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Wie hat die Planetenforschung das Bild des Menschen von sich und der Erde verändert?

29. Oktober 2012

Ulrich Köhler, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zur Frage, wie die Planetenforschung das Bild des Menschen von sich und der Erde verändert

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DW: Herr Köhler, wie kann man sich das heute auf dem Asteroid Vesta vorstellen, schlagen da immer noch Gesteinsbrocken ein?

Ulrich Köhler: Natürlich, im Laufe der Zeit wird immer wieder eine Kollision stattfinden. Aber sehr viel weniger als in der Frühzeit des Sonnensystems. Das waren mehrere millionenfach häufigere Kollisionen als heute. Aber wir sehen die ganzen Spuren aus dieser Zeit und das macht es so spannend auf dieser Oberfläche.


Sie haben mit Ihrem Institut die Kamera für die US-Raumsonde Dawnmitentwickelt. Was hat sich seither Neues ergeben? Was haben sie herausgefunden?


Die Sonde ist jetzt weiter auf dem Weg zum nächsten Asteroiden, Ceres. Wir haben jetzt Zeit, die Bilder von Vesta richtig auszuwerten. Es sind so viele Daten und Bilder in den letzten 12 Monaten eingetroffen, dass wir gar nicht mehr hinterher kamen. Es hat sich inzwischen das Bild verfestigt, dass Vesta Glück gehabt hatte die Frühzeit des Sonnensystems überhaupt zu überleben. Es hat zwei ganz große Kollisionen am Südpol gegeben, im Abstand von wenigen 100 Millionen Jahren. Das klingt jetzt nach viel, aber es war ein relativ kurzer zeitlicher Abstand. Diese  Kollisionen waren so heftig, dass beinahe der Asteroid auseinander gebrochen wäre.


Die Kollisionen haben riesige Krater hinterlassen. In dem Bildmaterial von Vesta konnte man auch eine Art von Rillen sehen. Was hat es damit auf sich?

Diese Rillen haben uns total verblüfft. Als wir die ersten Bilder gesehen haben, stand uns richtig der Mund offen. Was sind das für Rinnen, die mehrere 100 km lang sind und den ganzen Äquator umspannen, 3 bis 5 Kilometer tief, 30 Kilometer breit. Offensichtlich sind diese Rillen entstanden, als sich ein anderer Körper in den Südpol hereingebohrt hat und vielleicht auch noch rotierte. Dadurch wurde der ganze Körper in Spannung versetzt, sodass diese Rinnen dabei entstanden sind.


Also keine schnelle Kollision, bei dem sich Gesteinsbrocken gegenseitig zerreißen, sondern ein langsames Hineinbohren?


Das ist eines der Modelle. Das liegt vermutlich daran, dass Vesta nicht so viel Masse hat wie beispielsweise der Mars, die Erde oder unser Mond. Diese Körper, die mit 30.000 bis 50.000 km/h angerauscht kommen und einschlagen, haben vielleicht eine sehr viel geringere Geschwindigkeit. Sonst wäre Vesta vermutlich auch zerstört worden.


Gab es auf Vesta vielleicht auch Vulkane, wie bei uns auf der Erde, oder gibt es sie sogar noch?

Wir wissen es ehrlich gesagt noch nicht. Es gibt ganz dunkles Material auf der Oberfläche. Das haben wir auf diesen hoch aufgelösten Bildern identifizieren können. Das könnten vulkanische Ablagerungen sein, könnte aber auch Material von Kometen sein, das von außen auf den Asteroiden aufgetroffen ist. Das analysieren wir gerade.


Die Raumsonde DAWN ist inzwischen auf dem Weg zu dem Asteroid Ceres. Was erwarten Sie dort? Ähnliche Ergebnisse und Informationen wie auf Vesta?


Ceres wird vermutlich ein ganz anderer Körper sein, obwohl er auch zu den Asteroiden gehört. Inzwischen ist er zu einem Zwergplaneten empor gehoben worden. Aber Ceres ist noch näher am Jupiter dran, das heißt er hat sich in Zonen gebildet, wo noch niedrigere Temperaturen in der Urwolke geherrscht haben. Deswegen wird er einen höheren Anteil an flüchtigen Elementen. Möglicherweise auch Wasser-Eis.


Wasser in Eisform ist also möglich. Wasser in flüssiger Form aber nicht?


Es ist nicht ausgeschlossen, dass unter der Kruste von Ceres die Temperaturen ausreichend hoch sind und der Druck ausreichend hoch ist, dass dort vielleicht ein kleiner Ozean oder Taschen von Eis existieren.


Das Versprechen, dass es dort auch Leben gibt, können Sie uns aber nicht machen?

Versprechen kann ich es sowieso nicht, aber ausschließen möchte ich gar nichts mehr heutzutage.


Interview: Ingolf Baur