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Wir sind wieder wer

Darius Cierpialkowski13. Juni 2006

Stolz macht sich breit in dem größten Flächenstaat der Welt. Die abgewrackte Supermacht aus Zeiten des Kaltes Krieges bastelt an einem neuen Selbstwertgefühl.

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Davos an der Ostsee

Russlands Davos liegt in St. Petersburg, auch das russische Detroit liegt in der früheren russischen Hauptstadt. Voller Stolz berichten die russischen Medien über das Internationale Russische Wirtschaftsforum und die neuen Autofabriken in der nördlichsten Millionenmetropole der Welt. Glaubt man den Zeitungen und Fernsehberichten, wird nichts den Aufstieg Russlands in die Wirtschaftselite der Welt aufhalten zu können.

Bereit zum Wettrüsten?

Mehr als 60 Prozent der Russen sind der Meinung, dass ihr Heimatland zu den stärksten und einflussreichsten in der Welt gehört und der Einfluss Russlands werde noch weiter steigen. Nach Ansicht des russischen Präsidenten Putin zählt zu einer erfolgreichen Zukunft seines Landes ausdrücklich eine schlagkräftige Armee und eine hochentwickelte Rüstungsindustrie. Nach Jahren der Schmach und Demütigungen entspricht das dem Wunsch der russischen Bevölkerung. Sie will ein stabiles und starkes Russland, vor allem als Gegengewicht zum ideologischen Kontrahenten, den Vereinigten Staaten. Moskau hätte genug Ratschläge aus Washington bekommen, die Demokratie á la USA sei auch nicht lupenrein, hört man zwischen Kaliningrad und Wladiwostok. Vor einem neuen Wettrüsten scheint der Kreml keine Angst zu haben.

Energiemacht

Russlands Stellung in der Welt wird neu definiert, etwa als Energiemacht. Seitdem werden Gas und Erdöl von Moskau gerne als politisches Druckmittel eingesetzt, auch wenn der Kreml dies bestreitet. Der Energiekonflikt mit der Ukraine, Georgien und Belorussland, die radikalen Preiserhöhungen des russischen Gasriesen Gazprom und die Kriegsrhetorik der russischen Politelite sprechen eine eindeutige Sprache. Dazu passt auch der neuerliche Wunsch Moskaus, an der Verteilung von Gas und Öl an die Endkunden in Westeuropa teilzuhaben. Der europäischen Skepsis, die nicht zuletzt wegen der Korruption innerhalb des Gasprom-Konzerns nicht unbegründet ist, begegnet der Kreml mit Unverständnis, Druck und Drohungen. Gas und Erdöl könne Russland auch spielend auf dem asiatischen Markt loswerden, tönt es aus der Machtzentrale.

Der Rubel rollt

Auch der Rubel soll raus aus dem Schattendasein. Ab dem 1. Juli soll die Landeswährung frei konvertierbar sein, mehr noch, schon bald soll sie zur stabilen Reservewährung werden. Ein ausdrücklicher Wunsch von Präsident Putin, der eines Tages tatsächlich in Erfüllung gehen soll. Und wenn man schon dabei ist, dann könnten Öl und Gas an der Moskauer Börse statt in Dollar, gleich in Rubel gehandelt werden. Auch dies ist mehr als nur ein ferner Traum. Russland scheint eine glänzende Zukunft bevorzustehen. Die Staatsschulden werden jeden Tag weniger, während die Goldreserven Monat für Monat um 7 Milliarden Dollar wachsen. Ende des Jahres werden sie rund 280 Milliarden Dollar betragen. Mehr haben nur Japan und China angehäuft.

Neuer Stolz

Eine Nation mit 140 Millionen Einwohnern hebt stolz ihren Kopf und übt den aufrechten Gang. Für 2015 will sich St. Petersburg übrigens für die Weltausstellung Expo bewerben. Um die Kosten in Milliardenhöhe machen sich die Russen keine Sorgen. Gas, Öl und Gold hat Mütterchen Russland genug.