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Politik

Angola auf Reformkurs?

Martina Schwikowski
29. Mai 2018

Angolas Präsident João Lourenço war auf Staatsbesuch in Frankreich und Belgien. Er wirbt für Reformen in Angola und sucht Partner für Investitionen. Der südafrikanische Ölstaat will seine Wirtschaft breiter aufstellen.

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Bildergalerie Millionäre Afrika - Hafen von Luanda
Bild: Getty Images/AFP/S. de Sakutin

In Angolas Hauptstadt Luanda könnten die Gegensätze zwischen Arm und Reich nicht größer sein: Bettler hocken an den Straßenkreuzungen vor den protzigen Glitzerpalästen der internationalen Konzerne. Angola ist Afrikas zweitgrößte Ölexporteur. Wolkenkratzer aus Stahlbeton und Glas wachsen aus dem Boden der teuersten Stadt Afrikas. Aber die Menschen in den Vororten und auf dem Land sind bitterarm geblieben.

Angolas neuer Präsident João Lourenço hat nach Amtsantritt im September 2017 einen Reformkurs eingeschlagen, den er mit seinem aktuellen dreitägigen Staatsbesuch in Paris und im benachbarten Belgien unterstreicht. "Wir möchten unsere Beziehungen zu Frankreich stärken und gern in irgendeiner Form Mitglied in der Internationalen Organisation der Frankophonie werden, die eine wichtige Rolle in Afrika spielt", sagte Lourenço im Gespräch mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron am Montag.

Angolas Wirtschaft öffnen

Macron versprach Unterstützung: Frankreich wolle private Investitionen in Angola stärker fördern. Frankreichs Präsident fand Lob für die "extremen Bemühungen" seines Amtskollegen im Kampf gegen Korruption: "In meinen Augen sind Ihr persönliches Engagement und Ihre mutigen Entscheidungen ein Zeichen, das wir nicht ignorieren können", sagte Macron. Er sagte Hilfe bei der Bildung neuer Wirtschaftszweige zu, besonders in der Landwirtschaft und im Trainings- und Ausbildungssektor.

Frankreich Emmauel Macron & Joao Lourenco, Präsident Angola
Angolas Präsident Joao Lourenco besucht Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron.Bild: Getty Images/AFP/L. Marin

Angola will seine Wirtschaft breiter aufstellen. Der angolanische Ölstaat soll für Investoren attraktiver werden, denn dem reichen Land fehlen dringend neue ausländische Devisen.

Anreize für Investoren

Als Start für dieses Vorhaben hat das Land zu Beginn des Jahres die Landeswährung Kwanza abgewertet. Ein neues Gesetz für Privatinvestitionen erlaubt es zudem, ohne einheimische Partner Geschäfte abzuschließen. Zuvor waren Unternehmen verpflichtet, mindestens zu 35 Prozent in angolanischem Besitz zu sein. Das Gesetz gilt nicht für die Öl- und Bergbauindustrie sowie den Finanzsektor.  Aber es ist ein Pfeiler auf Lourenços Weg hin zur Öffnung der Wirtschaft, die unter dem Rückgang des Ölpreises leidet.

Frankreichs Ölproduzent Total ist mit 42 Prozent Anteil an der landesweiten Produktion der größte Ölförderer in Angola. Dauerherrscher José Eduardo dos Santos hatte das Land fast ausschließlich mit seinen Angehörigen regiert: Milliarden aus dem Öl-Boom flossen vor allem in die Taschen der Familie des 38 Jahre lang allein regierenden Präsidenten. Doch sein Nachfolger Lourenço überraschte nach seiner Wahl mit Schritten zur Bekämpfung der massiven Korruption und Vetternwirtschaft.

Präsident Lourenço räumt auf

Als eine seiner ersten Amtshandlungen feuerte Lourenço die Tochter des Ex-Präsidenten, Isabel dos Santos, als Chefin des staatlichen Ölkonzerns Sonangol. Sie gilt als reichste Frau des Kontinents. Ihr Bruder Filomeno war zeitweise Aufsichtsratsvorsitzender des angolanischen Staatsfonds. Dieser Topf sollte für soziale Investitionen eingesetzt werden. Aber Filmoneo Dos Santos habe stattdessen 500 Millionen US-Dollar auf ausländische Bankkonten überwiesen, heißt es. Im März ist er in Angola wegen Korruption angeklagt worden.

Präsident Lourenço kündigte auch an, für Kapitalflüchtlinge die Steuern zu erlassen, wenn sie ihr illegal abgeflossenes Geld zurückbringen.

Das Armenviertel Cazenga, das am dichtesten bevölkerte Viertel Luandas.
Das Armenviertel Cazenga, das am dichtesten bevölkerte Viertel Luandas.Bild: DW/Renate Krieger

Ist Angolas Regierung auf dem Weg transparenter zu werden? Präsident Lourenço nutze den Besuch in Europa zumindest, um mit seinen Reformplänen politisch Eindruck zu machen, sagt Francisco Viana, Präsident des angolanischen Geschäftsverbandes im DW-Interview. "Die Regierung bemüht sich auch, Schulden zurückzuzahlen. Das schafft automatisch ein gutes Klima." Doch das politische System habe versagt. "Institutionen liegen brach, Kreditanstalten und Finanzinstitute üben ihre Rolle nicht aus. Die Korruption ist zu mächtig", sagt Viana.

Mehr als Symbolpolitik?

In Angola gibt es Zweifel daran, ob die neuen politischen Töne von Präsident Lourenço ernst zu nehmen sind. "Ich hoffe, die Reise des Präsidenten nach Europa ist nicht nur eine Werbekampagne", sagte Carlos Rosado do Carvalho  im DW-Interview. Er ist Chefredakteur der Zeitung Expansão, einer der führenden Wirtschaftszeitungen des Landes. Die neuen Gesetze des Präsidenten zeigten in die richtige Richtung. "Aber im Kampf gegen Korruption brauchen wir die Justiz. Doch wir haben noch die gleichen Leute in den Gerichten und in den Strafverfolgungsbehörden wie zu Dos Santos Zeiten", kritisiert der Journalist.

Daniel Ribant, Wirtschafts- und Angola-Experte,  sieht in dem Angriff auf das Dos-Santos-Machtsystem in seinem Kern mehr als nur Symbolpolitik. "Die Zentralbank bereitet neue Kapitaltransferkontrollen vor. Die Banken müssen jetzt die Identitäten der angegebenen Empfänger von Überweisungen im Ausland verifizieren, und es gibt Strafmaßnahmen. Ganz klar besteht der Wille, die Probleme des Landes anzupacken und die Wirtschaft zu sanieren", sagte Ribant der Tageszeitung taz.  Lourenço müsse ein Gleichgewicht zwischen Reformwillen und dem Machterhalt innerhalb der Partei finden. Die Regierungspartei MPLA (Volksbewegung zur Befreiung der angolanischen Bevölkerung) habe noch viele Anhänger des alten Dos-Santos-Regimes, sie unterstützten nicht alle den neuen Präsidenten.

Mitarbeit: Edward Micah, Nelson Francisco Sul