1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Weniger Frauen in Dax-Führungsetagen

7. Oktober 2020

Die Folgen der Pandemie auf die Wirtschaft sind gravierend. Häufig wird kritisiert, dass Frauen besonders unter der Krise leiden. Selbst in deutschen Führungsetagen sind sie laut einer aktuellen Studie auf dem Rückzug.

https://p.dw.com/p/3jWqD
Deutschland Gleichberechtigung Frauenquoten-Konzepte in der Diskussion
Bild: picture-alliance/dpa

Ausgerechnet in der Coronakrise nimmt der Anteil weiblicher Führungskräfte in Deutschland ab. Während in anderen westlichen Industrieländern der Trend in die genau andere Richtiung geht, bauen deutsche Konzerne ihre Führungsetagen so um, dass noch weniger Frauen in leitenden Positionen übrig bleiben. Das ist die Kernaussage einer aktuellen Studie der deutsch-schwedischen AllBright Stiftung.

Während in den USA und anderen Industrienationen die Vorstände deutlich weiblicher werden, seien in börsennotierten deutschen Unternehmen im Krisenjahr zwei Mechanismen zu beobachten: "eine Verkleinerung der Vorstände und der Rückgriff auf Gewohntes, Vertrautes, Altbewährtes - man setzt auf Männer", bringt es die Untersuchung auf den Punkt.

Gegenläufiger Trend

Viel häufiger als in den Vorjahren hätten sich deutsche Konzerne 2019 von ihren weiblichen Vorständen verabschiedet, so dass der Frauenanteil bei den 30 im Deutschen Aktienindex Dax notierten Unternehmen nicht mehr wie in vergangenen Jahren angestiegen, sondern im vergangenen Jahr rückläufig war und auf den Stand von 2017 gefallen sei. Aktuell liege er bei nur 12,8 Prozent. Insgesamt sei die Zahl der Dax-Unternehmen ohne eine einzige Frau im Vorstand seit September 2019 sogar von 6 auf 11 hochgeschnellt.

In Ländern wie den USA, Großbritannien, Schweden oder Frankreich werden nach den Untersuchungen der Studienautoren selbst in der Krise kontinuierlich Führungsteams mit mehr Frauen aufgebaut. In den USA sei der Frauenanteil im Top-Management mit 28,6 Prozent am höchsten, gefolgt von Schweden (24,9 Prozent) und Großbritannien (24,5 Prozent). Damit sei dort der Frauenanteil teilweise "mehr als doppelt so hoch wie bei den wichtigsten deutschen Unternehmen, die im internationalen Vergleich den letzten Platz belegen und immer weiter zurückfallen."

Dr. Wiebke Ankersen, Geschäftsführerin der AllBright Stiftung
Wiebke Ankersen, Geschäftsführerin der AllBright Stiftung Bild: AllBright Stiftung

In der Krise auf vertraute Männer zu setzen, sei ein kurzsichtiger Reflex, der sich über kurz oder lang rächen werde, unterstreichen Wiebke Ankersen und Christian Berg, die gemeinsam die AllBright Stiftung in Berlin leiten. "Die gut ausgebildeten Frauen stehen längst in großer Zahl bereit. Die Unternehmen müssen ihnen nur viel konsequenter Verantwortung übertragen - auch und gerade in der Krise."

Dax ohne eine einzige Konzernchefin

Die Studie der AllBright-Stiftung kritisiert aber nicht nur, dass Deutschland das einzige Land im Vergleich sei, in dem kein einziger der 30 größten Konzerne einen Frauenanteil im Vorstand von 30 Prozent erreicht. Es sei sogar das einzige Land ohne Vorstandschefin in den 30 größten börsennotierten Konzernen. Die einzige Frau, die es im Oktober 2019 an die Vorstandsspitze eines Dax-Konzerns geschafft hatte - Jennifer Morgan beim Softwareriesen SAP - musste nach nur sechs Monaten wieder gehen.

Jennifer Morgan
Nur sechs Monate an der Spitze von SAP: Jennifer MorganBild: Getty Images/AFP/D. Roland

Und während 97 Prozent der amerikanischen und 87 Prozent der französischen Großunternehmen mehrere Frauen im Vorstand hätten, könnten das in Deutschland nur noch die vier DAX-Konzerne Allianz, Daimler, Deutsche Telekom und Fresenius Medical Care von sich behaupten.

Trend zu Managerinnen aus dem Inland

Viele der "gegangenen Vorständinnen" seien Pionierinnen im Top-Management gewesen, die häufig aus dem Ausland rekrutiert worden waren. Diese erste Generation werde nun aber nach und nach ersetzt, so dass 90 Prozent der 2019 neu engagierten weiblichen Vorstände aus Deutschland kämen. "Die 'Pipeline' an Führungsfrauen in den deutschen Unternehmen ist so gut gefüllt wie nie zuvor", lautet der trotz allem optimistische Ausblick der Studienautoren.

tko/hb (AllBright Stiftung)