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Gefahr aus der Großküche?

Ole Kämper2. Oktober 2012

Wissenschaftler rätseln weiter über den Auslöser der großen Welle von Magen-Darm-Erkrankungen in Ostdeutschland. Das Schulessen aus Großbetrieben steht in der Kritik. Birgt die Massenproduktion Gefahren?

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Salatschälchen bei der Essensausgabe (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Fast 9000 vor allem junge Menschen klagten in den vergangenen Tagen über Magen-Darm-Erkrankungen. Wie das renommierte Robert-Koch-Institut bestätigte, ist das die größte Krankheitswelle, die in Deutschland jemals von Lebensmitteln ausgelöst wurde. Experten gehen davon aus, dass das Essen in Schulen und Kindertagesstätten der Auslöser für den massenhaften Brechdurchfall war. Unklar bleibt aber, was genau die Epidemie auslöste.

Fast jeder dritte Schüler isst in der Schule

In der Catering-Industrie gehört die Verpflegung von Schulen und Kindertagesstätten zu den am stärksten wachsenden Bereichen. Das liegt vor allem daran, dass die meisten Bundesländer verstärkt die Ganztagsschule einführen. Die Zahl der Schüler, die auch nachmittags noch in der Schule betreut werden, ist seit 2006 um fast die Hälfte gestiegen. Fast jeder Dritte bleibt heute bis zum Nachmittag in der Schule, muss dort also auch mittags versorgt werden. Das ruft Großunternehmen auf den Plan, die Kantinenessen in Massenproduktion herstellen. Sodexo, in Deutschland unangefochtener Marktführer in der Schulverpflegung, produziert jeden Tag mehr als 200.000 Mahlzeiten für über 2000 Schulen und Kindertageseinrichtungen im gesamten Bundesgebiet.

Essensausgabe in einer Schule (Foto: picture-alliance/dpa)
Immer mehr Kinder essen in der Schule zu MittagBild: picture-alliance/dpa

Diese Masse an Mahlzeiten stellt Sodexo nicht zentral, sondern in 65 bundesweit verteilten Großküchen her. Die fertigen Mahlzeiten werden dann je nach Standort an 10 bis 140 unterschiedliche Einrichtungen geliefert. Doch längst nicht jedes Schulessen kommt von großen Unternehmen wie Sodexo, erklärt Ernährungswissenschaftlerin Ulrike Arens-Azevedo im Gespräch mit der Deutschen Welle: "Der Markt ist im Schulverpflegungsbereich noch sehr aufgesplittert." Zum einen konkurrieren rund 30 große Cateringunternehmen um die Verpflegung der Kinder und Jugendlichen, zum anderen sei aber auch eine Fülle von kleinen und mittelständischen regionalen Anbietern dabei.

Kontrollen sollen Hygiene garantieren

Beauftragt werden die Caterer in der Regel von den Kommunen. Als Träger sind diese für den Betrieb öffentlicher Schulen verantwortlich. Für die Kontrollen aber sind dort die Länder zuständig. Spezielle Auflagen für Cateringbetriebe, die Schulen oder Kindertagesstätten beliefern, gibt es dabei allerdings nicht. Wer wie oft getestet wird, hängt davon ab, wie sensibel sowohl Produktion als auch Zielgruppe sind, sagt Heidrun Franke von der Verbraucherzentrale Brandenburg: "Wenn für kleine Kinder produziert wird, ist die Sensibilität natürlich höher zu bewerten." Gemessen an seiner Zielgruppe und auch dem Verbreitungsgrad der Mahlzeiten, werde ein Unternehmen wie Sodexo wahrscheinlich ungefähr viermal im Jahr kontrolliert, schätzt der Vorsitzende des Bundesverbandes für Lebensmittelkontrolle, Martin Müller.

Lebensmittelkontrolle (Foto: DW)
Kontrollen sollen die Sicherheit der Lebensmittel garantierenBild: DW-TV

Diese Stichproben finden unangemeldet statt, erklärt er weiter. In den Betrieben nehmen die Kontrolleure Geräte, Personal und Produkte unter die Lupe. Besondere Aufmerksamkeit erhalten die Kühl- und Lagerräume. Das größte Risiko in Großküchen sei nämlich eine unsachgerechte Lagerung, bei der vorgegebene Temperaturen nicht eingehalten werden, erklärt Müller. Darüber hinaus wird das Eigenkontrollsystem des Herstellers überprüft. Schließlich liege die Gesamtverantwortung dafür, dass die Lebensmittel sicher sind, bei den Herstellern selbst, betont Müller.

Die Temperatur ist entscheidend

Bei der Auslieferung der Mahlzeiten sei die Einhaltung vorgegebener Temperaturen wichtig, damit sich keine Mikroorganismen bilden und Keime sich nicht verbreiten könnten. So müssen Salate unter sieben Grad, warme Mahlzeiten durchgehend wärmer als 65 Grad gelagert und transportiert werden. Diese Temperaturen werden bei der Auslieferung kontinuierlich geprüft. Trotzdem seien auch die Einrichtungen angehalten, die Temperaturen selbst noch einmal zu kontrollieren, wenn die Mahlzeiten bei ihnen ankommen.

Die Auslieferung an sich stelle heute kein großes Problem mehr da, erklärt Müller. Temperaturen ließen sich ganz einfach kontrollieren und steuern. Auch sei die Hygiene oft umso besser, je größer das Unternehmen sei. Der aktuelle Fall aber zeigt: Wenn dort trotzdem mal etwas schief läuft, ist direkt ein sehr großer Personenkreis betroffen.