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Weltmeister in Not

Gérard Foussier11. Juni 2002

Frankreich wundert sich. Am letzten Sonntag haben die Franzosen wie noch nie die Wahlurnen boykottiert, und zwei Tage später müssen sie torlos die Fußballweltmeisterschaft verlassen. Was ist denn mit Frankreich los?

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Der Oberschenkel der Nation:<br>Zinedine ZidaneBild: AP

Die Helden - Wähler und Nationalspieler - sind nach so viel Kampflust müde. Am 5. Mai haben sie nicht weniger als die Republik, die Grundwerte der Nation und die Demokratie gegen die Gefahr von rechts gerettet. Das schlaucht.

Vor vier Jahren haben sie den Titel erstmals geholt und sind zwei Jahre später auch noch Europameister geworden. Dieses Jahr standen sie ganz oben auf der Favoritenliste. Auch das schlaucht.

Elf einsame Menschen

Nun fehlte die letzte Kraft, den Weltmeistertitel auf den asiatischen Fußballplätzen zu erkicken. Die Oberschenkelverletzung des Fußballstars Zinedine Zidane wirkte fast schlimmer als die Schreckensvision eines von Rechtsextremen dominierten Frankreichs.

Vorsicht mit Vergleichen! In der Politik können Millionen von Wählern das Schicksal der Nation bestimmen. Auf dem grünen Feld allerdings gibt es nur elf Spieler, um die Ehre zu retten. Elf einsame Menschen als Stellvertreter von 41 Millionen, Kinder unter 18 nicht mitgezählt. Ist das der Dank der neuen Regierung?

So geht's nicht!

Keiner würde sich wundern, wenn am nächsten Sonntag im zweiten Wahlgang zu den Parlamentswahlen die Protestwähler auf sich aufmerksam machen. So geht es nicht. Nach den Präsidentschaftswahlen wurden innerhalb weniger Tage nicht weniger als 17 neue politische Formationen für die Parlamentswahlen gegründet. Eine 18. wird wohl für den Schutz der Fußballrechte antreten.

Die Schlussfolgerung ist klar: Hätte Frankreich, mit einer höheren Einwohnerzahl als Dänemark, am 11. Juni mehr Spieler gehabt, hätte die Fußballwelt heute ein anderes Gesicht. Die Pariser Regierung, mit ihrer überwältigen Parlamentsmehrheit, muss handeln. Sie muss am Ball bleiben.