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Wettbewerbshüter

29. Juli 2011

Verbotene Preisabsprachen kosten die Verbraucher viel Geld. Sie machen auch dem Bundeskartellamt große Sorgen. Die Wettbewerbsbehörde will nun dagegen noch intensiver vorgehen.

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Symbolbild Bundeskartellamt Luxus-Kosmetikhäuser Chanel (Bildmontage: DW)
Bild: dpa/bilderbox/DW

Das Bundeskartellamt will verbotene Preisabsprachen noch intensiver verfolgen - und erste Erfolge sind schon sichtbar. Wurden von 1994 bis 1997 ganze sieben Kartellverfahren eingeleitet, waren es allein in den vergangenen beiden Jahren schon 27 Verfahren, die sich gegen 172 beteiligte Unternehmen richteten. Insgesamt verhängten die Bonner Wettbewerbshüter in den vergangenen zwei Jahren Geldbußen in Höhe von über 560 Millionen Euro.

Ob es sich um Preise für Drehleitern bei Feuerwehrautos, Kaffee, Brillengläser, Eisenbahnschienen oder Großdampferzeuger von Kraftwerken handelt - die Versuchung, durch Absprachen ungerechtfertigt hohe Preise durchzusetzen, ist überall gleich hoch. Zu den steigenden Fallzahlen hat auch eine Bonusregelung beigetragen. Beteiligte, die sich der Behörde offenbaren, können mit geringeren Geldbußen rechnen.

Kronzeugenregelung greift

Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt (Foto: picture alliance)
Bundeskartellamts-Chef Andreas MundtBild: picture-alliance

"Wir hatten eine Vielzahl von Kronzeugen-Anträgen", sagt der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt. "Das belegt einmal mehr, dass Kartelle, die sich im Verborgenen abspielen, oft nur mit der Kronzeugenregelung erfasst werden können." 78 Mal kam diese Bonusregelung in den vergangenen beiden Jahren zum Zuge, was die tatsächlich gezahlten Bußgelder auf 178 Millionen Euro im Jahr 2009 und 124 Millionen Euro reduziert hat.

Aber auch das ist kein Pappenstiel, "es erfreut natürlich den Finanzminister", sagt Mundt. Aber es gehe nicht primär darum, hohe Bußgelder zu verhängen. "Wir wollen, dass die Märkte funktionieren. Da sind Bußgelder ein Hilfsmittel, aber sie stehen nicht im Vordergrund." Studien besagen, dass verbotene Kartellabsprachen zu Preisen führen, die im Schnitt um 25 Prozent höher liegen, als wenn ein regulärer Wettbewerb stattgefunden hätte. Dadurch entstehen Jahr für Jahr enorme Schäden - bei Verbrauchern, Kommunen und anderen Unternehmen, die Kartellamtspräsident Andreas Mundt auf dreistellige Millionenbeträge schätzt.

Fusionskontrollen werden wichtiger

Ein anderer Weg, den Wettbewerb auszuschalten, ist, seinen Konkurrenten aufzukaufen. 1985 anmeldepflichtige Fusionsvorhaben registrierten die Beamten des Bundeskartellamtes in den vergangenen beiden Jahren. In 31 Fällen kam es zu einem intensiven Prüfverfahren, acht Fusionen wurden unter Auflagen genehmigt und viermal legte die Bonner Behörde ihr Veto ein.

Die Logos der Discounter Plus (Tengelmann) und Netto Marken-Discount (Edeka) liegen auf einem Kassenband (Foto: dpa)
Keinere Zukäufe müssen geprüft werdenBild: pa / dpa

So untersagten die Kartellwächter dem Mineralölkonzern Total den Erwerb des ostdeutschen Tankstellennetzes der OMV - das hätte das Oligopol der fünf großen Mineralölkonzerne noch mehr verfestigt. Vier große Konzerne teilen sich inzwischen 85 Prozent des Lebensmittel-Einzelhandels. Da müssen auch schon kleinere Zukäufe genau geprüft werden. Auf dem europäischen Markt für Cabrio-Dächer drohte die Entstehung eines Duopols, als das Unternehmen Magna seinen Konkurrenten Karmann übernehmen wollte. Das Veto der Bonner Kartellwächter sorgte dafür, dass auf dem europäischen Markt nach wie vor drei unabhängige Wettbewerber miteinander konkurrieren.

Gravierende Auswirkungen auf den deutschen Markt hätte auch die geplante Zusammenlegung der Eisenerzproduktion der beiden globalen Player BHP Billiton und Rio Tinto gehabt. Damit wären die weltweit größten Eisenerz-Produzenten zusammengewachsen. In Abstimmung mit verschiedenen internationalen Wettbewerbsbehörden hatten sich die Bonner Kartellwächter federführend gegen die Fusion ausgesprochen - worauf diese Unternehmen ihre Pläne fallen ließen.

Autor: Rolf Wenkel
Redaktion: Monika Lohmüller