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Journalisten im Visier

4. September 2008

Die Ermordung eines Journalisten in Inguschetien ist kein Einzelfall: Auch in den Republiken Dagestan und Kabardino-Balkarien kam es in den vergangenen Tagen zu Übergriffen gegen Journalisten mit weiteren Toten.

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Kaum war in Inguschetien der Betreiber des oppositionellen Internetportals "ingushetiya.ru", Magomed Jewlojew, beigesetzt, der von Milizionären unter ungeklärten Umständen erschossen wurde, da kam aus Dagestan eine weitere traurige Meldung: Unbekannte schossen auf den Wagen des Fernsehmoderators Telman Alischajew und verletzten ihn am Kopf und an der Schulter. Der Journalist wurde in ein Krankenhaus gebracht, wo er nicht mehr zu Bewusstsein kam und verstarb. Hinweise auf die Täter liegen den Rechtsschutzorganen angeblich nicht vor, aber Ermittler äußerten den Verdacht, Alischajew könnte ermordet worden sein, weil er einer der Autoren des Dokumentarfilms "Gewöhnlicher Wahhabismus" ist. Kollegen des getöteten Journalisten vermuten, dass an der Tat die Behörden Dagestans unmittelbar beteiligt waren, die Alischajew oft kritisiert hatte.

Von Behörden und Banditen

Der Sekretär des Journalistenverbandes Russlands, Igor Jakowenko, erklärte, für die jüngsten Morde an den Journalisten in Dagestan und Inguschetien seien die Führungen der Republiken verantwortlich. In diesem Zusammenhang sei auch Naltschik, die Hauptstadt der Teilrepublik Kabardino-Balkarien, zu nennen, so Jakowenko, wo vor wenigen Tagen der Redakteur der beliebten unabhängigen Zeitung "Gaseta Juga", Miloslaw Bitokow, brutal zusammengeschlagen worden sei.

"Die Dinge sind ziemlich klar. Wir haben es mit einem schleichenden Krieg zu tun, und real liegt die Staatsgewalt in dieser Situation bei den Machtstrukturen, die sich von Banditen absolut nicht unterscheiden. Die innere Lage in jeder der Republiken ist ein eigenes Thema, aber Inguschetien, Dagestan und Naltschik sind alles Glieder einer Kette", sagte Jakowenko und betonte: "Widerstand gegen den faktischen Krieg, den die Führung Inguschetiens gegen das eigene Volk führt, leistete vor allem Jewlojew. Er wurde von Milizionären ermordet. Und der Willkür der Banditen, die in Naltschik herrscht, wo es faktisch auch Kampfhandlungen gegeben hat, widersetzte sich vor allem die einzige unabhängige Zeitung ‚Gaseta Juga‘, deren Chefredakteur Bitokow war. Und der Mord an Alischajew steht ebenfalls in einem solchen Zusammenhang." Jakowenko sagte weiter, es sei offensichtlich, dass die reale Staatsgewalt in den Republiken von Strukturen ausgeübt werde, in denen Banditen und Behörden mit einander verwobenen seien.

Meinungsfreiheit in Gefahr

Die politischen Kriege, die von den Führungen der südlichen russischen Teilrepubliken um Macht und Finanzkontrolle geführt werden, sind Jakowenko zufolge nicht der einzige Grund dafür, warum Journalisten offen verfolgt werden. Seiner Meinung nach hängt die Zuspitzung der Lage auch mit dem Krieg zwischen Russland und Georgien zusammen: "Die Tatsache, dass Russland den Krieg mit Georgien begann, hat die Lage zweifelsohne verschärft. Wenn Krieg beginnt, beginnt man auch, gegen die Meinungsfreiheit vorzugehen." Insgesamt sei deutlich zu erkennen, dass die Kriegsstimmung im Kaukasus und im Transkaukasus die Meinungsfreiheit zerstöre.

Jegor Winogradow