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PolitikAsien

Wie der Iran die Hamas unterstützt

21. Mai 2021

Im abgeriegelten Gazastreifen nutzen Hamas und andere Gruppen Know-how aus dem Iran für Angriffe auf Israel. Verbale Unterstützung erhalten sie obendrein.

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Bildergalerie Weltweiter Protest auf den Konflikt zwischen Palästina und Israel
Pro-palästinensische Demonstranten in Teheran am 13. MaiBild: Majid Asgaripour/WANA/REUTERS

Die Revolutionsgarden im Iran haben auf die Verkündigung der Waffenruhe zwischen Israel und Hamas auf ihre Art reagiert: Mit der Präsentation einer neuen Kampfdrohne namens "Gaza", die angeblich 20 Stunden in großer Höhe in der Luft bleiben und bis zu 13 Bomben tragen kann.

Drohnen, wenn auch kleineren Kalibers und in geringem Umfang, sind auch in der jüngsten Eskalation in Nahost zum Einsatz gekommen. Drei Tage nach dem Beginn ihrer Raketenangriffe stellte die Hamas ein Video ins Internet. Untermalt von elektronischen Rhythmen zeigte es die Startvorbereitung einer Drohne vom Typ "Shehab", die von einer Gruppe von Hamas-Milizionären abgefeuert wird, offenbar, so suggeriert es das Video, in Richtung Israel. Noch am gleichen Tag stellte das israelische Militär seinerseits ein Video ins Netz, das den Abschuss einer solchen Drohne zeigt.

USA Washington | Iranische Qasef-1 Flugkörper
Wrackteile einer iranischen Drohne vom Typ "Qasef"Bild: picture-alliance/AP Photo/C. Owen

Drohnen im Nachbau als neue Bedrohung

Die rund 4000 Raketen verschiedener Reichweite, die die Hamas und andere militante Gruppen im Gazastreifen seit dem 10. Mai bis zur aktuellen Waffenruhe auf israelisches Gebiet abschossen, sind ungenau. Anders sieht das bei Drohnen aus, die ihre Ziele mittels Navigationssystemen finden. Israel geht davon aus, dass die Hamas diese Drohnen zwar mit eigenem Material, aber nach iranischen Bauplänen konstruiert. "Der Entwurf ist iranisch, aber die Produktion ist lokal", zitieren Medien den ehemaligen stellvertretenden israelischen Verteidigungsminister Ephraim Sneh.

Iranische Drohnen vom Typ "Ababil" und "Qasef" dienen der Hamas und anderen islamistischen Organisationen in dem abgesperrten Küstenstreifen offenbar als Vorlage für das eigene Modell. Alles deute darauf hin, dass der Iran die Hamas weiterhin unterstützt, sagt Hugh Lovatt vom Think Tank "European Council on Foreign Relations". "Diese Hilfe dürfte inzwischen vor allem über den Transfer von militärtechnischer Expertise laufen." Der Grund: Die Sperrung von Schmugglertunneln durch Ägypten schon seit 2014 und die Normalisierung der Beziehungen zwischen dem Sudan und Israel im vergangenen Jahr. "In welchem Maß und über welche Routen der Schmuggel jetzt noch läuft, lässt sich nicht eindeutig bestimmen", sagt Hugh Lovatt.

Israel | Raketen werden der 'Eisernen Kuppel' abgefangen, Ashkelon
Israelische Raketenabwehr im Einsatz Bild: Amir Cohen/REUTERS

Hilfe zur militärischen Selbsthilfe

"Gerade weil die direkte Belieferung so schwierig ist, hat der Iran der Hamas geholfen, sich bei der Produktion von Raketen und Flugkörpern selbst zu versorgen", sagt  Ali Vaez von der "International Crisis Group." "Diese Lektion hat er unter anderem auch im Jemen effektiv umgesetzt." Von dort haben die vom Iran unterstützten Houthi-Rebellen im vergangenen Jahr mit Drohnen iranischer Bauart einen spektakulären Angriff auf saudische Erdöl-Anlagen ausgeführt.

2018 hatte Nasser Abu Sharif, der Vertreter des Palästinensischen Islamischen Dschihad (PID), einer extremistischen Organisation im Gazastreifen, in Teheran öffentlich erklärt, im Iran würden Kämpfer der Hamas und des PID von den Revolutionsgarden im Bau und Umbau von Raketen ausgebildet.

Die "Jerusalem Post" zitiert eine auf Farsi veröffentlichte militärische Analyse der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim vom vergangenen Samstag. Demnach habe die Hamas mit iranischer Unterstützung die Geschwindigkeit ihrer Raketen erhöht. "Wenn sich das fortsetzt, werden die Widerstandsgruppen über viel höher entwickelte Waffen als derzeit verfügen und dem zionistischen Regime stärkere Schläge beibringen können."

Iran | Fernsehansprache: Ayatollah Ali Khamenei, Führer der Islamischen Republik Iran
Ali Chamenei: "Der Kampf gegen das despotische Regime (Israels) ist Bürgerpflicht"Bild: Irna

Irans Motive

Iran sehe sich militärisch unter Druck, sagt Hugh Lovatt. "Das Land hat wenige politische Partner. Darum setzt es vor allem auf Bündnisse mit bewaffneten Gruppen." Der bedeutendste Partner sei in dieser Hinsicht die libanesische Hisbollah, hinzu kämen einige schiitische Milizengruppen im Irak und die Huthis im Jemen. Die Unterstützung der Hamas durch den Iran sei im Vergleich zu diesen Gruppen "überschaubar".

Auch Iran-Experte Ali Vaez meint, der Iran wolle durch die Allianzen mit nicht-staatlichen Akteuren einen Angriff von außen verhindern. Gegen die meisten seiner regionalen und internationalen Rivalen könne sich Iran nicht verteidigen. Darum setzte das Land auf Bündnisse mit solchen Gruppen. "Es handelt sich in anderen Worten also um eine aggressive Verteidigungsdoktrin", so Vaez.

Derzeit betont Iran offenbar die aggressive Komponente. Der religiöse Führer Chamenei erklärte am 7. Mai, dem so genannten "Al-Quds-Tag":  "Der Niedergang des zionistischen Feindes hat begonnen und er wird nicht aufhören." Auch nannte er die Gründe für seine Einschätzung, nämlich "die fortgesetzten Aktivitäten des Widerstands in den besetzten Ländern und die Unterstützung der Muslime für die palästinensischen Mudschaheddin." Drei Tage später flogen aus Gaza die ersten Raketen in Richtung Israel, was in israelischen Medien auch als Folge der "Ermunterung" aus Teheran gesehen wurde. 

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika