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"Wir können auch künftig führend sein"

6. Mai 2010

Im Interview mit DW-WORLD.DE spricht MP3-Erfinder Heinz Gerhäuser, der Vorsitzende des Fraunhofer-Verbunds Mikroelektronik, über die Entwicklung seiner wichtigsten Erfindung und die Bedeutung der deutschen Forschung.

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Prof. Heinz Gerhäuser, Erfinder des MP3-Formats, vom Fraunhofer-Institut. (Foto: Fraunhofer-Institut)
Heinz Gerhäuser, Erfinder des MP3-FormatsBild: Fraunhofer-Institut

DW-WORLD.DE: Herr Professor Gerhäuser, eine Erfindung aus ihrem Fachgebiet ist der MP3-Player, bzw. die Technik, die dahinter steckt. Das Ganze wurde in Deutschland entwickelt aber es wurde nicht von der deutschen Industrie auf den Markt gebracht. Die Amerikaner dagegen, zum Beispiel die Firma Apple, entwickeln zu Hause, produzieren dann aber ganz selbstverständlich in China.

Prof. Heinz Gerhäuser: Das ist richtig, aber man muss wissen, dass mit den MP3-Playern selbst nicht das große Geld verdient wird, sondern mit den Inhalten. Apple hat via "iTunes" über eine Milliarde Songs verkauft.

Auch in Deutschland wird pro Jahr über eine Milliarde Euro Umsatz mit Audio-Codier-Technologie, also MP3 und den Standards, die sich daraus entwickelt haben, gemacht. Das ist schon bemerkenswert. Wir haben ausgerechnet, dass rund 10.000 Arbeitsplätze in Deutschland davon abhängen. Das geht ein bisschen verloren, weil man in erster Linie immer nur an die Hardware denkt.

Werbung für Apple-IPod (Foto: dpa)
Deutsche Technik in amerikanischer VerpackungBild: picture alliance / dpa

Allerdings: "MP3 gleich made in Germany", das ist bisher nicht so klar geworden.

Das ist richtig. Das hängt aber einfach damit zusammen, dass Kritiker leicht und plakativ sagen können: 'In Deutschland werden tolle Sachen erfunden und entwickelt, aber das Geschäft machen andere' - ohne das sie das auch wirklich vorher überprüft hätten.

Kann man noch vom Forschungsstandort Deutschland reden, oder muss man mittlerweile von einer weltweiten Forschungsgemeinschaft sprechen?

Es gibt den Forschungsstandort Deutschland und wir haben auch eine Reihe von Themen, bei denen wir international führend sind und auch zukünftig führend sein können. In der Umwelttechnologie oder beim Thema alternde Gesellschaft tun sich neue Märkte auf, für die es einen ganz erheblichen Bedarf an neuen Produkten gibt. Diese Produkte sind bereits in der Entwicklung. Die Partner in einem solchen Forschungsnetz - also Universitäten, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und die Industrie - arbeiten in Deutschland gut zusammen. Auch von staatlicher Seite gibt es eine sehr gute Unterstützung , so dass die Voraussetzungen in Deutschland wirklich gut sind.

Die Gesellschaft mag den genialen Erfinder, einen Typ wie Daniel Düsentrieb, der alles im Alleingang bewerkstelligt. Gibt es solche Erfinder noch, oder ist das eine Wunschvorstellung, die mittlerweile überholt ist?

Das stammt noch aus einer Zeit, in der es tatsächlich noch solche Einzelkämpfer gab. In der Zwischenzeit – und das gilt auch für MP3 – ist das nicht mehr die Leistung eines Einzelnen. In unserem Fall waren bis zu 60 Wissenschaftler und Ingenieure beteiligt. Deshalb ist es auch bei Preisverleihungen immer ein gewisses Problem, Einzelpersonen herauszustellen. Meistens ist es ein großes Team, das solche komplexen Themen behandelt und schließlich zum Erfolg bringt. Entscheidend sind sicherlich auch Durchhaltevermögen und Hartnäckigkeit. Man muss an den eigenen Erfolg glauben und immer wieder beweisen, dass die eigenen Vorschläge auch tatsächlich das halten, was man verspricht.

Das Gespräch führte Jörg Brunsmann
Redaktion: Andreas Ziemons