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Neues Selbstbewusstsein

11. November 2010

Dass das Interesse der USA an gemeinsamen Projekten mit der EU sinkt, macht manchen Abgeordneten in Brüssel Sorgen. Andere sehen darin jedoch eine Chance für eine stärkere europäische Rolle in der Welt.

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Fotomontage: EU- und USA-Flagge (Foto: AP Graphics/DW)
Bild: AP Graphics/DW

Die EU und die USA sind durch gemeinsame Grundwerte natürliche Verbündete und sie sind aufeinander angewiesen - vielleicht heute mehr denn je, wo sich weltweit die Macht in Richtung Asien verschiebt. Darüber waren sich die EU-Politiker aller Parteien in der rund einstündigen Debatte im Parlament (10.11.2010) einig. "Auch wenn unsere Ansichten in einigen Fragen auseinandergehen - Verbraucher- und Datenschutz zeigen dies -, so tröstet mich unsere bewährte Fähigkeit zur Zusammenarbeit, wenn die Zeiten rau werden", sagte EU-Handelskommissar Karel De Gucht. Er forderte zum Beispiel, man solle gemeinsam gegen den Protektionismus kämpfen, der letztlich allen schade.

"Wir haben auch andere Partner"

Porträtfoto von Reinhard Bütikofer (Foo: Bündnis90/Die Grünen)
EU-Politiker Bütikofer: "Wir wollen Verantwortung tragen"Bild: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Doch der Streit zwischen EU und USA um den Datenschutz im Flugverkehr oder bei Finanztransaktionen ist nur ein vergleichsweise kleines Problem. Viele Europaabgeordnete sind von den Vereinigten Staaten enttäuscht, weil sie glauben, die USA beteiligten sich bei einigen transatlantischen Projekten nur halbherzig. Als Beispiel nannte der österreichische Sozialist Hannes Swoboda die Umwelt- und Klimapolitik. "Wir sollten Amerika sagen: 'Wir haben auch andere Partner. Wir können auch mit China oder mit Brasilien versuchen, Dinge zu entwickeln.' Die Amerikaner müssen das Gefühl haben, dass wir nicht unbedingt auf sie angewiesen sind."

Manche Redner wie der deutsche Grünenpolitiker Reinhard Bütikofer sehen auch neue außenpolitische Möglichkeiten für die EU, vor allem seit den Machtverschiebungen zugunsten der Republikaner im amerikanischen Kongress. Angesichts "eines geschwächten Präsidenten und neuer isolationistischer Tendenzen in den USA" sei es für Europa wichtig, "eigenständig internationale Initiativen zu ergreifen, zum Beispiel im Nahen Osten. Wir sollten den Amerikanern klar sagen, dass wir dazu bereit sind und diese Verantwortung tragen wollen."

Gestiegenes Selbstbewusstsein

Demonstranten während der Kopenhagener Klimakonferenz halten ein Porträt von Präsident Obama mit dem Schriftzug "Klimaschande" hoch (Foto: AP)
Proteste beim Klimagipfel in Kopenhagen: Viele Europäer machen Obama für das Scheitern mitverantwortlichBild: AP

Jeder amerikanische Teilrückzug von der weltpolitischen Bühne ist dagegen einem klassischen britischen Konservativen ein Dorn im Auge. Für Geoffrey van Orden sollte das enge britisch-amerikanische Verhältnis für ganz Europa ein Beispiel sein, vor allem in der Verteidigungspolitik. "Ich hoffe sehr, dass das neue Strategiekonzept der NATO ein wiederbelebtes Engagement für das Bündnis zeigen wird, das die Vereinigten Staaten an Europas Sicherheit bindet. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Verteidigungsambitionen der EU dies verwässern oder untergraben."

So zeigte die Debatte im EU-Parlament zweierlei: Zum einen machen sich die Abgeordneten Sorgen, die USA könnten sich in schwierigen Zeiten auf sich selbst zurückziehen. Zum anderen zeigten die EU-Politiker ein gewachsenes europäisches Selbstbewusstsein: Die EU sieht sich nicht länger als Juniorpartner der USA.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Julia Kuckelkorn