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Wie die Fliege so der Mensch

25. Januar 2010
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Stark vergößerte Aufnahme zweier Köpfe von Fruchtfliegen (Foto: dpa)
Bild: picture alliance / dpa

Wer hätte das gedacht? Dass der Mensch rein anatomisch dem Schwein nicht unähnlich ist, wusste man bereits. Nicht umsonst werden in Tierversuchen viele neue Medikamente und Operationstechniken zuerst an Schweinen getestet. Aber was bitte haben wir mit Fliegen zu tun? Noch dazu mit Drosophila melanogaster, der gemeinen Fruchtfliege, die vielen von uns einfach nur auf die Nerven geht, wenn sie die Obstschale umkreist oder die Blumentöpfe auf der Fensterbank bevölkert.

Ein deutsch-australisches Team aus Forschern der Freien Universität Berlin und des Queensland Brain Institute in Brisbane hat sich dennoch der kleinen braunen Nervensägen angenommen und eine Methode entwickelt, die Aufmerksamkeit der Fliegen zu messen. Das klingt zwar im ersten Moment noch einigermaßen nutzlos, könnte aber dazu beitragen, nähere Erkenntnisse über Krankheiten wie Autismus oder das Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) beim Menschen zu gewinnen.

Ritalin für Fliegen

Die Wissenschaftler kombinierten genetische Methoden mit Gehirnmessungen und Verhaltenstests. Dabei fanden sie verschiedene Mutationen, die die Aufmerksamkeit der Fliegen entweder erhöhten oder verringerten. "Wir haben eine Fliegenmutante mit Gedächtnisverlust, die kaum von einer Aufgabe abzulenken ist und eine, die sich zu leicht ablenken lässt", erklärte Professor Bruno van Swinderen vom Queensland Brain Institute. "Für beide hat das die gleichen Folgen: Lernprobleme - aber aufgrund von völlig unterschiedlichen Ursachen, ganz ähnlich wie bei Menschen mit Autismus oder ADHS."

Die Fliegen wurden dem Wirkstoff gefüttert, der unter dem Markennamen "Ritalin" für Patienten mit ADHS verschrieben wird. Dabei beobachteten die Forscher, dass die Behandlung bei Fliegen ähnliche Effekte hatte wie beim Menschen: Es half den weniger aufmerksamen Fliegen, sich besser auf visuelle Reize zu konzentrieren.

"Dieses Ergebnis legt nahe, dass es biochemische Mechanismen im Fliegengehirn und im menschlichen Gehirn geben muss, die einander ähneln", sagte van Swinderen. "Damit verfügen wir nun endlich über ein reduktionistisches Modellsystem, mit dem wir untersuchen können, was genau sich bei diesen Prozessen abspielt." Zudem könnten die überraschenden Parallelen zwischen Insekten und Menschen ein Hinweis darauf sein, dass es ganz fundamentale Grundprinzipen gibt, nach denen alle Gehirne funktionieren.

Autor: Andreas Ziemons (mit idw)
Redaktion: Matthias Fingerhuth