1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Zähes Ringen um Einheitswährung in Westafrika

Katrin Gänsler
30. Juni 2019

Für viele westafrikanische Länder klingt es verlockend, den Eco einzuführen. Doch bevor die gemeinsame Währung Wirklichkeit wird, müssen zahlreiche Fragen geklärt werden. Politische Willensbekundungen reichen nicht aus.

https://p.dw.com/p/3LLpS
Nigeria Abuja Geldscheine in verschiedenen Währungen
Geldscheine in verschiedenen WährungenBild: DW/Katrin Gänsler

In Nigerias Hauptstadt Abuja haben die Staatschef der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS den Willen zur Schaffung einer gemeinsamen Währung bekräftigt. Nach dem eintägigen Gipfel hat am Samstagabend Mahamadou Issoufou, Präsident des Niger und neuer ECOWAS-Vorsitzender, betont, den Fahrplan für die Einführung des neuen Geldes einzuhalten. Im Gespräch ist das Jahr 2020. Es müsse jedoch noch einiges getan werden. "Das betrifft die Konvergenzkriterien unserer Ökonomien", so Issoufou. Anfangen sollen mit der Einführung jene Länder, die Konvergenzkriterien erfüllen. Im Abschlussbericht heißt es, dass das Wechselkurssystem ein flexibles sein und die Inflation direkt gesteuert (inflation targeting) werden soll. Der Name der neuen Währung lautet Eco. Damit ist jedoch kaum mehr bekannt als vor dem Treffen.

Nigeria Abuja ECOWAS Konferenz
ECOWAS-Konferenz in Abuja, 29.06.2019Bild: DW/Katrin Gänsler

Dabei erhält die Einheitswährung vor allem in den frankophonen Ländern, in denen mit dem CFA-Franc gezahlt wird, Zustimmung. So wirkt es zumindest. In der Vergangenheit war es etwa im Senegal und in Benin immer wieder zu Protesten gegen den CFA gekommen, dessen Wechselkurs an den Euro gebunden ist. Mit eigenem westafrikanischem Geld scheint die Möglichkeit zum Greifen nah, die unliebsame finanzielle Abhängigkeit von der einstigen Kolonialmacht Frankreich - so sehen es Kritiker - zu beenden. Besonders groß scheint dieser Wunsch in Togo zu sein. Yves Ekoué Amaïzo, der aus Togo stammt und Direktor der Denkfabrik Afrocentricity, sagt jedoch: "Die offizielle Position der Regierung ist weder dafür noch dagegen." Mit Kako Nubukpo würde sich allerdings ein ehemaliger Minister oft gegen den CFA äußern.

Keine Verluste mehr beim Geldwechsel

In Mali ist Etienne Fakaba, Wirtschaftswissenschaftler und Direktor des Zentrums für Politik-, Wirtschafts- und Sozialforschung (Centre de Recherche d'Analyses Politiques Economiques et Sociales), ebenfalls Eco-Befürworter. Grund dafür sei der große Markt der ECOWAS-Zone. Mit einer gemeinsamen Währung könnten Einsparungen in allen Bereichen gemacht werden, die mit Wechselkursen zusammenhängen. "Letztendlich werden wir zu einer stärkeren Einheit zusammenwachsen, auch auf wirtschaftlicher Ebene ", prophezeit er. Damit der neue Eco zur starken Währung wird, brauche es auch einen politischen Plan. "So kann der Einflussbereich ausgeweitet werden", sagt Fakaba.

Weit weniger Begeisterung ist in Nigeria - mit rund 200 Millionen Menschen das mit Abstand größte Land Westafrikas - zu spüren. Selbst in der Woche vor dem Gipfel gab es keine öffentliche Debatte. "Nigerianer diskutieren nicht darüber. Ab und zu hört man etwas von Eliten", beschreibt Eze Onyekpere, Leiter des Zentrums für soziale Gerechtigkeit (Centre for Social Justice). Er bleibt  skeptisch, ob aus der Einheitswährung tatsächlich in absehbarer Zeit etwas wird. "Man sieht, dass wir bisher an unserem Naira, dem Cedi und CFA festhalten."

Die Ideen der ECOWAS-Gründer umsetzen

Dass Nigeria die Eco-Einführung aber grundsätzlich blockiert, davon geht Solomon Jamiru, stellvertretender Informationsminister von Sierra Leone, nicht aus. "Unabhängig von der Größe und der Bevölkerung Nigerias: Das Land ist sehr bereit dazu. Wir arbeiten zusammen", hat er am Rande des Treffens gesagt. Das sei auch im Sinne der Gründungsväter der Regionalorganisation gewesen. "Der ECOWAS geht es schließlich um regionale wirtschaftliche Integration. Das geht letztendlich nicht ohne die Währung."

Nigeria Abuja Geldwechsler Hassan Musa
Geldwechsler Hassan MusaBild: DW/Katrin Gänsler

Hassan Musa, der als mobiler Geldwechsler im Stadtteil Area 4 arbeitet, kann den Plänen indes nichts abgewinnen. Auf die Frage, was er von einer statt wie bisher sieben verschiedenen Währungen hält, winkt er ab: "Wir sprechen nicht gerne darüber. Es wird unser Geschäft beeinflussen." Zwar würde die Mehrheit der Kunden US-Dollar, Euro, Pfund und Naira wechseln. Doch mehrmals pro Woche nimmt er auch Cedi, CFA oder Dalasi - so heißt die Währung Gambias - an. "Eine einzige Währung verringert das", lautet sein düsteres Fazit.

Nigeria Abuja Eze Onyekpere vom Centre for Social Justice
Währungsexperte Eze OnyekpereBild: DW/Katrin Gänsler

Finanzdisziplin dringend notwendig

Gerade in Nigeria sorgen aber noch andere Gründe für Skepsis. Die westafrikanischen Länder seien sehr unterschiedlich, so Yves Ekoué Amaïzo. "Nigerianische Unternehmer sind sehr dynamisch. Sie wollen nichts, was ihre Produktion stören kann. Es ist schließlich klar: Der CFA hat nichts zur Industrialisierung in Afrika beigetragen." Auch stelle sich die Frage, ob und in welcher Form Nigeria künftig für die Schulden von Nachbarstaaten wie Benin, Togo und möglicherweise auch der Côte d'Ivoire aufkommen wird. "Das wird Nigeria aber nicht akzeptieren."

Für Amaïzo ist daher eine Diskussion über Finanzdisziplin dringend notwendig. "Jedes Land ist dafür verantwortlich. Anders ist es nicht akzeptabel." Doch bevor es um Details geht, müssen nach Einschätzung des Währungsexperten Eze Onyekpere weitaus grundlegendere Fragen geklärt werden. "Man muss andere Bereiche harmonisieren. Man kann eine Einheitswährung nicht einführen, wenn man nicht Steuer-, Industrie-, Handels- und Arbeitspolitik vereinheitlicht hat." Dass in absehbarer Zeit mit dem Eco gezahlt werden kann, wirkt deshalb unrealistisch. Dafür sprechen mehrere gescheiterte Versuche der vergangenen Jahrzehnte, bliebt auch Yves Ekoué Amaïzo skeptisch: "Man hat bereits viermal das Datum geändert. Ein weiteres Mal ist das in Afrika auch keine Katastrophe."