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Schwierige Weihnachten

Siegfried Forster22. Dezember 2006

Weihnachten ist im laizistischen Frankreich ins Private verbannt. Vereinzelt versuchen Initiativen, Feiern für Christen und Muslime zu gestalten. Eine gemeinsame religiöse Botschaft verkünden sie nicht.

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Bibel und Koran
Keine gemeinsame Botschaft

In der Auferstehungskirche im vornehmen 8. Pariser Arrondissement, nicht weit vom Elysée-Palast entfernt, erklingen christliche Gesänge und nordafrikanische Klänge. Der protestantische Pastor hat seine Kirche heute der Vereinigung "Salaam" für eine "orientalische Weihnachtsfeier" zur Verfügung gestellt. Dem Christ Saïd Zoubair, Präsident von "Salaam", ist die Friedensbotschaft wichtig.

"Natürlich sind heute Abend auch Freunde muslimischen Glaubens hier, genauso wie Franzosen, Amerikaner, Berber und Menschen sonstiger Herkunft. Weihnachten ist eine Botschaft des Friedens, der Hoffnung, der Liebe. Ich glaube, in unserer heutigen Welt haben wir das nötig", sagt Zoubair. Doch hinter den versöhnlichen Worten steckt missionarischer Eifer. Die brüderlich-weihnachtlich wirkende Pariser Zusammenkunft dient nämlich dazu, Muslime über den Sinn der christlichen Weihnacht und Wahrheit aufzuklären - wenn nicht zu bekehren.

Spannungen auch am Fest des Friedens spürbar

Auch am Friedensfest Weihnachten sind die Spannungen zwischen den christlichen und muslimischen Gemeinden in Frankreich spürbar - nicht erst seit dem 11. September 2001. In Evry haben deshalb vor zehn Jahren Gläubige die "Gruppe für islamisch-christliche Freundschaft" ins Leben gerufen. Inzwischen ist die Gruppe in über 50 Städten aktiv. Aber die Zusammenarbeit ist schwieriger geworden. Seit drei Jahren gibt es keine gemeinsame Weihnachtsbotschaft mehr, sondern wieder nach Religionen getrennt. Der christliche Generalsekretär schreibt an die Christen, der muslimische Präsident der Vereinigung Saïd-Ali Koussay an die Muslime - um Missverständnissen vorzubeugen, wie er betont.

Es gebe keine Hindernisse, sagt Koussay, sondern man treffe lediglich Vorsichtsmaßnahmen. In ihrer Gruppe respektierten sich Christen und Muslime gegenseitig, sagt er. Aber: Man wolle eben, dass die Mitglieder unserer Freundschaftsgruppe überzeugt seien von dem, was sie läsen. Deshalb bliebe die Besonderheit jede der beiden Religionen gewahrt.

Keine offizielle Einladung von Muslimen

Während es seit Jahren üblich ist, dass Muslime am Ende des Ramadan auch Christen zum Fastenbrechen einladen und beide Religionsgruppen vorweihnachtliche Feste feiern - die traditionellen Weihnachtsmesse bleibt den Christen heilig. In keine der 40.000 katholischen Kirchen in Frankreich wurden offiziell Muslime eingeladen.

Pater François Jourdan ist Priester in der Kirche Saint-Esprit im multikulturellen 12. Pariser Arrondissement. Hier leben viele Christen, Juden und Muslime. Nach Terroranschlägen und in Krisenzeiten werde zwar generell die Annäherung gesucht, in der friedlichen Weihnachtszeit jedoch blieben die Religionen eher auf Distanz, sagt der Pater. Gemeinsame Weihnachtsgottesdienste seien trotz aller Annäherung nicht möglich - nicht zuletzt aus religiösen Gründen.