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Politik

"Wir kriegen das schon wieder hin"

21. Mai 2019

Nach dem Kollaps der Regierungskoalition in seinem Land versucht Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen, den Bürgern Mut zu machen. Ob Kanzler Kurz im Amt bleiben kann, ist indes weiter ungewiss.

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Wien Rede Bundespräsident Van der Bellen
Bild: picture-alliance/dpa/APA/H. Neubauer

"Ich bitte Sie, wenden Sie sich nicht angewidert von der Politik ab", sagte der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen (Artikelbild) bei einer am Dienstagabend live vom Fernsehen übertragenen Ansprache. Auf dem am vergangenen Freitag veröffentlichten Video sei "ein Sittenbild" zu sehen gewesen, "das Grenzen zutiefst verletzt, ein Bild der Respektlosigkeit, des Vertrauensbruchs, ja der politischen Verwahrlosung". Er verstehe, wenn Bürger daraufhin sagen würden: "Es sind eh alle gleich, typisch Politik." Tatsächlich aber strebten die meisten Politiker in Österreich danach, Vorbilder zu sein, betonte Van der Bellen.

Mit Blick auf die kommenden Tage richtete der Bundespräsident an Politiker und Parteien des Landes den Appell, sie sollten ihrer staatspolitischen Verantwortung gerecht werden. "Fragen Sie nicht: 'Hilft es mir bei der Wahl?', sondern fragen Sie: 'Hilft es Österreich?'". Zum Abschluss seiner rund sechsminütigen Rede rief Van der Bellen zu "Mut und etwas Zuversicht" auf. "Wir kriegen das schon wieder hin", meinte er.

Kurz muss um Kanzlerschaft bangen

Trotz aller Appelle: Die Tage des ÖVP-Vorsitzenden Sebastian Kurz als Regierungschef könnten gezählt sein. Die nach der "Ibiza-Affäre" aus dem Kabinett gedrängte Freiheitliche Partei (FPÖ) und die oppositionellen Sozialdemokraten (SPÖ) könnten mit ihren Stimmen den Kanzler über ein Misstrauensvotum stürzen. Diesem muss sich Kurz voraussichtlich am kommenden Montag bei einer Sondersitzung des Parlaments in Wien stellen.

Österreich Wien PK Kanzler Kurz
Zeigt sich nach außen unbeeindruckt von Kritik: Kanzler Kurz (32)Bild: Reuters/L. Foeger

Kurz will für die Posten, die nach dem Ausscheiden der FPÖ-Minister vakant sind, Experten benennen. Der Rest des Regierungsteams soll allerdings - entgegen der Forderung der SPÖ - unverändert bleiben. "Ich mache mir Sorgen über die aktuelle Vorgangsweise von Sebastian Kurz", meinte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Der Kanzler habe sich nicht ernsthaft um eine gesicherte parlamentarische Mehrheit für seinen Vorschlag bemüht. Und der entlassene FPÖ-Innenminister Herbert Kickl erklärte: "Es wäre ja fast naiv von Kurz anzunehmen, dass wir Freiheitlichen nach dem Misstrauen von Kurz gegen uns kein Misstrauen gegen ihn haben."

Strache startet Entlastungsangriff

Der zurückgetretene FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache bekräftigte unterdessen, er wolle seine Unschuld beweisen. "Wir werden die Hintermänner des kriminellen Videos und Dirty Campaignings aus dem Ausland gegen meine Person ausfindig machen", schrieb Strache bei Facebook. "Dafür kämpfe ich!" Auf dem 2017 heimlich aufgenommenen Video ist zu hören, wie Strache "in feuchtfröhlicher Urlaubsatmosphäre" einer angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen Staatsaufträge für Wahlkampfhilfe in Aussicht stellt. Auch werden darin möglicherweise illegale Parteispenden an die FPÖ thematisiert. 

Österreich Heinz-Christian Strache
Wurde auf Ibiza offensichtlich in eine Video-Falle gelockt: Ex-Vizekanzler HC Strache (49)Bild: Reuters/L. Foeger

Die Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) bestätigte, ihr liege eine Vielzahl von Anzeigen im Zusammenhang mit dem Ibiza-Video vor. "Derzeit prüft die WKStA umfassend das Vorliegen eines Anfangsverdachtes", heißt es in einer Mitteilung.

wa/se (afp, dpa, ORF)