruppen stationiert werden könnten.

Opium als Problemfaktor

Der afghanische Präsident nutzte die abschließende Pressekonferenz zudem, um einen verstärkten Kampf gegen den Opiumanbau in seinem Land anzukündigen: "Unserer Ansicht nach hängen Drogengelder, Terrorismus und Extremismus eng miteinander zusammen. In Afghanistan wird es solange keinen dauerhaften Frieden geben, solange wir nicht Drogen, Drogenhandel und Drogenanbau komplett ausgerottet haben", appellierte Karsai an die versammelten Politiker.

Opium gilt nach wie vor als profitabelster Wirtschaftszweig in Afghanistan. Nach einem noch von den Taliban verhängten Anbauverbot war die Opiumernte 1999 zwar auf 185 Tonnen zurückgegangen. Für dieses Jahr rechnen Experten aber erneut mit einer Ernte von 3.000 Tonnen. Auch dies ist ein Sicherheitsproblem, denn viele Warlords finanzieren mit dem Drogenhandel ihre Privatmilizen.

Die internationale Gemeinschaft will Afghanistan auch bei diesem Problem helfen. Zugleich wurde bei der Petersberger Konferenz aber auch mehrfach an die Eigenverantwortung der Afghanen appelliert. So forderte Bundeskanzler Gerhard Schröder die afghanische Regierung dazu auf, energisch allen Kräften entgegenzutreten, die Frauen wieder aus Universitäten und Schulen verbannen wollten.