1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PanoramaGlobal

Was uns glücklich macht

Suzanne Cords
20. März 2021

Geld allein macht nicht glücklich, sagt der Volksmund. Doch was dann? Und gibt es Glück auch in Corona-Zeiten? Ja, sagt Glücksforscherin Ulrike Bossmann.

https://p.dw.com/p/3qVjE
Eine Frau steht mit ausgebreiteten Armen auf einer Wiese an einem See
Manchmal möchte man vor lauter Glück die ganze Welt umarmen Bild: picture-alliance/dpa/T. Hase

"Glück besteht aus einem hübschen Bankkonto, einer guten Köchin und einer tadellosen Verdauung", lautet ein bekanntes Zitat. "Der ein oder andere mag das genau so sehen, vor allem, wenn er mal Probleme mit der Verdauung hatte", lacht Ulrike Bossmann, "aber allgemein ist das nur ein Bruchteil dessen, was zum Glück beiträgt." Die Psychologin muss es wissen, denn sie ist Glücksforscherin und Coach für Positive Psychologie. "Es steckt keine Mutter Teresa in mir. Wohl aber ein Teil, der sich wünscht, dass alle Menschen glücklich sind", schreibt Ulrike Bossmann auf ihrer Homepage.

Die fünf Säulen des Glücks

Und das ist gar nicht so schwer, wenn man sich am "PERMA-Modell" orientiert, das der Urvater der Positiven Psychologie, der US-Amerikaner Martin Seligman, entwickelt hat. Das "P" steht für positive Emotionen, "E" für Engagement - das Erkennen der eigenen Stärken. "R" für Relationship, also die guten Beziehungen zu anderen Menschen - und damit ist nicht nur der Partner gemeint. Mit "M" für Meaning geht die Suche nach den Werten im Leben einher.

"Das ist nicht wie die Suche nach dem Osterei", erklärt die Glücksforscherin. "Man muss sich fragen: Was ist mir wichtig? Was soll bleiben?" Und schließlich gibt es noch die Säule "A" für Achievement, das Erreichen der eigenen Ziele.

 Glück, stellt Ulrike Bossmann klar, sei kein Endzustand, in dem man irgendwann ankommt. "Es ist ja nicht so, als ob man ein Haus baut, und dann steht es fertig da." Auf der Suche nach dem Glück geht es also nicht darum, permanente Hochgefühle zu erleben, sondern ein erfülltes Leben zu führen. "Wir haben ja oft diese Fantasie von der einzigartigen großen Liebe oder dem Abenteuer, einmal an einem bestimmten Ort gestanden und dieses oder jenes gesehen zu haben", sagt Ulrike Bossmann im DW-Gespräch. Viel wichtiger sei es, "die kleinen zarten Emotionen und schönen Momente wahrzunehmen: "Die Kohlmeisen zu beobachten, die ihr Nest bauen, morgen zu sehen, wie sie sich woanders die Zweige stibitzen, sie übermorgen zwitschern zu hören und sich daran zu erfreuen." 

Eine Kohlmeise sitzt auf einem Ast
Die Freude an den kleinen Dingen: Auch beim Vögelbeobachten kann man Glück empfindenBild: picture alliance / blickwinkel/A. Kosten/J. Kosten

UNO pocht auf Grundbedingungen zum Glücklichsein

Als die Vereinten Nationen 2013 den 20. März zum Internationalen Tag des Glücks erklärten, hatten sie ganz andere Dinge im Sinn: Grundbedingungen zum Glücklichsein seien mindestens 2000 Kalorien und Zugang zu 100 Litern Wasser täglich, ein Platz zum Kochen, sechs Quadratmeter Wohnraum und eine sechsjährige Schulbildung - nicht überall auf der Welt eine Selbstverständlichkeit. Es war dann auch ein ehemaliges Waisenkind aus den Slums von Kalkutta, das diesen Tag einforderte. Anders als viele andere Kinder hatte Jayme Illien Glück; er wurde von einer US-Amerikanerin adoptiert und lebte fortan in behüteten Verhältnissen. Als Erwachsener beriet Illien die UNO und machte sich für den Weltglückstag stark. Die Idee dahinter: Glück ist ein grundlegendes Menschenrecht.

Psychologin Ulrike Bossmann steht vor einer Couch und einrr Pflanze
Ulrike Bossmann ist überzeugt: Glücklichsein kann man lernenBild: privat

Natürlich mache absolute Armut unglücklich, so Bossmann, dann gehe es nämlich nicht um die Frage: Bin ich gerade glücklich oder nicht, sondern überlebe ich irgendwie. Auf der andere Seite stimme der Spruch: 'Geld allein macht nicht glücklich'. "Viele Studien zeigen, dass wir nicht glücklicher sind, wenn wir einen bestimmten Sockelbetrag an Geld überschritten haben. Und der ist deutlich kleiner, als allgemein glaubt." In Deutschland liegt er bei ca. 2000 Euro netto monatlich, zeigt eine Untersuchung.

Dazu passt auch das sogenannte Easterlin-Paradox: Als der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Richard Easterlin über einen Zeitraum von 25 Jahren die subjektive Lebenszufriedenheit seiner Landsleute untersuchte, stellte er fest, dass sich ihr Einkommen zwischen 1946 und 1970 zwar nahezu verdoppelt hatte, sie aber keinesfalls glücklicher wurden. Und mehr noch: Menschen in ärmeren Ländern wie Puerto Rico oder Kolumbien verfügten über ein deutlich geringeres Pro-Kopf-Einkommen, aber eine vergleichbare Lebenszufriedenheit.

Glück in Zeiten von Corona

Glücksempfinden sei zwar subjektiv, aber in vielen Dingen gebe es eine Übereinstimmung, weiß Bossmann aus Erfahrung: "Lachen ist ansteckend und macht glücklich, ebenso das Zusammensein mit anderen Menschen oder der Aufenthalt in der Natur."

Alljährlich am 20. März veröffentlicht die UNO den World Happiness Report von 156 Ländern. Man darf gespannt sein, ob und wie sich ein Jahr Pandemie auf das Glück der Menschen ausgewirkt hat. Doch auch in Zeiten von Corona ist Glücklichsein keine Glückssache. Wenn man sich an das fünf Säulen-Modell halte, könne man gut durch Pandemie-Zeiten kommen, glaubt Glücksforscherin Bossmann. Obwohl Homeschooling, Homeoffice und der Lockdown manchmal dazu verführen, "sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen zu wollen. Die Frage ist: Lasse ich mich davon mitreißen oder mache ich mir bewusst, welche Stärken ich habe und wie ich die hier einsetzen kann?"  Ihr Tipp: sich nicht vom stressigen Alltag auffressen lassen, sondern sich bewusst kleine Auszeiten können und positive Gefühle wahrnehmen, sich mit Lieblingsmenschen online treffen, Sport machen oder in der Natur spazieren gehen. Vielleicht kann man ja im Lockdown auch eine neue Sprache lernen, endlich den dicken Roman lesen, den man bisher aus Zeitgründen ganz hinten ins Regal geschoben hat, aufgezeichnete Konzerte im Fernsehen genießen oder im Netz gemeinsam singen oder musizieren? Manchmal braucht es nicht viel, um glücklich zu sein - man muss dem Glück nur eine Chance geben.

Eine Familie mit zwei Kindern geht im Wald spazieren
Macht nicht nur in Corona-Zeiten glücklich: der WaldspaziergangBild: Monkey Business Images
Suzanne Cords Weltenbummlerin mit einem Herz für die Kultur