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Gesellschaft

UN: Frauen mangelt es an Selbstbestimmung

14. April 2021

Hunderte Millionen Frauen und Mädchen seien nicht die Besitzerinnen ihrer eigenen Körper, prangert die UNFPA im Weltbevölkerungsbericht an. Gewalt gegen Frauen hat zudem in der Corona-Pandemie dramatisch zugenommen.

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Drei Frauen gehen mit Maske bedeckt an einem Markt vorbei
Fast jede Zweite Frau kann nicht unabhängig über ihren eigenen Körper entscheidenBild: AFP/Getty Images

Vielen Millionen Frauen weltweit wird einem UN-Bericht zufolge die freie Entscheidung über ihren eigenen Körper verwehrt. Nur 55 Prozent der Frauen in 57 untersuchten ärmeren Ländern können beispielsweise selbstständig entscheiden, mit wem sie Sex haben, ob sie verhüten und medizinische Versorgung in Anspruch nehmen, hieß es in dem am Mittwoch veröffentlichten Weltbevölkerungsbericht des UN-Bevölkerungsfonds UNFPA.

Allen anderen wird eine freie Entscheidung in einem oder mehrerer dieser Bereiche verwehrt. Das sei empörend, sagte UNFPA-Chefin Natalia Kanem. Der Bericht befasst sich in diesem Jahr vor allem mit der körperlichen Selbstbestimmung und Unversehrtheit von Mädchen und Frauen. "Im Kern sind damit hunderte Millionen Frauen und Mädchen nicht die Besitzerinnen ihrer eigenen Körper. Ihre Leben werden von anderen Menschen beherrscht", prangerte Kanem an.

Dem Bericht zufolge sind seit Beginn der Corona-Pandemie auch mehr Frauen und Mädchen als je zuvor von geschlechtsspezifischer Gewalt und schädlichen Praktiken wie Frühverheiratung bedroht. Dazu führten unter anderem pandemiebedingte Schulschließungen.

Einen dramatischen Anstieg verzeichneten die Autoren des Berichts auch bei der weiblichen Genitalverstümmelung: Nach UNFPA-Schätzungen könnte es im Zuge der Corona-Pandemie zu bis zu zwei Millionen zusätzlichen Fällen von weiblicher Genitalverstümmelung kommen. Die Erfolge bei der Beseitigung dieser Praxis könnten demnach bis 2030 um ein Drittel zurückgeworfen werden.

Weniger Bildung bedeutet oft weniger Selbstbestimmung

Einen engen Zusammenhang sehen die Autoren zwischen sexueller Selbstbestimmung und dem Bildungsniveau von Frauen. Frauen, die weniger gebildet sind als ihr Ehemann oder Partner, erleben laut dem Bericht häufiger sexualisierte Gewalt als Frauen, deren Bildungsniveau mehr oder weniger dem ihres Ehepartners entspricht.

Nahaufnahme von einer geschmückten Frauenhand und einer Männerhand, die sich festhalten
Sex in der Ehe wird erwartet - das glauben laut einer Studie viele indische FrauenBild: picture-alliance

Viele Mädchen und Frauen wüssten nicht, dass sie das Recht hätten, Geschlechtsverkehr zu verweigern, heißt es in dem Bericht. So habe eine Studie in Indien gezeigt, dass frisch verheiratete Frauen in Indien ihren ersten Sex seltener als erzwungen oder "gegen ihren Willen" bezeichnen, weil Sex innerhalb der Ehe erwartet würde. Solche Normen und Einstellungen verhindern laut dem Bericht oftmals auch, dass Frauen selbstbestimmte Entscheidungen über Verhütung treffen könnten - auch, weil Männer in vielen Ländern es als ihr Recht betrachteten, die Entscheidung über die Familiengröße zu treffen.

UNFPA-Chefin Kanem forderte die internationale Gemeinschaft zu einem entschiedeneren Einsatz für die Gleichberechtigung der Geschlechter auf.

ust/ww (dpa, afp, UNFPA-Bericht)