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Weichenstellung an der Weichsel

11. September 2014

Es war so verabredet, von daher ist es nur ein formaler Akt. Dennoch werden mit dem Rücktritt des Kabinetts von Regierungschef Tusk die Weichen in Polen neu gestellt. Schließlich geht der amtsälteste Premier seit 1989.

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Rücktritt von Polens Ministerpräsident Tusk (Foto: Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images/J. Skarzynski

Von Trauer keine Spur: Als Präsident Bronislaw Komorowski dem polnischen Regierungschef Donald Tusk die Entlassungsurkunde überreichte, wirkten die Beteiligten keineswegs niedergeschlagen. Schließlich war dieser Schritt nicht die Folge einer Regierungskrise oder eines Vertrauensverlusts. Vielmehr muss die Regierung umgebaut werden, weil der seit Herbst 2007 regierende Tusk im Dezember sein Amt als EU-Ratsvorsitzender in Brüssel antritt.

In seiner Ansprache an die zurückgetretene Regierung wertete Komorowski die Entlassung des Kabinetts als Grund zur Freude: Mit der neuen Karriere des bisherigen Premiers in Brüssel sei die Entlassung eine "Quelle der Zufriedenheit". Er setze darauf, dass Tusk aus Brüssel dabei helfen werde, die Polen vom Sinn der Einführung des Euro zu überzeugen. Der Hobby-Segler Komorowski gab dem scheidenden Premier einen Kompass mit auf den Weg - "für die Reise durch Europa und die Rückkehr in den Heimathafen". Tusk bezeichnete die sieben Jahre als Regierungschef als die "schönsten und wichtigsten" seines Lebens.

Tusk hinterlässt große Fußstapfen

Als seine aussichtsreichste Kandidatin für die Nachfolge gilt Ewa Kopacz, die derzeit Präsidentin des Unterhauses ist. Komorowski hat ihr bereits seine Unterstützung signalisiert. Tusks proeuropäische Bürgerplattform (PO) und die mit ihr regierende polnische Volkspartei (PSL) haben die 57-jährige Kopacz zur gemeinsamen Kandidatin bestimmt. Die studierte Kinderärztin und frühere Gesundheitsministerin ist eine enge Vertraute und bislang auch Stellvertreterin von Tusk. Nach der offiziellen Anerkennung ihrer Kandidatur hätte sie zwei Wochen Zeit, um eine neue Regierung zu bilden und mit dieser eine Vertrauensabstimmung im Parlament zu bestehen.

Tusk hat so lange regiert wie keiner seiner Vorgänger. Als bisher erstem Regierungschef der postkommunistischen Ära ist ihm eine Wiederwahl gelungen. Nach dem Weggang dieses politischen Alphatiers könnten in der von Tusk mit gegründeten liberalkonservativen Bürgerplattform (PO) neue Flügelkämpfe ausbrechen. Das macht die Nachfolgediskussion und Übergabe der Regierungsmacht ein Jahr vor den nächsten Parlamentswahlen nicht einfacher.

rb/gmf (afp, dpa)