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Der Wasserqualität auf der Spur

Kerry Skyring/ Rachel Baig4. Oktober 2013

Zwei Forschungsschiffe sind auf dem Weg von Regensburg ins Donaudelta. Unterwegs untersuchen Wissenschaftler die Wasserqualität des Stroms mit mobilen Laboren. Und lustig ist eine solche Flussfahrt auch.

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Forscher arbeiten in einem Labor an Bord der Argus (Foto: Kerry Skyring)
Keine Vergnügungskreuzfahrt: Eine Forschungsreise bedeutet auch viel Arbeit.Bild: Kerry Skyring

Zwei Schiffe - die Argus und die Istros – entfernen sich langsam von der Anlegestelle in Wien. Dort hatte die Forschungsmission Joint Danube Survey 3, einen Zwischenstopp auf seiner langen Reise eingelegt. Jetzt geht es weiter: gemütlich fahren die Schiffe die breite, schnell fließende Donau hinab. Sie sind mit Laborgeräten bepackt. Auf ihrer sechswöchigen Fahrt bis ans Schwarze Meer, sollen zwei Dutzend Wissenschaftler tausende Proben nehmen, um die Wasserqualität des Flusses zu untersuchen.

Die Schiffe müssen immer wieder Frachtkähnen ausweichen - auf der Brücke herrscht Hochbetrieb. Die Passagiere an Deck bekommen davon nicht viel mit. Noch schauen sie sich die vorbeiziehenden Hochhäuser der Stadt an. Einige der Forscher stecken aber bereits wieder in Neoprenanzügen, andere tragen weiße Laborkittel. Sie sind einsatzbereit für ihre vielfältigen Aufgaben: Wenn die Schiffe das Schwarze Meer erreichen, werden sie etwa zweitausend Flusskilometer hinter sich gelassen haben und durch zehn Länder gereist sein.

Die slowakische Biologin Jarmila Makovinska geht zurück an ihre Arbeit: "Wir analysieren welche Tier- und Pflanzenarten wir im Wasser finden. Daraus schließen wir auf die Artenvielfalt und können dann über definierte Indizes die Wasserqualität charakterisieren", erklärt sie, als sie durch ein Mikroskop an Deck eine Wasserprobe anschaut. Diese stammt aus dem Oberlauf des Flusses, entnommen irgendwo zwischen Regensburg und Wien. Die Qualität des Wassers liege "irgendwo in der Mitte - es ist gute oder mäßige Wasserqualität," erklärt Makovinska.

Bela Csanyi spielt seinen Kollegen eine Melodie auf dem Dudelsack vor (Foto: Kerry Skyring)
Bela Csanyi spielt zum Abschied auf dem Dudelsack.Bild: Kerry Skyring

Musik zum Anschied

Bela Csanyi leitet die Expedition. Er arbeitet als Hydrologe, also als Wasserforscher, an der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. In seiner Freizeit spielt er gerne Dudelsack. Zur Abfahrt steht er am Bug der Argus und leitet die neue Etappe der Reise mit einer Melodie auf seinem Ziegenlederinstrument ein.

Kaum beendet er sein Spiel, beginnt für ihn wieder die Wissenschaft: "Unser Ziel ist es, die gefährlichsten Giftstoffe im Wasser, im Boden und in den Körpern der Fische zu entdecken", sagt Csanyi. Deshalb untersuchen die Forscher auch die Lebern gefangener Fische.

Aber nicht allen Fischen werden die Lebern entnommen. Viele haben Glück und überleben die Untersuchungen unbeschadet. Dazu haben die ungarischen Wissenschaftler eigens eine neue Fangtechnik entwickelt: Das sogenannte Elektro-Fischen. "Die Fische werden mit Strom betäubt, dann können sie nicht entkommen," sagt Csanyi. Nachdem sie vermessen und ihnen einige Proben entnommen wurden, dürfen die Fische zurück ins Wasser.

Suche nach Giftstoffen

"Wir möchten zum Beispiel wissen ob es Arzneimittel, Weichmacher oder Brandhemmer gibt - also Verbindungen, die sich mit dem Wasser vermischt haben", beschreibt Tobias Schulze seine Aufgabe an Bord der Argus. Normalerweise arbeitet der Ökotoxikologe am Helmholtz Zentrum für Umweltforschung in Leipzig.

Das Forschungsschiff Istros auf der Donau bei Wien (Foto: Kerry Skyring)
Schwimmendes Labor: die Istros auf der Donau in WienBild: Kerry Skyring

Sein österreichischer Kollege Peter Tarabek erklärt, wie Medikamentenrückstände überhaupt in den Fluss gelangen. "Wenn Sie ein Medikament einnehmen, scheiden Sie es auch wieder aus. Und dann geht es nur durch die kommunale Abwasserbehandlung. Diese Einrichtungen sind aber nicht in der Lage, die Rückstände vollständig zu entfernen oder abzubauen", so der Chemiker.

Die Forscher nehmen aber nicht nur Wasserproben, sondern betrachten die Gesamtqualität der Ökosysteme in der Donau: Fische, Muscheln, Pflanzen, Wasser, Böden und Mikroorganismen. "Es gibt wohl keinen anderen Fluss der Welt, der so intensiv wie die Donau studiert wurde," sagt Martin Dokulil, ein österreichischer Biologe. Das sei auch möglich, weil die Donau durch sehr viele Staaten fließe: "Es ist ein sehr internationaler Fluss", sagt er, deshalb seien auch viele Forschungseinrichtungen aus unterschiedlichen Ländern daran beteiligt.

Flussbeobachtung über einen langen Zeitraum

Das Joint Danube Survey 3 ist bereits die dritte derartige Forschungsfahrt. Alle sechs Jahre werden die Erhebungen wiederholt - organisiert von der Internationalen Kommission zum Schutz der Donau. Auch in den kommenden Jahrzehnten soll das Programm fortgeführt werden.

Ein kleines Motorboot mit einer Elektro-Angel(Foto: Kerry Skyring)
Lebend-Fischfang mit Elektro-AngelnBild: Kerry Skyring

Expeditionsleiter Bela Csanyi war auch bei den früheren Fahrten dabei. Er ist bereits seit seiner Kindheit eng mit der Donau verbunden: Damals spielte er an den Ufern des zweitlängsten Stroms Europas. Er hofft, dass die Donau nicht nur sauberer wird, sondern auch wieder mehr von ihrem ursprünglichen Charakter zurück bekommt. Insbesondere die Wiederherstellung von Überflutungsflächen und Auenwäldern sei gut für Tiere und Pflanzen und auch ein wichtiger Beitrag zum Hochwasserschutz.

Jeden Abend versammeln sich die Wissenschaftler am Tisch des Kapitäns, um Notizen zu vergleichen. Aber sie feiern auch mal. Denn alle sind sich einig, dass das gemeinsame Leben der Forscher aller Länder an Bord eines Schiffes mehr bringt, als wenn jeder nur für sich in seinem Land Proben entnimmt. "Einige von uns kennen sich seit Jahrzehnten. Wir sind alle an der Donau aufgewachsen," sagt Csanyi. "Es ist sehr wichtig für uns," und die Gemeinsamkeit der Forscher bringe so auch die Wissenschaft weiter.