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Türkei PKK

18. August 2011

Die türkische Luftwaffe hat erneut Stellungen der PKK im Nordirak angegriffen. Eine legitime Reaktion auf die Anschläge mit vielen toten Soldaten. Kritik an der Kurdenpolitik ist dennoch angebracht, meint Baha Güngör.

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Symbolbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

Die erneute militärische Härte der Türkei gegen die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) war erst nach dem Ende des heiligen Fastenmonats Ramadan Anfang September erwartet worden. Doch die Hiobsbotschaften aus Südostanatolien kamen in immer kürzeren Abständen. Der Anschlag auf einen Militärkonvoi mit Anti-Panzer-Minen und Kreuzfeuer aus dem Hinterhalt mit weiteren zehn getöteten Soldaten in der Provinz Hakkari am türkisch-irakisch-iranischen Dreiländereck beendete die Geduld der türkischen Staats- und Militärführung.

In der Nacht zum Donnerstag (18.08.2011) bombardierten F-16-Maschinen der türkischen Luftwaffe 60 Ziele jenseits der türkisch-irakischen Grenze und auch sehr nahe der Grenze zum Iran.

Verantwortung übernehmen

Leiter der Türkischen Redaktion Baha Güngör (Foto: DW)
Leiter der Türkischen Redaktion Baha GüngörBild: DW

Seit Jahrzehnten gelingt es nicht, der Spirale von Gewalt und Gegengewalt ein Ende zu setzen. Über die politischen Fehler aller bisherigen Regierungen in Ankara wurde viel gesprochen und geschrieben. Dass die Kurden als die stärkste ethnische Gruppe in dem NATO-Land immer noch unter der zentralistischen Grundordnung der Republik leiden, ihnen viele Rechte vorenthalten worden sind und sie sich kulturell und sprachlich nicht entfalten können, sind Fakten. Die Verantwortung dafür müssen alle bisher über die Türkei herrschenden nationalistischen, konservativen und neuerdings auch religiösen Regierungen ebenso wie die bislang politisch übermächtige Armee übernehmen.

Nutzlose Machtspiele

Die Kurdenproblematik der Türkei kann nur auf politischem Wege gelöst werden. Dazu müssen die politischen und gesellschaftlichen türkischen und kurdischen Eliten aber über den eigenen Schatten springen. Die politischen Provokationen wie etwa die Erklärungen von "demokratischer Autonomie" in den überwiegend von Kurden bevölkerten Provinzen sind nutzlose Machtspiele und Kraftproben.

Doch bei aller Sympathie für die politischen Ziele der Kurden muss die PKK beim Namen genannt werden, nämlich als eine Terrororganisation! In der Europäischen Union und in den USA wird die PKK als eine Terrororganisation eingestuft, in Deutschland ist sie seit 1993 verboten. Doch berichtet wird je nach politischer Couleur von "Freiheitskämpfern", "Rebellen", "Separatisten" oder lediglich von einer "verbotenen Partei".

Verständnis für Ankara

Nach mehr als 40.000 Toten und unbeschreiblichem Leid der Zivilbevölkerung, woran auch die Perspektivlosigkeit der Kurdenpolitik Ankaras durchaus verantwortlich ist, verdient die neue Härte der Türkei gegen die PKK dennoch Verständnis. Was Deutschland, USA, Großbritannien oder Frankreich für sich beanspruchen, darf der Türkei nicht vorenthalten werden: Den Schutz der eigenen Grenzen, der eigenen Bevölkerung und der inneren Sicherheit.

Die Luftangriffe auf PKK-Lager in Nordirak waren die ersten seit über einem Jahr, sie werden aber wohl nicht die letzten sein. Eine grenzüberschreitende Bodenoffensive wie vor vielen Jahren immer wieder erlebt, wäre wegen der komplizierten Lage in der Region nur schwer denkbar und gefährlich obendrein.

Wenn es der Türkei unter Führung von Premier Recep Tayyip Erdogan gelingt, zwischen Terroristen und den legitimen Forderungen friedlicher Kurden zu unterscheiden und endlich eine deutliche Wende in der Kurdenpolitik herbeizuführen, könnte der Sympathiezulauf der PKK gestoppt werden. Wie schwierig eine solche Mission ist, zeigt die Lage beispielsweise in Afghanistan, wo auch deutsche Soldaten zu Opfern von Terroranschlägen von Organisationen werden, die auf keinen Fall den Anspruch der Vertretung von legitimen Zielen der Bevölkerung für sich erheben können. Vor blankem Terror und gemeinen Anschlägen wird kein westliches Land in die Knie gehen, Deutschland nicht, Großbritannien nicht, die USA nicht und auch die Türkei nicht.

Autor: Baha Güngör
Redaktion: Mirjana Dikic