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Weitere Coronavirus-Fälle in Deutschland

29. Januar 2020

In Bayern haben sich drei weitere Menschen mit der neuen Lungenkrankheit aus China angesteckt. Dort steigt die Zahl der Toten und der Infizierten weiter rasant an, die EU und andere Staaten evakuieren ihre Bürger.

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Deutschland Coronavirus Klinikum Schwabing
Das Klinikum Schwabing in München - hier werden die vier mit dem Coronavirus infizierten Deutschen behandeltBild: Reuters/A. Uyanik

Die Zahl der Coronavirus-Patienten in Deutschland ist auf vier gestiegen. Wie das bayerische Gesundheitsministerium in München betätigte, haben sich in Bayern drei weitere Menschen mit dem neuartigen Coronavirus 2019-nCoV infiziert. Wie bei dem ersten deutschen Fall, einem 33-jährigen Mann, handele es sich um Mitarbeiter des in Starnberg angesiedelten Automobilzulieferers Webasto. Die vier Betroffenen wurden im Münchener Klinikum Schwabing stationär aufgenommen und dort medizinisch überwacht und isoliert, wie das Ministerium mitteilte.

Autozulieferer Webasto schließt wegen Coronavirus Standort

Darüber hinaus seien rund 40 Mitarbeiter der Firma Webasto ermittelt worden, die als enge Kontaktpersonen der Erkrankten in Frage kommen und die am Mittwoch vorsichtshalber getestet werden sollen. Weitere Menschen stehen nach Angaben des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) unter Beobachtung. Auch die Krippe, in die das Kind des 33-jährigen Patienten geht, stehe unter Beobachtung.

Deutschland Coronavirus Webasto Hauptquartier
Wegen des Coronavirus vorübergehend geschlossen: Der Hauptsitz des Autozulieferers WebastoBild: Reuters/N. Woschek

Als Reaktion auf die Infektionen schloss Webasto seinen Stammsitz im oberbayerischen Stockdorf, einem Ortsteil von Gauting, bis Sonntag. Bis dahin sollen Mitarbeiter der Firmenzentrale auch nicht an nationale und internationale Standorte reisen, wie das Unternehmen mitteilte. Webasto ist ein großer Zulieferer für die Autoindustrie mit 13.400 Mitarbeitern an weltweit 50 Standorten. In China gibt es zwölf Standorte. Einer davon liegt in der besonders vom Coronavirus betroffenen Stadt Wuhan.

Zahl der Toten in China steigt auf mehr als 130

Der 33-jährige Webasto-Mitarbeiter, bei dem die Coronavirus-Infektion zuerst festgestellt worden war, hatte sich nach Angaben des LGL bei einer Kollegin aus China angesteckt, die zu einer Schulung nach Deutschland gekommen war. Die infizierte Chinesin hatte sich bei ihren aus der Millionenstadt Wuhan in Zentralchina stammenden Eltern angesteckt, wie das LGL mitteilte. Symptome entwickelte sie aber erst beim Rückflug nach China.

Das Virus 2019-nCoV stammt ursprünglich vermutlich von einem Markt in der Millionenstadt Wuhan, wo es von dort gehandelten Wildtieren auf den Menschen übergesprungen sein soll. Es kann eine Lungenkrankheit auslösen, an der in China nach offiziellen Angaben inzwischen bereits mehr als 130 Menschen gestorben sind - die meisten davon waren ältere Patienten mit schweren Vorerkrankungen. Die Gesamtzahl der Infizierten in der Volksrepublik stieg gegenüber dem Vortag um weitere 840 Fälle auf nun mehr fast 6000, 10.000 Verdachtsfälle werden geprüft.

Evakuierungen aus China laufen an

Im Kampf gegen das Virus haben die chinesischen Behörden bislang unter anderem mehr als ein Dutzend Städte isoliert, fast 60 Millionen Menschen stehen unter Quarantäne. Als neue Schutzmaßnahme wurden am Dienstag die derzeitigen Schul- und Semesterferien zum chinesischen Neujahr auf unbestimmte Zeit verlängert.

Angesichts der Lage in China will Frankreich am Mittwoch 250 französische Staatsangehörige aus China ausfliegen. Das erste Flugzeug der durch die EU kofinanzierten Mission werde am Morgen von Paris starten, teilte die EU-Kommission mit. In den kommenden Tagen solle ein weiteres Flugzeug hundert EU-Bürger anderer Nationalitäten zurück nach Europa holen. EU-Bürger, die aus der betroffenen Region heimgeholt werden wollten, könnten sich weiter melden, hieß es in der Mitteilung. Jedoch dürften nur gesunde und symptomfreie Bürger ausgeflogen werden.

Auch die USA und Japan haben mit der Evakuierung ihrer Staatsbürger aus Wuhan begonnen. Wie das US-Außenministerium mitteilte, hob ein Flugzeug mit US-Bürgern an Bord aus der Stadt ab. Das Verkehrsministerium des US-Bundesstaats Alaska, wo das Flugzeug einen Zwischenstopp einlegen sollte, hatte zuvor mitgeteilt, dass 240 US-Bürger mit der Maschine ausgeflogen würden. In Tokio landete am Mittwochmorgen eine Chartermaschine aus Wuhan mit 206 Personen an Bord.

Lungenkrankheit verläuft meist mild

In mindestens 15 weiteren Ländern gibt es insgesamt rund 50 Infektionen, in Europa neben Deutschland auch in Frankreich, wo die Behörden am Dienstag ebenfalls eine vierte Infektion bestätigten. Der Patient, ein älterer chinesischer Tourist, schwebt nach Angaben der Behörden in Lebensgefahr und wird in einem Pariser Krankenhaus behandelt. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate melden einen ersten Krankheitsfall. Die Fluggesellschaft British Airways setzt alle ihre Flüge nach China und von dort nach Großbritannien ab sofort aus.

Nach derzeitiger Einschätzung von Experten verläuft die neuartige Lungenkrankheit jedoch in den meisten Fällen mild, womöglich sogar ohne Symptome. Übertragungen vor den ersten Symptomen gelten als sehr selten. So liefert der erste bestätigte Coronavirus-Fall in Deutschland womöglich auch neue Erkenntnisse über die Ansteckungswege der Lungenkrankheit. Denn der Mann habe sich nach ersten Erkenntnissen bei der Chinesin angesteckt, obwohl sie zu dem Zeitpunkt noch keine Symptome der Krankheit zeigte.

Gesundheitsminister Spahn: Gefahr weiter gering

In Deutschland wollen die Behörden nun weitere Maßnahmen einleiten. Einen Grund zur Panik gebe es aber weiter nicht, betonte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. "Die Gefahr für die Gesundheit der Menschen in Deutschland bleibt weiterhin gering", sagte der CDU-Politiker. Zugleich ordnete er verschärfte Informationspflichten im Flugverkehr an. Unter anderem müssen Piloten von Flügen aus China bei einer Landung in Deutschland den Tower über den Gesundheitszustand ihrer Passagiere informieren.

Das Auswärtige Amt in Berlin erließ zudem eine Reisewarnung für die besonders stark betroffene chinesische Provinz Hubei, in der die Stadt Wuhan liegt. Für den Rest der Volksrepublik heißt die neue Empfehlung aus Berlin, nach Möglichkeit nicht unbedingt notwendige Reisen nach China zu verschieben. Reisewarnungen sind als dringender Appell des Auswärtigen Amts zu verstehen, Reisen in ein Land oder in eine Region eines Landes zu unterlassen. Die meisten Reisewarnungen betreffen Bürgerkriegsgebiete.

USA fordern China zu intensiverer Zusammenarbeit auf

US-Forscher arbeiten derweil an der Entwicklung eines Impfstoffs gegen das neue Virus. Der Direktor des NIH-Instituts für Allergien und Infektionserkrankungen, Anthony Fauci, sagte, der Forschungsprozess werde voraussichtlich langwierig sein, "aber wir gehen vor, als müssten wir einen Impfstoff einsetzen". Fauci fügte hinzu: "In anderen Worten: Wir gehen vom schlimmsten Szenario aus - dass es zu einem größeren Ausbruch kommt."

Das US-Gesundheitsministerium forderte China zu einer intensiveren Zusammenarbeit mit internationalen Gesundheitsbehörden auf. "Wir bitten China dringend zu mehr Zusammenarbeit und Transparenz, das sind die wichtigsten Schritte, die für eine wirksamere Reaktion unternommen werden müssen", sagte der US-Gesundheitsminister Alex Azar. Chinas Staatschef Xi Jinping sagte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Transparenz und eine schnelle Weitergabe von Informationen zu.

ww/cgn (afp, dpa, rtr)