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Wenig Schutz im Exil

11. Juni 2010

Die iranische Journalistin Mitra Khalatbari musste nach den Wahlen im Juni 2010 ihr Heimatland verlassen. Sie ist enttäuscht von der zögerlichen Hilfe deutscher Politiker für iranische Flüchtlinge.

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Die iranische Journalistin Mitra Khalatbari (Foto:dw)
Die iranische Journalistin Mitra Khalatbari lebt heute in DeutschlandBild: DW

Mitra Khalatbari ist Journalistin. Vor acht Monaten ist sie aus dem Iran nach Deutschland geflüchtet. Noch immer spiegelt sich Angst und Sorge auf ihrem Gesicht. Es sei kein Geheimnis, dass die iranische Regierung überall ihre Informanten hat, sagt die 23-Jährige: "Sie verfolgen alles, was wir Journalisten tun."

Zur Flucht gezwungen

Mitra Khalatbari gehört zu jenen kritischen Journalisten, die nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl vor einem Jahr den Iran verlassen haben, um dem Druck und den Repressalien des Regimes von Mahmud Ahmadinedschad zu entkommen. Die Reporter und Redakteure hatten sich eingemischt und wollten den brutalen Umgang mit den friedlichen Demonstranten stoppen.

"Heute würde ich das nicht mehr tun," blickt Mitra Khalatbari zurück. Damals hatte sie zusammen mit Kollegen begonnen, Unterschriften zu sammeln, um einen Brief an den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu schicken. "Den Haag hatte immerhin schon einen Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ausgestellt," sagt die junge Frau. "Wir wollten einen Haftbefehl gegen Ayatollah Khamenei wegen der brutalen Niederschlagung der Demonstrationen im Iran anregen."

Eine oppositionelle Demonstration in Teheran wird von Sicherheitskräften aufgelöst (Foto:ap)
Eine oppositionelle Demonstration in Teheran wird von Sicherheitskräften aufgelöstBild: AP

Im Blick des Geheimdienstes

Menschenrechtsaktivisten im Ausland motivierten damals die iranischen Journalisten und richteten zu deren Unterstützung eine Webseite ein. Davon bekam allerdings auch der iranische Geheimdienst Wind, und das schneller, als Khalatbari und ihre Freunde dachten. Zwei Leute wurden verhaftet. Für Mitra Khalatbari war sofort klar, dass sie fliehen musste: "Es ging um jede Stunde. Mein Freund hat einen Rucksack für mich gepackt und meinte: Du musst fort." Zuerst wollte sie nur im Norden des Landes untertauchen, bis etwas Gras über die Sache wachsen würde. "Aber dann habe ich schnell begriffen, wie ernst und gefährlich meine Situation war."

Flucht ohne Abschied

Theran, Iran Blick auf Berge Datum 31.01.2009
In einer Nacht- und Nebel-Aktion floh Mitra Khalatbari aus TeheranBild: DW/Shabnam Nourian

Mitra Khalatbari verließ noch am selben Abend Teheran - ohne sich von ihrer Familie zu verabschieden. Sie überquerte zu Fuß die Grenze zur Türkei, um später - mit einem gefälschten Pass - nach Deutschland zu fliegen, wo ihr Bruder bereits seit neun Jahren im Asyl lebt. Andere, aus dem Iran geflohene Journalisten seien komplett abgetaucht. "Viele Journalisten haben Angst, sich zu melden. Sie wollen nicht, dass die Regierung herausfindet, wo sie sind. So wie ein Freund von mir, der seit einer Weile in einem unsicheren Land lebt. Er hat Angst um seine Familie im Iran."

Untergetaucht in unsicheren Ländern

Unsichere Länder sind für Khalatbari die Türkei, Indien oder auch Malaysia. Länder, die mit dem Iran gute politische Beziehungen haben. Dort besteht die Gefahr, dass die Asylanträge abgelehnt und die Journalisten in den Iran zurückgeschickt werden. Und die iranischen Behörden suchen fieberhaft nach Journalisten, die über die Unruhen nach den Präsidentschaftswahlen und den brutalen Umgang mit den Demonstranten berichtet haben. "Und wenn sie uns nicht finden," fürchtet Mitra Khalatbari, "unterdrücken sie unsere Familien." Die jüngere Schwester einer Kollegin sei so bereits verhaftet worden.

Journalistin Mitra Khalatbari Etemad-meli Iran
Mitra Khalatbari in der Redaktion einer reformorientierten Zeitung in TeheranBild: DW

Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" bestätigt den Druck auf Journalisten, die das Land verlassen haben. Darum gehe es auch in einem kürzlich veröffentlichten Bericht aus Anlass des Jahrestags der Präsidentschaftswahlen, sagt Reza Moini von der iranischen Sektion von „Reporter ohne Grenzen". In diesem Bericht stehen 100 Namen von Journalisten, die das Land in den letzten zwölf Monaten verlassen haben. Diese Liste ist streng geheim. "Viele Journalisten haben Angst, wollen mit niemandem reden und meiden die Öffentlichkeit", sagt Reza Moini. "Wir versuchen, ihnen ein bisschen Schutz zu bieten."

Mehr deutsches Engagement gefordert

Im Ausland ist der Blick von iranischen Exil-Journalisten auf die politischen Ereignisse und die Protestbewegung gefragt. Doch Deutschland müsse sich auch stärker für diese iranischen Flüchtlinge einsetzen, fordern Betroffene wie Mitra Khalatbari. Im März dieses Jahres kündigte die deutsche Regierung an, mehr iranische Oppositionelle aufzunehmen als bislang geplant. Doch bisher sei nichts geschehen, kritisiert Khalatbari. Und ihr eigener Asyl-Antrag sei auch acht Monate nach ihrer Einreise immer noch nicht angenommen worden.

Autorin: Shabnam Nourian
Redaktion: Thomas Latschan